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EinkommensteuerKleine Photovoltaikanlagen: Sie können zwischen Besteuerung und Nichtbesteuerung wählen

Abo-Inhalt17.06.2021421 Min. LesedauerVon Diplom-Finanzwirt (FH) Michael Heine, LL.M., Stauchitz

| Wenn Sie eine kleine Photovoltaikanlage besitzen, haben Sie ab sofort ein steuerliches Wahlrecht. Sie können zur Besteuerung der Anlage „optieren“. Oder Sie können darlegen, dass Sie die Anlage nicht mit Gewinnerzielungsabsicht, sondern als „Liebhaberei“ betreiben. Einkünfte aus der Anlage wären dann fortan nicht mehr zu erklären – und würden nicht mehr besteuert. SSP klärt auf, für welche Anlagenbetreiber dieser Antrag vorteilhaft ist. |

So definiert das BMF „kleine“ Photovoltaikanlagen

Die Details sind in einem BMF-Schreiben vom 02.06.2021 (Az. IV C 6 – S 2240/19/10006 :006, Abruf-Nr. 222838) geregelt. Ein zentraler Punkt ist, wie das BMF „kleine“ Photovoltaikanlagen im Sinne der Vereinfachungsregelung definiert.

Das sind Anlagen

  • mit einer installierten Leistung von bis zu zehn kW,
  • die auf zu eigenen Wohnzwecken genutzten oder unentgeltlich überlassenen Ein- und Zweifamilienhäusern einschl. Nebengebäuden (z. B. Garagen) installiert sind und
  • nach dem 31.12.2003 in Betrieb genommen worden sind.

Wichtig | Die Option steht auch für neue Photovoltaikanlagen offen, die im Kalenderjahr 2021 und später in Betrieb genommen werden. Für diese Anlagen kann die Belastung mit Einkommensteuer und die Notwendigkeit einer Gewinnermittlung durch die amtliche Anlage EÜR von Beginn an vermieden werden. Dies gilt auch, wenn bei der Installation der Anlage ein deutlicher Gewinn prognostiziert wird.

Beispiel

A betreibt eine Photovoltaikanlage mit einer installierten Leistung von zehn kW auf einem Zweifamilienhaus in seinem Eigentum. Eine Wohnung im Objekt nutzt A für eigene Wohnzwecke. Die zweite Wohnung vermietet A verbilligt an seinen Bruder und dessen Familie.

Folge: A kann die Optionsmöglichkeit nicht nutzen. Er nutzt das Zweifamilienhaus nicht ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken. Über seine Absicht, mit der Anlage einen Gewinn zu erzielen, ist nach allgemeinen Grundsätzen zu entscheiden. Dafür muss er eine Totalgewinnprognose über einen Zeitraum von 30 Jahren erstellen. A ist grundsätzlich verpflichtet, den Gewinn aus der Anlage mittels Anlage EÜR zu ermitteln und in seiner Einkommensteuererklärung anzugeben. Hätte er die Wohnung an seinen Bruder oder andere Angehörige hingegen unentgeltlich überlassen, könnte er die Vereinfachungsregelung anwenden.

Fehlende Gewinnerzielungsabsicht gilt ab Antragsjahr

Wenn Sie sich für die Nichtbesteuerung entscheiden, müssen Sie diese beim Finanzamt schriftlich beantragen. Dann unterstellt das Finanzamt in allen offenen Veranlagungszeiträumen, dass Sie die Photovoltaikanlage nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betreiben. Ohne dies noch näher zu prüfen, unterstellt Ihnen das Amt eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei. Sie müssen keine Gewinnermittlung mehr erstellen, Gewinne und Verluste aus der Anlage werden nicht mehr veranlagt. Ihr Antrag wirkt auch für die Folgejahre.

Beispiel

B betreibt eine Photovoltaikanlage auf einem „begünstigten“ Gebäude. Er beantragt im September 2021 mit Abgabe seiner Steuererklärung für 2020, von der Gewinnerzielungsabsicht abzusehen. Ab dem Kalenderjahr 2020 entfallen die Erklärungspflichten für die Photovoltaikanlage mit unbefristeter Wirkung in die Zukunft. Die Erklärungs- und Besteuerungspflichten leben nur wieder auf, wenn B die Nutzung ändert. Das wäre etwa der Fall, wenn er sich ein neues Haus baut und das bisherige Eigenheim (mit der Photovoltaikanlage) vermietet.

Das BMF-Schreiben sieht für den Antrag keine bestimmte Form vor. Der Antrag kann formlos oder mit der Steuererklärung (Freitextfeld) gestellt werden.

Für wen ist die Vereinfachungsregelung von Vorteil?

Die Vereinfachungsregelung ist für alle Anlagenbesitzer von Vorteil, die mit der Fotovoltaikanlage Gewinne erzielen. Denn so gelingt es Ihnen, die Anlage aus der Besteuerung herauszunehmen. Anders sieht es aus, wenn Sie aus der Photovoltaikanlage (temporär) Verluste generieren. Dann wäre von dem Antrag abzuraten.

Beispiel

A hat im Kalenderjahr 2015 eine Photovoltaikanlage auf seinem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Einfamilienhaus installieren lassen. In den Veranlagungszeiträumen 2014 (vor der Anschaffung) und 2015 (Anschaffungsjahr) hat A in der Anlage EÜR für die Anlage durch die Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags und der Sonderabschreibung nach § 7g EStG Verluste ausgewiesen, die mit seinen weiteren Einkünften steuermindernd verrechnet wurden. Seit dem Veranlagungszeitraum 2016 erzielt A aus der Photovoltaikanlage einen durchschnittlichen jährlichen Gewinn in Höhe von 500 Euro. Im Jahr 2021 beantragt A bei Abgabe seiner Steuererklärung 2020 die Vereinfachungsregelung.

Folge: C muss den jährlichen Gewinn in Höhe von 500 Euro aus der Photovoltaikanlage ab 2020 nicht mehr versteuern, da keine Gewinnerzielungsabsicht mehr besteht. Die Verluste aus den Anfangsjahren bleiben steuermindernd bestehen. Auch die Besteuerung der veranlagten Gewinne 2016 bis 2019 bleibt unverändert. Ferner kann C für Wartungskosten der Anlage ab 2020 die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen nach § 35a Abs. 3 EStG beanspruchen, weil die Ausgaben mangels Gewinnerzielungsabsicht keine Betriebsausgaben mehr sind.

Wahlrecht bei Neuanlagen aus 2018 und 2019 kritisch prüfen

Bei neuen Anlagen ist es üblich, die Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG in Höhe von 20 Prozent der Anschaffungskosten zu beanspruchen, um Abschreibungsvolumen vorzuziehen. Die Sonderabschreibung erfordert, dass das Wirtschaftsgut im Jahr der Anschaffung und dem darauffolgenden Jahr (fast) ausschließlich betrieblich genutzt wird (Verbleibens- und Nutzungsvoraussetzung).

Achten Sie bei der Nutzung der Vereinfachungsregelung darauf, dass solche Sonderabschreibungen nicht rückgängig gemacht und zusätzlich sogar Nachzahlungszinsen fällig werden. Dieses Schicksal droht bei Anlagen, für die Sie in den Jahren in 2018 bzw. 2019 Sonderabschreibungen vorgenommen haben. Für diese Anlagen sollte der Antrag erst nach der bestandskräftigen Veranlagung des Kalenderjahrs nach der Anschaffung der Anlage (2019 bzw. 2020) gestellt werden, um die Sonderabschreibung aufrechtzuerhalten.

Vorsicht bei noch änderbaren Vorjahren

Wenn Sie die Vereinfachungsregel in Anspruch nehmen, unterstellt das Finanzamt für alle offenen Veranlagungszeiträume, dass Sie die Anlage nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betreiben. Dies betrifft auch zurückliegende Veranlagungszeiträume, die verfahrensrechtlich noch änderbar sind (z. B. bei Vorbehalt der Nachprüfung oder vorläufigen Veranlagungen). Veranlagte Gewinne und Verluste wären insoweit nicht mehr zu berücksichtigen.

Beispiel

Seit der Inbetriebnahme erzielt D aus der Photovoltaikanlage auf seinem Einfamilienhaus einen durchschnittlichen jährlichen Gewinn in Höhe von 500 Euro. Die Steuererklärung für 2020 hat D noch nicht abgegeben. Die Veranlagungen 2017 bis 2019 stehen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, da im Handwerksbetrieb des D eine Betriebsprüfung durchgeführt werden soll. Beantragt D die Vereinfachungsregelung, sind die Gewinne aus der Photovoltaikanlage ab dem ersten verfahrensrechtlich noch offenen Jahr 2017 steuerlich nicht mehr zu berücksichtigen.

Die umsatzsteuerlichen Auswirkungen

Für die Umsatzsteuer hat die (unterstellte) fehlende Gewinnerzielungsabsicht keine Folgen. Bei kleinen Photovoltaikanlagen wird in der Regel die Eigenschaft als Kleinunternehmer nach § 19 UStG beansprucht. Umsatzsteuererklärungen sind weiterhin nur auf Anforderung des Finanzamts abzugeben.

Bei Regelbesteuerung ist für die Photovoltaikanlage trotz fehlender Gewinnerzielungsabsicht wie bisher eine Umsatzsteuererklärung abzugeben.

Weiterführender Hinweis
  • Beitrag „Nach dem Auslaufen der Einspeisevergütung: Neue Möglichkeiten für alte Photovoltaikanlage“, SSP 2/2021, Seite 21 → Abruf-Nr. 47052142

AUSGABE: SSP 7/2021, S. 21 · ID: 47459323

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