BetriebsausgabenArbeitszimmer und Betriebsräume: So hoch fällt der Betriebsausgabenabzug für Vermittler aus
| Gerade zu Beginn ihrer selbstständigen Tätigkeit erfüllen Versicherungsvermittler oft ihre Aufgaben von zuhause aus. Externe Räumlichkeiten sind schließlich kostspielig. Doch lassen sich die auf die privaten Räumlichkeiten entfallenden Aufwendungen dann als Betriebsausgabe absetzen? Und gibt es klassische „Steuerfallen“, die dabei zu beachten sind? Diesen Fragen aus der Vermittlerschaft geht VVP in einer dreiteiligen Serie auf den Grund. In Teil 2 erfahren Sie, in welcher Höhe Sie Aufwendungen für Betriebsräume und Arbeitszimmer absetzen können. |
Betriebsräume: Anteilige Kosten sind abzugsfähig
Liegen Betriebsräume vor (Voraussetzungen in VVP 11/2024, ab Seite 11 → Abruf-Nr. 50127992), können Sie die anteiligen, tatsächlich auf diese Räumlichkeiten entfallenden Aufwendungen als Betriebsausgaben abziehen.
Abzugsfähig sind insbesondere die Aufwendungen für die Ausstattung der Räume (z. B. Tapeten, Teppiche, Fenstervorhänge, Gardinen und Lampen) sowie der Anteil an den Gesamtaufwendungen für die Wohnung, sprich
- Miete oder – bei Eigentum – Abschreibung des Gebäudes,... als Betriebs- ausgaben berücksichtigen
- Schuldzinsen für Kredite, die zur Anschaffung, Herstellung oder Reparatur des Gebäudes oder der Eigentumswohnung verwendet worden sind,
- Aufwendungen für Wasser und Energie,
- Reinigungsaufwendungen sowie
- Grundsteuer, Müllabfuhr, Schornsteinfeger und Gebäudeversicherung.
Abzugsfähige Aufwendungen berechnen sich anteilig nach Wohnfläche
Zu ermitteln sind die auf die Betriebsräume anteilig entfallenden Aufwendungen nach dem Verhältnis der Fläche der Betriebsräume zu der nach §§ 42 bis 44 Zweiten Berechnungsverordnung oder nach der Wohnflächenverordnung berechneten Wohnfläche der Wohnung.
Wichtig | Nicht zur Wohnfläche gehören die Grundflächen von Zubehörräumen wie z. B. ein als Abstellfläche genutzter Keller.
Beispiel 1 |
In seinem angemieteten privaten Wohnhaus (150 m² Wohnfläche; 15 m² Keller) befinden sich auf einer Fläche von 20 m² die Betriebsräume des Versicherungsvermittlers V. Die jährliche Miete inkl. Nebenkosten beträgt 16.800 Euro, also 1.400 Euro pro Monat. Für den separat abgeschlossenen Strom- und Gasvertrag hat V 2024 insgesamt 2.500 Euro bezahlt. Lösung: Die Gesamtaufwendungen betragen 19.300 Euro (16.800 Euro + 2.500 Euro). Davon sind 2.574 Euro (19.300 Euro : 150 m² x 20 m²) als Betriebsausgaben abziehbar. |
Renovierungsaufwendungen in Betriebsräumen sind komplett absetzbar
Die Sache mit den Renovierungsaufwendungen ist ganz einfach:
- Renovierungsaufwendungen, die ausschließlich die betrieblichen Räume betreffen, sind vollständig abzugsfähig.
- Aufwendungen für die Renovierung allgemeiner Flächen (z. B. Treppenhaus) oder des Gesamtgebäudes (z. B. Heizung, Erneuerung oder Sanierung des Daches) sind anteilig zu berücksichtigen.Renovierungen allgemeiner Flächen sind nur anteilig abziehbar
- Renovierungsaufwendungen für private Räume (z. B. Schlafzimmer) und gemischt genutzte Räume (z. B. Küche, Bad und Flur), sind nicht abziehbar (BFH, Urteil vom 14.05.2019, Az. VIII R 16/15, Abruf-Nr. 210300).
Wichtig | Die in den Renovierungsaufwendungen enthaltenen Bruttolohnkosten berechtigen auch für die Steuerermäßigung von 20 Prozent nach § 35a EStG. Gleiches gilt für Reinigungsarbeiten durch externe Personen. Doch Vorsicht: Soweit die Aufwendungen als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind, scheidet die Steuerermäßigung aus (§ 35a Abs. 5 S. 1 EStG).
Beispiel 2 |
In einem Einfamilienhaus (Wohnfläche 180 m²) befinden sich die Betriebsräume des Vermittlers T (25 m²). T lässt die Heizungsanlage für 8.000 Euro sanieren. In den Kosten sind Bruttolohnaufwendungen in Höhe von 3.000 Euro enthalten. ... schließen sich gegenseitig aus |
Arbeitszimmer: Tatsächliche Kosten oder Pauschale abziehbar
Bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt Ihrer betrieblichen oder beruflichen Betätigung (Voraussetzungen in VVP 11/2024, ab Seite 11 → Abruf-Nr. 50127992), können Sie die Aufwendungen als Betriebsausgaben absetzen. Dabei haben Sie ein Wahlrecht: Absetzen können Sie
- entweder die anteilig auf das Arbeitszimmer entfallenden tatsächlichen Aufwendungen (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b S. 2 EStG)
- oder eine Jahrespauschale von 1.260 Euro ohne weitere Nachweise (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b S. 3 und 4 EStG).
Wichtig | Das Wahlrecht, die Jahrespauschale anstelle der tatsächlich auf das Arbeitszimmer entfallenden Aufwendungen abzuziehen, können Sie nur einheitlich für das gesamte Kalenderjahr ausüben. Der Wechsel von Monat zu Monat ist nicht zulässig.
Praxistipp | Sie müssen bzw. können das Wahlrecht bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung ausüben. Das bedeutet: Haben Sie sich bei der Abgabe der Steuererklärung für die Jahrespauschale entschieden, können Sie Ihr Wahlrecht noch im Einspruchsverfahren anders ausüben und den tatsächlichen Abzug wählen – und umgekehrt. |
Hintergrund | Die Jahrespauschale gilt seit 2023 und beträgt 1.260 Euro. Sie ist personenbezogen anzuwenden. Deshalb können Sie sie nicht mehrfach für verschiedene Tätigkeiten in Anspruch nehmen. Ergo: Selbst wenn Sie mehrere häusliche Arbeitszimmer nutzen, können Sie die Pauschale nur einmal absetzen.
Der doppelte Abzug der Jahrespauschale ist nur möglich, wenn mehrere Personen, z. B. Ehegatten, das Arbeitszimmer nutzen und beide die Abzugsvoraussetzungen in eigener Person erfüllen, sprich das Arbeitszimmer für beide den Mittelpunkt ihrer gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Dann steht beiden Ehegatten das Wahlrecht zu.
Beispiel 3 |
Ein Ehepaar betreibt als OHG einen Versicherungsvermittlerbetrieb, der sich rein auf das Onlinegeschäft konzentriert. Tätigkeiten im Außendienst fallen kaum an. Für den Betrieb nutzen beide Ehegatten gemeinsam ein den Mittelpunkt ihrer Tätigkeit bildendes Arbeitszimmer innerhalb ihres privaten Einfamilienhauses. ... die Abzugsvoraussetzungen erfüllen |
Wichtig | Die Jahrespauschale bezieht sich auf das Kalenderjahr. Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für den Abzug nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1.260 Euro daher um ein Zwölftel.
Abwandlung zu Beispiel 3 |
Die Ehegatten haben ihre Tätigkeit erst am 15.05.2024 aufgenommen. Lösung: Die Ehegatten können die Jahrespauschale nur für die Monate Mai bis Dezember 2024 anteilig geltend machen, das sind 1.680 Euro (1.260 Euro x 2 x 8/12). Für die Monate Januar bis April können sie jedoch die Home-Office-Pauschale nutzen (dazu im Folgenden mehr). |
Keine „Arbeitsräume“: Home-Office-Pauschale nutzen
Liegen weder unbeschränkt abzugsfähige Betriebsräume noch ein den Mittelpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung bildendes häusliches Arbeitszimmer vor, können Sie immerhin noch die seit 2023 in § 4 Abs. 5 Nr. 6c EStG verankerte Home-Office-Pauschale steuerlich geltend machen.
Hintergrund | Die Home-Office-Pauschale beträgt sechs Euro pro Tag und maximal 1.260 Euro pro Jahr (= 210 Tage). Sie ist für jeden Tag zu berücksichtigen, an dem Sie die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausüben und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte (z. B. Ihren externen Vermittlerbetrieb) aufsuchen. Die „erste Tätigkeitsstätte“ stellt dabei – wie bei Arbeitnehmern auch – den Ort dar, welchen selbstständige Vermittler typischerweise arbeitstäglich aufsuchen. Das ist klassischerweise ein in externen Räumlichkeiten belegener Vermittlerbetrieb.
Home-Office-Pauschale gilt bei überwiegender Tätigkeit zuhause
Wo genau Sie in der Wohnung die Tätigkeit ausüben, ist unerheblich. Das kann also z. B. ein nicht abzugsfähiges Arbeitszimmer, eine Arbeitsecke oder der Küchentisch sein. Zudem ist es für den Abzug der Home-Office-Pauschale unschädlich, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit ein anderer Arbeitsplatz (z. B. ein Büro im Vermittlerbetrieb) zur Verfügung stehen sollte.
Wichtig | Einzig und allein maßgebend ist für den Abzug der Home-Office-Pauschale, dass Sie Ihre Tätigkeiten an dem jeweiligen Tag überwiegend in der häuslichen Wohnung erbracht haben. Einen zeitlichen Mindestumfang sieht das Gesetz nicht vor.
Beispiel 4 |
Versicherungsvermittler S erbringt jeden Samstag im Home-Office allgemeine Büroarbeiten für seinen extern belegenen Vermittlerbetrieb. Den Vermittlerbetrieb sucht er an den Samstagen nicht auf. Seine Tätigkeit im Home-Office umfasst ca. ein bis zwei Stunden je Samstag. Lösung: Für jeden Samstag kann S pauschal sechs Euro abziehen, max. jedoch 1.260 Euro pro Jahr. Er kann die Pauschale nicht nur als Betriebsausgabe in seinem Einzelunternehmen geltend machen. Sollte der Vermittlerbetrieb als Mitunternehmerschaft (z. B. GbR oder OHG) geführt werden, kann S ebenfalls die Pauschale absetzen – konkret in Form von Sonderbetriebsausgaben. |
Beispiel 5 |
S arbeitet an einem Tag von 08:00 bis 11:00 Uhr (drei Stunden) in seinem Büro in seinem extern belegenen Vermittlerbetrieb. Danach wechselt er ins Home-Office und tätigt dort in der Zeit von 12:00 bis 17:00 Uhr (fünf Stunden) allgemeine Büroarbeiten. ... der ersten Tätigkeitsstätte am selben Tag |
Beispiel 6 |
S hat an einen auswärtigen Kundentermin. Er übt von 07:00 bis 12:00 Uhr Tätigkeiten im Home-Office aus (Vorbereitungs- und Büroarbeiten) und nimmt im Anschluss von 12:00 bis 16:00 Uhr den Kundentermin war. |
Lösung: Da die Tätigkeit des Tages überwiegend (fünf von neun Stunden) im Home-Office erbracht wurde, ist neben den Reisekosten die Home-Office-Pauschale von sechs Euro abzugsfähig. |
Abwandlung zu Beispiel 6 |
Die Tätigkeit von S im Home-Office umfasst nur zwei Stunden. Lösung: Die Home-Office-Pauschale ist nicht abzugsfähig, weil S die Tätigkeit an diesem Tag nicht überwiegend im Home-Office erbracht hat. |
Home-Office-Pauschale bei Fehlen eines anderen Arbeitsplatzes
Gerade zu Beginn ihrer Tätigkeit gehen viele Versicherungsvermittler ihrer Tätigkeit ausschließlich aus dem Home-Office nach, weil sie keine externen Büroräume angemietet haben. Somit wäre die Home-Office-Pauschale nur für die Tage abzugsfähig, an denen die Tätigkeit überwiegend von dort ausgeübt wird. Ein Problem könnte da der häufig lang andauernde Außendienst werden.
Die gute Nachricht: Werden Sie in der Konstellation in der häuslichen Wohnung tätig und steht Ihnen für Ihre betriebliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, dürfen Sie die Tagespauschale auch dann abziehen, wenn Sie die Tätigkeit am selben Kalendertag auch auswärts ausüben (§ 4 Abs. 5 Nr. 6c S. 2 EStG). In dem Fall ist für den Abzug der Tagespauschale nämlich zwar ein Tätigwerden, aber eben kein zeitlich überwiegendes Tätigwerden im Home-Office erforderlich.
Beispiel 7 |
Versicherungsvermittler R geht seiner Tätigkeit ausschließlich aus der privaten Wohnung heraus nach. Ein abzugsfähiges häusliches Arbeitszimmer liegt nicht vor, ebenso gibt es keine Betriebsräume. An einem Montag bereitet er von 07:00 bis 08:00 Uhr seine Tätigkeiten vor und befindet sich von 08:00 bis 16:00 Uhr im Außendienst. ... auch bei Außen-dienst möglich |
Für Abzug der Home-Office-Pauschale genügt einfache Aufstellung
Für den Abzug der Tagespauschale geben weder Gesetz noch Gesetzesbegründung spezielle Nachweisvoraussetzungen vor. Somit genügt eine einfache, plausible Aufstellung der berücksichtigungsfähigen Tage. Das kann z. B. ein Kalender mit entsprechender Eintragung der abzugsfähigen Tage sein.
- Beitrag „Wann ein Arbeitszimmer und wann Betriebsräume vorliegen – und was das für den Abzug heißt“, VVP 11/2024, Seite 11 → Abruf-Nr. 50127992
- In Teil 3 der VVP-Serie in der Januar-Ausgabe 2025 geht es um typische Steuerfallen, welche durch betrieblich genutzte Arbeitszimmer und Betriebsräume in der privaten Wohnung entstehen.
AUSGABE: VVP 12/2024, S. 13 · ID: 50128107