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Aktuelle GesetzgebungKostBRÄG 2025: Änderungen der Anwaltsvergütung

Top-BeitragLeseprobe26.03.202531 Min. LesedauerVon Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

| Das sog. Kosten- und Betreuervergütungsrechtsänderungsgesetz 2025 (KostBRÄG 2025) umfasst Neuregelungen zur Vormünder- und Betreuervergütung, Entlastung von Betreuungsgerichten und Betreuern sowie Änderungen des RVG und des Justizkostenrechts. Die Änderungen bei den Anwalts- und Justizkosten treten – im Monat nach Veröffentlichung im BGBl. – am 1.6.25 in Kraft (iww.de/s12659; BR-Drucksache 89/25). Für Anwälte wurden das anwaltliche Vergütungsrecht strukturell verbessert und die Gebühren des RVG linear erhöht. Die Ausgabe gibt einen Überblick über diese Änderungen und erläutert die Auswirkungen anhand von Rechenbeispielen. |

1. Überblick über die Änderungen

a) Lineare Erhöhung der Gebühren

Die Gebühren werden konkret wie folgt erhöht:

  • Betragsrahmen- sowie die Festgebühren um 9 %
  • Wertgebühren um 6 %
  • Gerichtsgebühren um 9 bzw. 6 %
  • Gerichtsvollziehergebühren um 9 %

b) Steigerung der Gebühren in Familiensachen und PKH-/VKH-Mandaten

Die strukturellen Änderungen führen bei PKH-/VKH-Mandaten zu Gebührensteigerungen. Im Einzelnen gilt:

  • Die Wertstufe ist auf 5.000 EUR erhöht. Insofern ergeben sich erst ab diesem Wert Unterschiede zur Wahlanwaltsvergütung.
  • Wertgebühren, die beigeordnete Rechtsanwälte aus der Staatskasse erhalten, sind weiterhin nach § 49 RVG begrenzt. Bisher trat bei einem Gegenstandswert über 50.000 EUR keine weitere Gebührensteigerung mehr ein – diese Kappungsgrenze ist nun auf 80.000 EUR angehoben.
  • In der untersten Wertstufe, in der ein PKH-/VKH-Anwalt niedrigere Gebühren als der Wahlanwalt erhält (Wertstufe bis 5.000 EUR), ist der Abschlag von 15 auf 10 % verringert.

c) Anhebung von Regelverfahrenswerten in Familiensachen

Der Regelverfahrenswert in Kindschaftssachen (§ 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG), bestimmten Kindschaftssachen (§ 45 Abs. 1 FamGKG) und Ehewohnungssachen nach § 200 Abs. 1 Nr. 2 FamFG (§ 48 FamGKG) ist von 4.000 EUR auf 5.000 EUR angehoben worden. Dies entspricht dem üblichen Regelwert im Justizkostenrecht. In Ehewohnungssachen nach § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG beträgt der Regelverfahrenswert nun 4.000 EUR (§ 48 FamGKG). Ebenfalls sind die Regelverfahrenswerte in Abstammungssachen nach § 169 Nr. 1 und 4 FamFG auf 3.000 EUR und in Gewaltschutzsachen nach § 210 FamFG auf 3.000 bzw. 4.000 EUR angehoben (vgl. § 49 Abs. 1 FamGKG).

d) Redaktionelle Klarstellungen

Es gab kleinere – nicht erwähnenswerte – redaktionelle Anpassungen. Zudem wurde der Anfall der Terminsgebühr im Zusammenhang mit Erörterungsterminen klargestellt sowie die Gebühren in Bußgeldsachen an die geänderte Bußgeldkatalog-Verordnung angepasst.

2. Welches Recht gilt?

a) Grundsatz: Unbedingte Auftragserteilung ist entscheidend

Nach § 60 Abs. 1 S. 1 RVG ist für die Vergütung das bisherige Recht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt worden ist.

Merke | Prüfen Sie stets, ob die unbedingte Auftragserteilung vor oder nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung erfolgt ist. Entscheidend ist dabei nicht, wann der Auftrag ausgeführt wird oder wurde. Fehlerhafterweise wird oft auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung oder den Versand einer Zahlungsaufforderung abgestellt. Maßgeblich ist aber der Moment, in dem Ihnen der Auftrag bedingungslos erteilt worden ist.

b) Rechtsmittelverfahren

Gemäß § 17 Nr. 1 RVG sind das Verfahren über ein Rechtsmittel (Berufung, Revision) und der vorausgegangene Rechtszug verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten. Nach § 60 Abs. 1 S. 2 RVG ist ebenfalls darauf abzustellen, wann der Mandant den unbedingten Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit erteilt hat. Daraus folgt, dass es in jeder Instanz sowohl für den Anwalt des Rechtsmittelführers als auch für den Anwalt des Rechtsmittelgegners auf den Zeitpunkt der unbedingten Auftragserteilung ankommt.

Beispiel 1

Rechtsanwalt R vertritt Mandant M wegen einer Forderung über 5.000 EUR vor dem AG. Nachdem die Klage nach mündlicher Verhandlung abgewiesen wird, beauftragt M den R am 15.4.25 mit der Berufung. R reicht am 2.6.25 die Berufungsschrift ein. Nach Zustellung der Berufungsschrift erteilt der Berufungsbeklagte dem Anwalt Z am 26.6.25 den Auftrag, ihn im Berufungsverfahren zu vertreten.
Lösung
Mit dem KostBRÄG berechnet sich die Vergütung des R für das Rechtsmittelverfahren nach altem Recht, da ihm der Auftrag für die Einlegung des Rechtsmittels bereits vor dem Stichtag des Inkrafttretens erteilt wurde. Die Vergütung des Z als Rechtsmittelgegnervertreter entsteht hingegen nach neuem Recht, weil dessen unbedingte Beauftragung erst nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung erfolgt ist.

c) Fortführung des „stecken gebliebenen Auftrags“ erst nach zwei Jahren

Wird ein Auftrag in derselben Angelegenheit erst nach mehr als zwei Kalenderjahren fortgeführt und erledigt, gilt die weitere Tätigkeit des Anwalts nach § 15 Abs. 5 S. 2 RVG als neue Angelegenheit. Dies hat zur Folge, dass die Gebühr nicht angerechnet wird.

Beachten Sie | Im Hinblick auf das KostBRÄG 2025 bedeutet dies, dass Sie klären müssen, ob nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung zum 1.5. bzw. 1.6.25 ein neuer Auftrag durch den Mandanten vorliegt.

Beispiel 2

Rechtsanwalt R wird im Oktober 2022 beauftragt, eine Forderung der Gegenseite von 5.000 EUR zurückzuweisen. Nachdem sich die Gegenseite nicht mehr meldet, rechnet R gegenüber Mandant M eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG ab und schließt die Akte im Dezember 2022. Im Juni 2025 erscheint M mit einem neuen Schreiben des Gegners, wonach dieser die Forderung erneut einfordert. R weist auch diese Forderung zurück.
Lösung
Mit dem Ablauf des 31.12.24 liegt für R ein neuer Auftrag vor, da zwei Kalenderjahre, nämlich 2023 und 2024, verstrichen sind. Die Neubeauftragung ist nach dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung erfolgt. So kann nun die neu entstandene Geschäftsgebühr nach der neuen Gebührentabelle 2025 berechnet werden.

d) Pflichtverteidigung

In Strafsachen ist es oft schwierig, zu beurteilen, welches Gebührenrecht für den Anwalt maßgebend ist.

aa) Pflichtverteidigerbestellung mit vorherigem Wahlanwaltsauftrag

Wird ein Pflichtverteidiger bestellt, dem zuvor schon ein Auftrag als Wahlverteidiger erteilt worden war, gilt § 60 Abs. 1 S. 2 RVG. Für den Vergütungsanspruch gegen die Landeskasse ist in diesem Fall nicht auf den Zeitpunkt der Pflichtverteidigerbestellung, sondern auf den Zeitpunkt des Wahlanwaltsauftrags abzustellen. Damit wird erreicht, dass der Anwalt sowohl die Vergütung als Pflichtverteidiger als auch als Wahlverteidiger nach demselben Recht erhält.

Beispiel 3

Rechtsanwalt R wurde im Dezember 2024 als Wahlverteidiger beauftragt und im Juni 2025 zum Pflichtverteidiger bestellt.
Lösung
Der unbedingte Verteidigerauftrag ist vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung erteilt worden. Hier gilt nicht nur für die Wahlanwalts-, sondern auch für die Pflichtverteidigervergütung altes Recht.

bb) Pflichtverteidigerbestellung ohne vorherigen Wahlanwaltsauftrag

Die Pflichtverteidigerbestellung setzt – im Gegensatz zur PKH – nicht voraus, dass ein Wahlmandat besteht. Vielmehr kann der Pflichtverteidiger auch ohne oder gar gegen den Willen des Anwalts beigeordnet werden. In diesem Fall gibt es keinen vorherigen Wahlanwaltsauftrag, sodass nicht gemäß § 60 Abs. 1 S. 1 und 2 RVG auf den Tag der Auftragserteilung abgestellt werden kann. Maßgebend ist vielmehr der Tag, an dem die Bestellung wirksam geworden ist (§ 60 Abs. 1 S. 3 und 4 RVG).

Beispiel 4

Im Oktober 2024 wurde gegen den Beschuldigten A Anklage erhoben. Ohne dass zuvor ein Wahlanwaltsmandat bestand, wurde Rechtsanwalt R als Pflichtverteidiger bestellt
a) im Dezember 2024,
b) im Juni 2025.
Lösung
Hier greift § 60 Abs. 1 S. 3 und 4 RVG. Maßgebend ist der Zeitpunkt der Bestellung als Pflichtverteidiger. Im Fall a) gilt also für den Pflichtverteidiger das alte und im Fall b) das neue Gebührenrecht.

cc) Pflichtverteidigerbestellung mit nachträglichem Wahlanwaltsauftrag

War der Anwalt zunächst als Pflichtverteidiger bestellt und wird ihm nachträglich ein Wahlverteidigermandat erteilt, ist nicht gemäß § 60 Abs. 1 S. 1 RVG auf den Tag der Auftragserteilung abzustellen. Hier gilt vielmehr nach § 60 Abs. 1 S. 5 RVG der frühere Tag der Bestellung.

Beispiel 5

Rechtsanwalt R ist im Dezember 2024 als Pflichtverteidiger bestellt worden. Im Juni 2025 wird ihm das Wahlanwaltsmandat erteilt.
Lösung
Hier greift § 60 Abs. 1 S. 3 RVG. Maßgebend bleibt also der frühere Zeitpunkt der Bestellung. Die spätere Auftragserteilung ist insoweit wegen § 60 Abs. 1 S. 5 RVG irrelevant. Sowohl Wahl- als auch Pflichtanwaltsvergütung des R richten sich nach dem alten Gebührenrecht.

dd) Besonderheit: Inanspruchnahme des Mandanten

Nach § 52 RVG kann der Pflichtverteidiger unter bestimmten Voraussetzungen den Mandanten, dem er beigeordnet worden ist, auch dann in Anspruch nehmen, wenn kein Wahlanwaltsvertrag besteht. Für diesen Vergütungsanspruch ist wiederum nach § 60 Abs. 1 S. 5 RVG das Gebührenrecht anzuwenden, das auch für die Pflichtverteidigervergütung gilt.

Beispiel 6

Rechtsanwalt R ist für Mandant M im Januar 2024 als Pflichtverteidiger bestellt worden. Im März 2025 ist M rechtskräftig verurteilt worden. R rechnet zunächst mit der Landeskasse ab. Hiernach erwirkt er einen Beschluss nach § 52 Abs. 2 RVG und will M in Anspruch nehmen.
Lösung
Das alte Gebührenrecht gilt hier sowohl für die Pflichtverteidigervergütung gemäß § 60 Abs. 1 S. 3 RVG als auch für den Anspruch des R gegen M gemäß § 60 Abs. 1 S. 5 RVG i. V. m. § 60 Abs. 1 S. 3 RVG.

ee) Gebührenrecht in Folgeangelegenheiten

Wie bereits dargelegt, erhält der Wahlverteidiger für jede neue Angelegenheit, insbesondere für ein Rechtsmittelverfahren, einen neuen Auftrag. Damit wird gemäß § 60 Abs. 1 S. 1 RVG jeweils das Gebührenrecht angewendet, das zum Zeitpunkt der Auftragserteilung für die jeweilige Angelegenheit gilt.

Für Pflichtverteidiger besteht folgende Besonderheit: Ein Pflichtverteidiger wird – im Gegensatz zur PKH – nicht instanzweise bestellt, sondern von vornherein für alle Instanzen (§ 143 Abs. 1 StPO). Würde man daher strikt auf den Zeitpunkt der Bestellung abstellen, würde für alle Instanzen durchweg altes Gebührenrecht gelten, wenn die Bestellung noch vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung erfolgt ist. In einem solchen Fall stellt § 60 Abs. 1 S. 4 RVG klar: Es kommt für weitere Angelegenheiten nicht auf die ursprüngliche (Gesamt-)Bestellung, sondern auf den Auftrag zur weiteren Tätigkeit an. Damit soll wiederum verhindert werden, dass für Wahl- und Pflichtverteidigervergütung unterschiedliches Recht anwendbar sein kann.

Beispiel 7

Rechtsanwalt R ist im Dezember 2024 für Mandant M als Pflichtverteidiger bestellt worden. Im April 2025 findet die Hauptverhandlung statt, in der M verurteilt wird. Im Mai 2025 legt R Berufung ein und begründet diese im Juni 2025.
Lösung
  • Für R gilt für die erste Instanz gemäß § 60 Abs. 1 S. 3 RVG altes Gebührenrecht.
  • Für das Berufungsverfahren gilt gemäß § 60 Abs. 1 S. 4 RVG neues Recht: Maßgebend ist der Zeitpunkt des Auftrags zur Berufungsbegründung bzw. mangels Auftrags der Zeitpunkt des Einreichens der Berufungsbegründung. Die Berufungseinlegung zählt nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 RVG zwar noch zur ersten Instanz. Da jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits neues Recht galt, richtet sich die Vergütung im Berufungsverfahren nach dem neuen Recht (AnwK/Schneider, RVG, 9. Aufl., § 60, Rn. 22).

e) Verweisung auf andere Vorschriften

Nach § 60 Abs. 1 S. 6 RVG gelten die Sätze 1 bis 5 auch, wenn Vorschriften geändert werden, auf die dieses Gesetz verweist. Bedeutsam ist das v. a., wenn Wertvorschriften nach dem GKG, FamGKG, GNotKG – auf die § 23 Abs. 1, 3 RVG verweist – geändert werden.

Hieraus folgt, dass bei einer Auftragserteilung vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung die Wertvorschriften zu dem Zeitpunkt der Auftragserteilung gelten. Bei einer Auftragserteilung nach dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung gilt hingegen neues Recht. Dies kann dazu führen, dass für das Gericht bzw. die beteiligten Anwälte unterschiedliche Werte gelten.

Beispiel 8

Der Ehemann leitet im Mai 2025 durch seinen Rechtsanwalt R ein Verfahren zur elterlichen Sorge beim Familiengericht ein. Nach Zustellung der Antragsschrift an den Gegner im Juni 2025 beauftragt dieser seinen Anwalt Z.
Lösung
  • R: Für R greift nach § 60 Abs. 1 S. 1 RVG altes Gebührenrecht und somit nach § 60 Abs. 1 S. 6 RVG der Regelstreitwert nach § 45 Abs. 1 FamGKG a. F. in Höhe von 4.000 EUR.
  • Gericht: Für das Gericht gilt der Wert von 4.000 EUR (§ 63 Abs. 1 S. 1 FamGKG).
  • Z: Für Z gilt nach § 60 Abs. 1 S. 1, 6 RVG das neue Gebührenrecht und somit der Regelstreitwert nach § 45 Abs. 1 FamGKG in Höhe von 5.000 EUR. Dieser ist nach § 33 RVG gesondert festzusetzen!

f) Einstweilige Anordnung und Vollstreckung

Gerade in Familiensachen kommt es häufig vor, dass ein Verfahren auf einstweilige Anordnung (eAO) von Unterhalt eingeleitet wird. Dabei wird dem Antragsteller oft Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts bewilligt. Nach § 48 Abs. 2 S. 1 RVG erstreckt sich die Beiordnung auch auf die Vollziehung bzw. Vollstreckung einer eAO. Eine weitere Beiordnung ist daher nicht mehr erforderlich. Wenn also anschließend aus der eAO die Zwangsvollstreckung eingeleitet wird, könnte man davon ausgehen, dass das alte Gebührenrecht 2021 bezüglich der eAO auch bei der anschließenden Vollstreckung gelten würde. Aber dem ist nicht so. Denn § 60 Abs. 1 S. 4 RVG stellt klar, dass neues Recht anzuwenden ist, wenn sich die Beiordnung auf Angelegenheiten erstreckt, bei denen der (Vollstreckungs-)Auftrag erst später erteilt wird.

Beispiel 9
Rechtsanwalt R erwirkt am 7.5.25 für die Antragstellerin eine eAO auf Zahlung von monatlichem Unterhalt in Höhe von 300 EUR. R wurde im Wege der Verfahrenskostenhilfe beigeordnet. Am 5.6.25 wird er mit der Pfändung von Arbeitseinkommen nach § 850d ZPO beauftragt.
Lösung
  • Für die eAO gilt das alte Gebührenrecht 2021. Der Streitwert beträgt 1.800 EUR (§ 41 i. V. m. § 51 Abs. 1 S. 1 FamGKG).
  • Für die Vollstreckung gilt das neue Gebührenrecht 2025. Der Streitwert beträgt für die bereits fälligen Ansprüche Mai und Juni 2025 insgesamt 600 EUR (§ 25 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 3 RVG i. V. m. § 51 Abs. 2 S. 1 FamGKG). Hinzuzurechnen sind die künftigen Ansprüche von 3.600 EUR (§ 25 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 3 RVG; § 51 Abs. 1 S. 1 FamGKG), insgesamt somit 4.200 EUR.
1. Vergütung eAO aus der Staatskasse nach § 49 RVG (netto, altes Recht 2021)
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG aus 1.800 EUR

215,80 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

235,80 EUR

2. Vergütung Zwangsvollstreckung nach § 13 RVG (netto, neues Recht 2025)
0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV RVG aus 4.200 EUR

106,35 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

126,35 EUR

g) Wertaddition

§ 60 Abs. 2 RVG regelt: Wenn Gebühren nach dem zusammengerechneten Wert mehrerer Gegenstände zu bemessen sind, gilt das bisherige Recht auch für die gesamte Vergütung, wenn es nach § 60 Abs. 1 RVG nur für einen der Gegenstände gelten würde.

Beachten Sie | Bedeutsam ist dies v. a. im Fall einer Verfahrensverbindung: Werden mehrere selbstständige Verfahren miteinander verbunden, berechnen sich die Gebühren aus dem addierten Wert der verbundenen Verfahren (AnwK/Schneider, RVG, 9. Aufl., § 60, Rn. 85). Die Folge ist: Gilt für ein Verfahren altes Recht und für das andere Verfahren neues Recht, gilt einheitlich für nach der Gesetzesänderung anfallende Gebühren neues Recht. Dies kann zu einem „gespaltenen Kostenrecht“ führen.

Beispiel 10
A klagt gegen B im Mai 2024 auf Zahlung von 5.000 EUR. B klagt seinerseits im Juni 2025 (nach der Gesetzesänderung) gegen A auf Zahlung von 15.000 EUR. Beide Verfahren werden miteinander verbunden und es wird verhandelt. Führend ist das Verfahren von A.
Lösung
Bis zur Verbindung entstandene Gebühren berechnen sich nach altem Recht. Danach entstandene Gebühren berechnen sich aus dem addierten Wert nach neuem Recht.
Vergütung des Anwalts von A (netto, altes Gebührenrecht 2021)
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG aus 5.000 EUR

434,20 EUR

Vergütung des Anwalts von B (netto, neues Gebührenrecht 2025)
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG aus 20.000 EUR

1.133,60 EUR

1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG aus 20.000 EUR

1.046,40 EUR

2.180,00 EUR

h) Verfahrensverbindung

Es gehört zum gerichtlichen Tagesgeschäft, dass Prozesse verbunden werden. Fraglich ist, wie die Auswirkungen sind, wenn zwischenzeitlich neues Gebührenrecht eintritt.

Beachten Sie | Der BGH hat festgestellt, dass Rechtsanwälte ein Wahlrecht haben, wenn die Vergütungen sowohl vor als auch nach der Verbindung entstanden sind (RVG prof. 10, 109). Sie können daher ihre Vergütung entweder aus den jeweiligen Einzelwerten oder aus dem Gesamtwert der Streitgegenstände nach der Verbindung verlangen. Wird der Gebührentatbestand erst nach der Verbindung verwirklicht, kann die hierfür entstehende Gebühr nur aus dem Gesamtwert berechnet werden. Die Folge in der Praxis ist:

Beispiel 11
Beim AG sind zwei verschiedene Verfahren anhängig:
  • Az. 4 F 1/25: K verlangt von B Kindesunterhalt in Höhe von 8.000 EUR. Der Antrag wird dem B im Mai 2025 zugestellt.
  • Az. 4 F 25/25: K verlangt von B Ehegattenunterhalt in Höhe von 4.000 EUR. Der Antrag wird dem B im Juni 2025 zugestellt.
Beide Parteien werden durch ihre Anwälte vertreten. Die Verfahren werden im Juli 2025 miteinander verbunden, wobei das Verfahren 4 F 1/25 führt. In beiden Verfahren wurde bis dahin bereits jeweils ein Termin durchgeführt. Nach der Verbindung wird ein weiterer gemeinsamer Termin abgehalten, in dem sich die Parteien über die Abgeltung aller Streitgegenstände einigen.
Lösung
1. Vergütung vor Verfahrensverbindung
Vor der Verbindung liegt für jedes Verfahren eine eigene selbstständige Angelegenheit vor. Für das Verfahren 4 F 1/25 gilt das alte Gebührenrecht 2021, für das Verfahren 4 F 25/25 hingegen das neue Gebührenrecht 2025. Beide Rechtsanwälte können daher bei getrennter Abrechnung aus den Teilstreitwerten folgende Vergütungen (netto) verlangen:
a) Verfahren 4 F 1/25 (altes Gebührenrecht 2021; Wert 8.000 EUR)
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

652,60 EUR

1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG

602,40 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

1.275,00 EUR

b) Verfahren 4 F 2/25 (neues Gebührenrecht 2025; Wert 4.000 EUR)
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

383,50 EUR

1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG

354,00 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

757,50 EUR

Gesamtsumme aus a) und b)

2.032,50 EUR

2. Vergütung nach Verfahrensverbindung aus Gesamtwert
Es handelt sich ab dem Zeitpunkt der Verbindung nur noch um eine gebührenrechtliche Angelegenheit. Hier gilt das neue Gebührenrecht 2025. Der Gebührenstreitwert beträgt 12.000 EUR. Beide Rechtsanwälte können daher folgende Vergütung (netto) verlangen:
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

919,10 EUR

1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG

848,40 EUR

1,0-Einigungsgebühr, Nr. 1003 VV RVG

707,00 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

2.494,50 EUR

Eine Vergleichsberechnung hinsichtlich der einzelnen Gebühren (nicht der einzelnen Gesamtsummen) ergibt folgende Abrechnungsvariante:
  • Verfahrensgebühr: Eine getrennte Abrechnung aus den Teilwerten mit insgesamt 1.036,10 EUR (= 652,60 EUR + 383,50 EUR) ist vorteilhafter. Der Mehrbetrag beträgt 117,00 EUR.
  • Terminsgebühr: Eine getrennte Abrechnung aus den Teilwerten mit insgesamt 956,40 EUR (= 602,40 EUR +354,00 EUR) ist vorteilhafter. Der Mehrbetrag beträgt 108,00 EUR.
  • Einigungsgebühr: Da die Einigung erst nach der Verfahrensverbindung getroffen wurde, kann die Einigungsgebühr auch nur aus dem Gesamtwert berechnet werden.
  • Bis zum Zeitpunkt der Verbindung bleiben die Verfahren selbstständige Angelegenheiten.
  • Bei welcher Variante also eine höhere Vergütung erzielt wird, ist von dem Einzelfall abhängig und muss daher stets geprüft werden.

3. Erhöhung der PKH-/VKH-Kappungsgrenze

Die aus der Staatskasse zu zahlenden Wertgebühren für einen beigeordneten Rechtsanwalt bestimmen sich nach § 49 RVG. Die bisherige Regelung bis zum Inkrafttreten der Gesetzesänderung sah bis zu einem Gegenstandswert von 50.000 EUR eine Staffelung der Werte und der dazugehörigen Gebühren vor. Bei höheren Werten (über 50.000 EUR) belief sich die 1,0-Gebühr einheitlich auf 659 EUR. Je höher also der Wert war, desto höher wurde der Abstand zur Vergütung eines Wahlanwalts gemäß § 13 RVG.

Durch das KostBRÄG 2025 ist jetzt die obere Wertgrenze auf über 80.000 EUR angehoben. Eine 1,0-Gebühr beträgt nun maximal 788 EUR.

Beispiel 12
Rechtsanwalt R wird im gerichtlichen Verfahren auf Zahlung wegen Zugewinnausgleichsansprüchen (Wert: 65.000 EUR) beigeordnet. Nach einer mündlichen Verhandlung wird der Gegner durch Beschluss verurteilt.
Lösung
Nach der bisherigen Rechtslage konnte R aus dem gedeckelten Wert von über 50.000 EUR gegenüber der Staatskasse nach § 49 RVG wie folgt (netto) abrechnen:
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

856,70 EUR

1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG

790,80 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

1.667,50 EUR

Nach dem KostBRÄG 2025 kann R jetzt aus einem Wert von 65.000 EUR wie folgt (netto) abrechnen:
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

899,60 EUR

1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG

830,40 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

1.750,00 EUR

Es ergibt sich eine Erhöhung von ca. 5 % gegenüber der alten Rechtslage.
Beispiel 13
In Abwandlung zu Beispiel 12 setzt das Gericht den Wert auf 90.000 EUR fest. Nach bisheriger Rechtslage konnte R hier aus dem gedeckelten Wert über 50.000 EUR gegenüber der Staatskasse nach § 49 RVG wie folgt (netto) abrechnen:
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

856,70 EUR

1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG

790,80 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

1.667,50 EUR

Nach dem KostBRÄG 2025 kann R jetzt aus einem Wert von 90.000 EUR (gedeckelt auf über 80.000 EUR) wie folgt (netto) abrechnen:
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

1.021,80 EUR

1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG

943,20 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

1.985,00 EUR

4. Anrechnung von Gebühren

a) Grundsatz

Das Gesetz sieht vor, dass bestimmte Gebühren angerechnet werden (§ 15a RVG). Das hat zur Folge, dass diese ganz oder teilweise in anderen Gebühren aufgehen. Dies betrifft i. d. R. Folgeaufträge, wie z. B.

  • eine Beratung, die in eine außergerichtliche Tätigkeit übergeht oder
  • eine außergerichtliche Tätigkeit, die ins Mahn- bzw. Klageverfahren übergeht.

b) Grundsätze der Anrechnung

Es gelten folgende Grundsätze:

  • Die Anrechnung bestimmt sich nach dem Recht der Angelegenheit, in der angerechnet wird.
  • Die anzurechnenden Beträge richten sich nach dem Recht der Angelegenheit, aus der sie herrühren.

Beachten Sie | Wenn der Folgeauftrag nach der Rechtsänderung erteilt wird, ist die neue Gebührentabelle 2025 anzuwenden. Die Anrechnung der zuvor verdienten anzurechnenden Gebühr erfolgt jedoch nach der alten Gebührentabelle 2021.

c) Wertgebühren

aa) Anrechnung der Geschäfts- auf Verfahrensgebühr

War der Anwalt erst außergerichtlich und dann gerichtlich in derselben Sache tätig, muss er die Anrechnungspflicht nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG beachten: Die Geschäftsgebühr wird zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr angerechnet, jedoch maximal bis zu einem Gebührensatz von 0,75.

Beispiel 14
Rechtsanwalt R fordert den Gegner auftragsgemäß im März 2025 zur Zahlung von 10.000 EUR auf. Nachdem der Gegner nicht zahlt, wird R im Juni 2025 mit der Einleitung eines Mahnverfahrens beauftragt. Nach Zustellung des Mahnbescheids zahlt der Gegner, sodass die Angelegenheit erledigt ist.
Lösung
  • Für die außergerichtliche Tätigkeit gilt altes Gebührenrecht, für das Mahnverfahren gilt neues Recht.
  • Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG ist mit den Gebührenbeträgen der alten Gebührentabelle 2021 zur Hälfte, maximal mit 0,75 auf die Gebühren des Mahnverfahrens nach der neuen Gebührentabelle 2025 anzurechnen (Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV RVG).
R kann wie folgt (netto) abrechnen (durchschnittliche Angelegenheit):
Außergerichtliche Tätigkeit (altes Recht)
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 Abs.1 VV RVG, § 14 Abs. 1 RVG

798,20 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

818,20 EUR

Mahnverfahren (neues Recht)
1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 3305 VV RVG

652,00 EUR

abzgl. 0,65 Geschäftsgebühr aus Tabelle 2021
gem. Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV RVG

- 399,10 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

272,90 EUR

bb) Anrechnung bei vorzeitiger Erledigung

Praktisch bedeutsam sind die Fälle, in denen der Rechtsanwalt zweimal außergerichtlich tätig wird und zwar einmal mit und einmal ohne unbedingten gerichtlichem Klageauftrag. In einem solchen Fall entsteht bei Eintritt einer Gesetzesänderung zwischen den beiden Aufträgen zum einen eine Geschäftsgebühr nach dem alten Gebührenrecht und eine 0,8-Verfahrensgebühr aus dem Wert der Gebührentabelle 2025 nach dem neuen Gebührenrecht. Auch hier ist die Anrechnungspflicht nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG zu beachten.

Dies betrifft auch Konstellationen der vorzeitigen Erledigung.

Beispiel 15
Rechtsanwalt R fordert den Gegner auftragsgemäß im März 2025 zur Zahlung von 10.000 EUR auf. Als der Gegner nicht zahlt, wird R im Juni 2025 mit der Einleitung eines Klageverfahrens beauftragt. Bevor R die Klage einreicht, versucht er nochmals sein Glück, indem er den Gegner erneut außergerichtlich zur Zahlung auffordert. Tatsächlich zahlt der Gegner daraufhin, sodass die Angelegenheit erledigt ist.
Lösung
  • Für die außergerichtliche Tätigkeit gilt altes Gebührenrecht, für den unbedingten Klageauftrag gilt neues Recht.
  • Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG ist mit den Gebührenbeträgen der alten Gebührentabelle 2021 zur Hälfte, maximal mit 0,75 auf die Gebühr für die vorzeitige Erledigung nach der neuen Gebührentabelle 2025 anzurechnen, Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV RVG; BGH RVG prof. 08, 199.
R kann wie folgt netto abrechnen (durchschnittliche Angelegenheit):
Außergerichtliche Tätigkeit (altes Recht)
1,3 Geschäftsgebühr, Nr. 2300 Abs. 1 VV RVG, § 14 Abs. 1 RVG

798,20 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

818,20 EUR

Unbedingter Klageauftrag (neues Recht)
0,8 Verfahrensgebühr, Nr. 3101 Nr. 1 VV RVG

521,60 EUR

abzgl. 0,65 Geschäftsgebühr aus Tabelle 2021
gem. Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV RVG

- 399,10 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

142,50 EUR

cc) Anrechnung bei Vertretung mehrerer Auftraggeber

Wenn ein Auftragsverhältnis mit mehreren Auftraggebern für denselben Gegenstand besteht, ist eine Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG zu beachten. Diese ist jedoch keine separate Gebühr, sondern eine pauschale Erhöhung der Ursprungsgebühr. Diese erhöhte Gesamtgebühr muss ggf. auf den maximalen Anrechnungssatz von 0,75 reduziert werden. Wenn bei solchen Konstellationen die außergerichtliche Auftragserteilung vor der Rechtsänderung erfolgt ist, die gerichtliche Auftragserteilung hingegen nach der Rechtsänderung erteilt wurde, muss auch hier der Tabellenwechsel berücksichtigt werden.

Beispiel 16
Rechtsanwalt R fordert den Gegner für seine Mandanten, die Eheleute E und F, auftragsgemäß im März 2025 zur Zahlung von 10.000 EUR auf. Nachdem der Gegner nicht zahlt, wird R im Juni 2025 mit der Einleitung eines Klageverfahrens beauftragt.
Lösung
  • Für die außergerichtliche Tätigkeit gilt altes Gebührenrecht, für den unbedingten Klageauftrag gilt neues Recht.
  • Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG entsteht aus den Gebührenbeträgen der alten Gebührentabelle 2021 und erhöht sich nach Nr. 1008 VV RVG um 0,3 pro weiterem Auftraggeber.
  • Die Gesamtgeschäftsgebühr nach der Gebührentabelle 2021 ist zur Hälfte, höchstens jedoch mit 0,75, auf die ebenfalls nach Nr. 1008 VV RVG zu erhöhende Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) der neuen Tabelle 2025 anzurechnen (Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV RVG).
R kann wie folgt (netto) abrechnen (durchschnittliche Angelegenheit):
Außergerichtliche Tätigkeit (altes Recht)
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 Abs. 1 VV RVG, § 14 Abs. 1 RVG

798,20 EUR

0,3-Erhöhung, Nr. 1008 VV RVG

184,20 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

1.002,40 EUR

Unbedingter Klageauftrag (neues Recht)
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

847,60 EUR

0,3-Erhöhung, Nr. 1008 VV RVG

195,60 EUR

abzgl. 0,75 Geschäftsgebühr aus Tabelle 2021
gem. Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV RVG

- 460,50 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

602,70 EUR

Beachten Sie | Wenn der erste Verfahrensabschnitt für mehrere Auftraggeber durchgeführt wird, das anschließende gerichtliche Verfahren aber nur von einem Auftraggeber weitergeführt wird, kann R nur die für eine einzelne Person anfallende Geschäftsgebühr (hälftig) berechnen.

Beispiel 17
Wie Beispiel 16. Nachdem der Gegner nicht zahlt, wird R im Juni 2025 nur noch von E mit der Einleitung eines Klageverfahrens beauftragt.
Lösung
  • Für die außergerichtliche Tätigkeit gilt altes Gebührenrecht, für den unbedingten Klageauftrag gilt neues Recht.
  • Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG entsteht aus den Gebührenbeträgen der alten Gebührentabelle 2021 und erhöht sich nach Nr. 1008 VV RVG um 0,3 pro weiteren Auftraggeber.
  • Die Gesamtgeschäftsgebühr nach der Gebührentabelle 2021 ist jetzt mit maximal 0,65 auf die Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) der neuen Gebührentabelle 2025 anzurechnen (Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV RVG).
R kann wie folgt (netto) abrechnen (durchschnittliche Angelegenheit):
Außergerichtliche Tätigkeit (altes Recht)
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 Abs. 1 VV RVG, § 14 Abs. 1 RVG

798,20 EUR

0,3-Erhöhung, Nr. 1008 VV RVG

184,20 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

1.002,40 EUR

Unbedingter Klageauftrag von E (neues Recht)
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

847,60 EUR

abzgl. 0,65 Geschäftsgebühr aus Tabelle 2021
gem. Vorbem. 3. Abs. 4 S. 1 VV RVG

- 399,10 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

468,50 EUR

dd) Selbstständiges Beweisverfahren

Nach Vorbem. 3 Abs. 5 VV RVG wird die Verfahrensgebühr des selbstständigen Beweisverfahrens auf die Verfahrensgebühr des Rechtszugs angerechnet, soweit der Gegenstand eines selbstständigen Beweisverfahrens auch Gegenstand eines Rechtsstreits ist oder wird. Auch hierbei spielt eine Rolle, welches Recht für die einzelnen Angelegenheiten Anwendung findet.

Beispiel 18
Rechtsanwalt R wird im Dezember 2024 beauftragt, für einen Betrag von 10.000 EUR ein selbstständiges Beweisverfahren einzuleiten. Nach dem Ergebnis im Juni 2025 wird er beauftragt, das Hauptsacheverfahren einzuleiten. Dort wird streitig verhandelt.
Lösung
  • Für das selbstständige Beweisverfahren gilt altes Gebührenrecht, für das nachfolgende Hauptsachverfahren gilt neues Recht.
  • Die Verfahrensgebühr des selbstständigen Beweisverfahrens nach Nr. 3100 VV RVG entsteht aus den Gebührenbeträgen der alten Gebührentabelle 2021.
  • Die Verfahrens- und Terminsgebühr des Hauptsacheverfahrens nach Nrn. 3100, 3104 VV RVG entsteht aus den Gebührenbeträgen der neuen Tabelle 2025.
  • Auf die Verfahrensgebühr des Hauptsacheverfahrens ist die Verfahrensgebühr des selbstständigen Beweisverfahrens nach der alten Gebührentabelle 2021 anzurechnen.
R kann wie folgt (netto) abrechnen:
Selbstständiges Beweisverfahren (altes Recht)
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

798,20 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

812,00 EUR

Hauptsacheverfahren (neues Recht)
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

847,60 EUR

abzgl. Verfahrensgebühr aus Tabelle 2021 gem. Vorbem. 3 Abs. 5 VV RVG

- 798,20 EUR

1,2-Verfahrensgebühr, Nr. 3104 VV RVG

782,40 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

851,80 EUR

ee) Zurückverweisung

Wird ein Verfahren nach dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung zurückverwiesen, richten sich die Gebühren im Verfahren nach der Zurückverweisung nach neuem Recht (OLG München RVG prof. 08, 45; OLG Düsseldorf AGS 08, 242). Dies gilt in allen Verfahren, auch in Strafsachen (KG RVG prof. 05, 178).

Beachten Sie | In Verfahren nach Teil 3 VV RVG ist bei Zurückverweisung an ein bereits mit der Sache befasstes Gericht die Anrechnung der (alten) Verfahrensgebühr gemäß Vorbem. 3 Abs. 6 VV RVG zu beachten.

Beispiel 19
Rechtsanwalt R reicht im Dezember 2024 Klage wegen einer Forderung von 5.000 EUR ein. Nach einer mündlichen Verhandlung im Mai 2025 wird der Gegner G zur Zahlung verurteilt und legt hiergegen im Juni 2025 Berufung ein. Daraufhin weist das Berufungsgericht die Sache nach mündlicher Verhandlung zur erneuten Verhandlung an das AG zurück. Welche Gebühren kann R abrechnen?
Lösung
R kann (netto) folgendermaßen abrechnen (Wert: 5.000 EUR):
1. Verfahren vor Zurückverweisung (altes Recht)
Die Abrechnung vollzieht sich nach altem Recht, da der unbedingte Auftrag hier vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung erteilt worden ist (§ 60 Abs. 1 S. 1 RVG).
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

434,20 EUR

1,2-Verfahrensgebühr, Nr. 3104 VV RVG

400,80 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

855,00 EUR

2. Berufungsverfahren vor Zurückverweisung (neues Recht)
Die Abrechnung erfolgt nach neuem Recht, da der unbedingte Auftrag zur Vertretung im Berufungsverfahren nach dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung erteilt worden ist (§ 60 Abs. 1 S. 1 RVG).
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV RVG

567,20 EUR

1,2-Verfahrensgebühr, Nr. 3104, 3402 VV RVG

425,40 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

1.012,60 EUR

3. Verfahren nach Zurückverweisung (neues Recht)
Abgerechnet wird nach neuem Recht, da der unbedingte Auftrag zur Vertretung im Verfahren nach der Zurückverweisung nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung erteilt worden ist (§ 60 Abs. 1 S. 1 RVG).
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

460,85 EUR

abzgl. 1,3 aus 5.000 EUR gem. Vorbem. 3 Abs. 6 VV RVG (altes Recht)

- 434,20 EUR

1,2-Verfahrensgebühr, Nr. 3104 VV RVG

425,40 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

472,05 EUR

d) Betragsrahmengebühren

aa) Erhöhung der Anrechnungsgrenze

Es gilt grundsätzlich das Gleiche wie bei der Anrechnung von Wertgebühren. Allerdings ist hierbei zu beachten, dass sich die Anrechnungsgrenze nach Vorbem. 2.3 Abs. 4 S. 2, Vorbem. 3 Abs. 4 S. 2 von 207 EUR auf 225 EUR erhöht hat. Da sich die Anrechnung selbst nach dem Recht der Angelegenheit richtet, in der angerechnet wird, ist somit die höhere Grenze zu beachten (vgl. AnwK/Schneider, RVG, 9. Aufl., § 60, Rn. 35).

Beispiel 20
Rechtsanwalt R legt auftragsgemäß im Mai 2025 gegen einen Sozialhilfebescheid Widerspruch ein. Nachdem die Behörde dem Widerspruch nicht abhilft, erhebt R auftragsgemäß im Juni 2025 Klage vor dem Sozialgericht. Dort wird mündlich verhandelt.
Lösung
  • Für das Widerspruchsverfahren gilt altes Gebührenrecht 2021, für das Klageverfahren gilt neues Recht 2025.
  • Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 Nr. 1 VV RVG ist in Höhe von 225 EUR gemäß Vorbem. 3 Abs. 4 S. 2 VV RVG anzurechnen.
R kann wie folgt (netto) abrechnen (Mittelgebühren):
Widerspruchsverfahren (altes Recht 2021)
Geschäftsgebühr, Nr. 2302 Nr. 1 VV RVG

414,00 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

434,00 EUR

Klageverfahren (neues Recht 2025)
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG

392,00 EUR

abzgl. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG

- 225,00 EUR

1,2-Verfahrensgebühr, Nr. 3106 VV RVG

365,00 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

552,00 EUR

bb) Mehrere Geschäftsgebühren

§ 15a Abs. 2 RVG regelt, dass

  • bei der Anrechnung mehrerer Wertgebühren nicht mehr angerechnet werden darf als eine Gebühr nach dem höchsten Anrechnungssatz aus dem Gesamtwert.
  • bei Betragsrahmengebühren nicht mehr angerechnet werden darf als der Höchstbetrag der Vorbem. 3 Abs. 4 S. 2 VV RVG. Für alle gerichtlichen Verfahren, die nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung eingeleitet worden sind, ist somit die Anrechnung auf den Höchstbetrag von 225 EUR beschränkt.

Auch hier kann es vorkommen, dass der Rechtsanwalt zu unterschiedlichen Zeitpunkten beauftragt wird, sodass unterschiedliches Gebührenrecht zur Anwendung kommt.

Beispiel 21
Rechtsanwalt R wird im Mai 2025 von K außergerichtlich beauftragt, gegen B eine Forderung aus einem Kaufvertrag in Höhe von 10.000 EUR geltend zu machen. Im Juni 2025 erhält er von K außergerichtlich den Auftrag, gegen B eine weitere Forderung von 5.000 EUR aus einem Darlehensvertrag einzufordern. Die jeweilige außergerichtliche Tätigkeit war durchschnittlich. Nachdem B auf die jeweiligen Zahlungsaufforderungen nicht zahlt, erhebt K im Juli 2025 Klage auf Zahlung beider Forderungen in einem Verfahren. Nach mündlicher Verhandlung wird B verurteilt.
Lösung
  • Aus einem Wert von 10.000 EUR ist eine Geschäftsgebühr nach altem Recht angefallen.
  • Aus einem Wert von 5.000 EUR ist eine Geschäftsgebühr nach neuem Recht angefallen.
  • Im gerichtlichen Verfahren sind eine 1,3-Verfahrens- und eine 1,2-Terminsgebühr aus dem Gesamtwert von 15.000 EUR nach neuem Recht angefallen.
  • Anzurechnen sind beide Geschäftsgebühren zur Hälfte, maximal eine halbe Geschäftsgebühr aus dem Gesamtwert aus 15.000 EUR.
Ausgehend jeweils von der Schwellengebühr (Anm. zu Nr. 2300 Abs. 1 VV RVG) kann R wie folgt (netto) abrechnen:
1. Außergerichtliche Tätigkeit (10.000 EUR; altes Recht 2021)
1,3-Geschäftsgebühr Nr. 2300 Abs. 1 VV RVG

798,20 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

818,20 EUR

2. Außergerichtliche Tätigkeit (5.000 EUR; neues Recht 2025)
1,3-Geschäftsgebühr Nr. 2300 Abs. 1 VV RVG

460,85 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

480,85 EUR

3. Klageverfahren (15.000 EUR; neues Recht 2025)
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

990,60 EUR

abzgl. gem. Vorbem. 3. Abs. 4 VV RVG
  • 0,65 aus 10.000 EUR altes Recht
  • 0,65 aus 5.000 EUR neues Recht

- 399,10 EUR

- 230,43 EUR

höchstens gem. § 15a Abs. 2 RVG:
0,65 aus 15.000 EUR neues Recht

- 495,30 EUR

1,2-Verfahrensgebühr, Nr. 3106 VV RVG

914,40 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

1.429,70 EUR

Beispiel 22
Rechtsanwalt R wird in einer sozialrechtlichen Angelegenheit im Mai 2025 beauftragt, gegen den Bescheid der Sozialbehörde Widerspruch einzulegen. Im Juni 2025 wird er beauftragt, gegen einen weiteren Bescheid Widerspruch einzulegen. Die Widerspruchsbehörde bescheidet beide Widersprüche zeitgleich. Daraufhin wird gegen beide Bescheide in Gestalt des Widerspruchsbescheids eine gemeinsame Anfechtungsklage zum Sozialgericht erhoben.
Lösung
  • Für das erste Widerspruchsverfahren ist eine Geschäftsgebühr nach altem Recht angefallen.
  • Für das zweite Widerspruchsverfahren ist eine Geschäftsgebühr nach neuem Recht angefallen.
  • Im gerichtlichen Verfahren sind eine 1,3-Verfahrens- und eine 1,2-Terminsgebühr aus dem Gesamtwert von 15.000 EUR nach neuem Recht entstanden.
  • Anzurechnen sind beide Geschäftsgebühren zur Hälfte, maximal jedoch 225 EUR.
Ausgehend jeweils von der Schwellengebühr (Anm. zu Nr. 2302 VV RVG) sowie der Mittelgebühr im gerichtlichen Verfahren (Nr. 3102 VV RVG) kann R hier wie folgt abrechnen:
1. Widerspruchsverfahren (altes Recht 2021)
Geschäftsgebühr, Nr. 2302 Nr. 1 VV RVG

359,00 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

379,00 EUR

2. Widerspruchsverfahren (neues Recht 2025)
Geschäftsgebühr, Nr. 2302 Nr. 1 VV RVG

391,00 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

411,00 EUR

3. Klageverfahren (neues Recht 2025)
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG

392,00 EUR

abzgl. gem. Vorbem. 3. Abs. 4 S. 2 VV RVG i. V. m. § 15a Abs. 3 RVG
  • Widerspruchsverfahren altes Recht
  • Widerspruchsverfahren neues Recht

- 179,50 EUR

- 195,50 EUR

höchstens gem. § 15a Abs. 2 RVG i. V. m. Vorbem. 3 Abs. 4 S. 2 VV RVG: 0,75

- 225,00 EUR

1,2-Verfahrensgebühr, Nr. 3106 VV RVG

365,00 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

552,00 EUR

e) Kostenfestsetzung

Nach § 15a Abs. 3 RVG ist die Anrechnung der Geschäftsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG bei der Kostenfestsetzung bzw. -erstattung zu berücksichtigen, soweit die Geschäftsgebühr im Hauptsacheverfahren tituliert worden ist. Wenn die Geschäftsgebühr also nur zu einem geringeren Gebührensatz oder nach einem geringeren Wert zugesprochen wird, als sie geltend gemacht wurde, ist sie im Kostenfestsetzungsverfahren auch nur nach diesem Gebührensatz oder -wert anzurechnen. Falsch ist es, sich hier am Klageantrag zu orientieren.

Beachten Sie | Hierbei kann es zu unterschiedlichen Konstellationen kommen, bei denen mitunter auch unterschiedliches Gebührenrecht zu berücksichtigen ist. Es müssen nämlich unterschiedliche Gebührentabellen angewendet werden, wenn die außergerichtliche Tätigkeit vor der Rechtsänderung und die Beauftragung für das gerichtliche Verfahren danach erfolgte. Die Rechtsanwaltsgebühren als Nebenforderung berechnen sich aus der Gebührentabelle 2021, während die gerichtlichen Verfahrensgebühren der neuen Gebührentabelle 2025 entnommen werden.

aa) Volle Geschäftsgebühr wird zugesprochen

Wird die Geschäftsgebühr voll zugesprochen, ist sie in vollem Umfang zur Hälfte anzurechnen, höchstens jedoch zu einem Satz von 0,75.

Beispiel 23
Rechtsanwalt R erhält im März 2025 außergerichtlich den Auftrag, vom Gegner 10.000 EUR einzufordern. Nachdem dieser nicht zahlt, reicht R auftragsgemäß im Juni 2025 Zahlungsklage ein. Hierbei werden als Nebenforderung die außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe einer 1,5-Geschäftsgebühr mit eingeklagt. Nach mündlicher Verhandlung wird der Gegner antragsgemäß kostenpflichtig verurteilt. R kann für den Mandanten wie folgt die Kostenfestsetzung (Nettobeträge) beantragen:
1. Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Mandanten (10.000 EUR; altes Recht 2021)
1,5-Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG

921,00 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

941,00 EUR

2. Prozessualer Kostenerstattungsanspruch des Mandanten (10.000 EUR; neues Recht 2025)
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

847,60 EUR

abzgl. 0,75 aus 10.000 EUR altes Recht gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG i. V. m. § 15a Abs. 3 RVG

- 460,50 EUR

1,2-Verfahrensgebühr, Nr. 3104 VV RVG

782,40 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

1.189,50 EUR

bb) Geschäftsgebühr wird zu geringerem Satz zugesprochen

Wird die Geschäftsgebühr lediglich zu einem geringeren Gebührensatz zugesprochen, als eingeklagt, wird sie im Kostenfestsetzungsverfahren auch nur nach diesem Gebührensatz hälftig angerechnet.

Beispiel 24
Wie Beispiel 23. Das Gericht spricht eine Geschäftsgebühr von 1,3 zu. R kann für den Mandanten wie folgt die Kostenfestsetzung (Nettobeträge) beantragen:
1. Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Mandanten (10.000 EUR; altes Recht 2021)
1,3-Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG

798,20 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

818,20 EUR

2. Prozessualer Kostenerstattungsanspruch des Mandanten (10.000 EUR; neues Recht 2025)
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

847,60 EUR

abzgl. 0,65 aus 10.000 EUR altes Recht gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG i. V. m. § 15a Abs. 3 RVG

- 399,10 EUR

1,2-Verfahrensgebühr, Nr. 3104 VV RVG

782,40 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

1.250,90 EUR

cc) Geschäftsgebühr wird nach geringerem Wert zugesprochen

Es gibt Verfahren, in denen die Geschäftsgebühr zwar nach dem vollen Gebührensatz, jedoch nach einem geringeren Gegenstandswert zugesprochen wird. Im Kostenfestsetzungsverfahren wird die Geschäftsgebühr auch nur nach dem Wert angerechnet, nach dem sie zugesprochen worden ist.

Beispiel 25
Wie Beispiel 23. R erhält im März 2025 außergerichtlich den Auftrag, vom Gegner 10.000 EUR einzufordern. Das Gericht spricht lediglich 4.000 EUR sowie eine 1,5-Gebühr daraus zu und weist die Klage im Übrigen ab. R kann für den Mandanten wie folgt die Kostenfestsetzung (Nettobeträge) beantragen:
1. Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Mandanten (4.000 EUR; altes Recht 2021)
1,5-Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG

417,00 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

437,00 EUR

2. Prozessualer Kostenerstattungsanspruch des Mandanten (10.000 EUR; neues Recht 2025)
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

847,60 EUR

abzgl. 0,75 aus 4.000 EUR altes Recht gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG i. V. m. § 15a Abs. 3 RVG

- 208,50 EUR

1,2-Verfahrensgebühr, Nr. 3104 VV RVG

782,40 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

1.441,50 EUR

dd) Gebühr wird nach geringerem Wert und Satz zugesprochen

Möglich sind auch Kombinationen. Wird vom Gericht sowohl der Gebührensatz gekürzt als auch ein geringerer Gegenstandswert zugestanden, ist die Geschäftsgebühr hälftig nach dem zugesprochenen geringeren Gebührensatz und Gegenstandswert anzurechnen.

Beispiel 26
Wie Beispiel 25. Das Gericht spricht lediglich 4.000 EUR sowie eine 1,3-Gebühr daraus zu und weist die Klage im Übrigen ab. R kann für den Mandanten wie folgt die Kostenfestsetzung (Nettobeträge) beantragen:
1. Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Mandanten (4.000 EUR; altes Recht 2021)
1,3-Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG

361,40 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

381,40 EUR

2. Prozessualer Kostenerstattungsanspruch des Mandanten (10.000 EUR; neues Recht 2025)
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

847,60 EUR

abzgl. 0,65 aus 4.000 EUR altes Recht gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG i. V. m. § 15a Abs. 3 RVG

- 180,70 EUR

1,2-Verfahrensgebühr, Nr. 3104 VV RVG

782,40 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

1.469,30 EUR

ee) Gebühr wird nach titulierter Quote zugesprochen

Möglich ist eine quotale Anrechnung, wenn die Parteien die Geschäftsgebühr in einem Vergleich mit einer Quote tituliert haben (OLG Düsseldorf AGS 12, 357).

Beispiel 27
Rechtsanwalt R erhält im März 2025 außergerichtlich den Auftrag, vom Gegner 10.000 EUR einzufordern. Nachdem dieser nicht zahlt, reicht R auftragsgemäß im Juni 2025 eine Zahlungsklage ein. Hierbei werden als Nebenforderung die außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe einer 1,3-Geschäftsgebühr mit eingeklagt. Die Parteien schließen einen Vergleich, wonach der Beklagte 80 % auf die Klageforderung (8.000 EUR) und auf die außergerichtlichen Kosten zahlt.
Lösung
Die Geschäftsgebühr ist mit der Hälfte der 80 % anzurechnen. R kann für den Mandanten wie folgt die Kostenfestsetzung (Nettobeträge) beantragen:
1. Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Mandanten (10.000 EUR; altes Recht 2021)
1,3-Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG

798,20 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

818,20 EUR

2. Prozessualer Kostenerstattungsanspruch des Mandanten (10.000 EUR; neues Recht 2025)
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

847,60 EUR

abzgl. 80 % einer 0,65 Gebühr aus 10.000 EUR,
altes Recht gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG i. V. m. § 15a Abs. 3 RVG

- 319,28 EUR

1,2-Verfahrensgebühr, Nr. 3104 VV RVG

782,40 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

1.330,72 EUR

ff) Titulierte Geschäftsgebühr im Vollstreckungsbescheid

Bei einem Vollstreckungsbescheid ist zu beachten, dass dieser automatisch bereits die Kosten des Mahnverfahrens enthält. Wird in einem Einspruchsverfahren hiergegen der Vollstreckungsbescheid durch Urteil aufrechterhalten, sind die Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren anzurechnen.

Beachten Sie | Wurde der Rechtsanwalt vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung beauftragt, das Mahnverfahren einzuleiten, und wurde der Auftrag für das Klageverfahren erst danach erteilt, sind unterschiedliche Gebührentabellen anzuwenden. Die anrechnungspflichtige Gebühr für das Mahnverfahren richtet sich nach der alten Gebührentabelle 2021. Die Gebühren für das folgende gerichtliche Verfahren sind der neuen Gebührentabelle 2025 zu entnehmen.

Beispiel 28
Rechtsanwalt R hat im Mai 2025 einen Vollstreckungsbescheid über 10.000 EUR erwirkt. Hiergegen legt der Gegner fristgerecht Einspruch ein. Im Klageverfahren ergeht nach mündlicher Verhandlung ein Urteil, das den Vollstreckungsbescheid aufrecht erhält. Der Beklagte trägt die weiteren Kosten des Verfahrens.
Lösung
Im Vollstreckungsbescheid sind folgende Kosten des Mahnverfahrens tituliert:
1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 3305 VV RVG aus 10.000 EUR (altes Recht 2021)

614,00 EUR

0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3308 VV RVG aus 10.000 EUR (altes Recht 2021)

312,00 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

634,00 EUR

Im Kostenfestsetzungsverfahren ist die titulierte Gebühr für das Mahnverfahren zu berücksichtigen:
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG aus 10.000 EUR (neues Recht 2025)

847,60 EUR

abzgl. 1,0-Verfahrensgebühr altes Recht gem. Anm. zu 3305 VV RVG i. V. m. § 15a Abs. 3 RVG

- 614,00 EUR

1,2-Verfahrensgebühr, Nr. 3104 VV RVG aus 10.000 EUR (neues Recht 2025)

782,40 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

1.036,00 EUR

Praxistipp | Machen Sie sich am besten gleich einen Vermerk, bei welchen neuen Angelegenheiten die neue Anwaltsvergütung nach dem KostBRÄG 2025 gilt. So vermeiden Sie falsche Abrechnungen, die zu Ihren Lasten gehen. Zudem müssen Sie jetzt noch präziser darauf achten, die jeweiligen Tätigkeiten genau auseinander zu halten und die jeweiligen Daten zu vermerken. Das ist zwar eine Arbeit, die sehr viel Konzentration erfordert. Sie bringt Ihnen aber bares Geld ein!

AUSGABE: RVGprof 4/2025, S. 55 · ID: 50363100

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