DeliktsanspruchBeantragen Sie unbedingt die Feststellung der Deliktshandlung im Kostenfestsetzungsbeschluss
| In der Praxis ergehen immer wieder gerichtliche Entscheidungen, bei denen entweder aus dem Tenor oder den Entscheidungsgründen hervorgeht, dass die zugrunde liegende Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung stammt. Es stellt sich dann die Frage, ob im Rahmen der Kostenfestsetzung ein solcher Deliktsanspruch in den zu erlassenden Kostenfestsetzungsbeschluss mit aufgenommen werden kann. |
1. Diese Entscheidung müssen Sie kennen
Der BGH (www.iww.de/s8526) hat entschieden, dass u. a. Ansprüche auf Erstattung von Prozesskosten dem Vollstreckungsprivileg des § 850f Abs. 2 ZPO unterliegen, wenn diese Ansprüche Folgen der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung sind.
Beachten Sie | Der Sinn und Zweck der Feststellung einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung liegt vor allem darin, dass
- Gläubiger bei einer Pfändung in das Arbeitseinkommen des Schuldners auf die über § 850c ZPO hinaus pfändbaren Beträge privilegiert zugreifen können (§ 850f Abs. 2 ZPO) und
- die Forderung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens nicht der Restschuldbefreiung unterliegt (§ 302 Nr. 1 InsO).
Um das sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss anschließende Vollstreckungsverfahren zu beschleunigen, ist es daher für die obsiegende Partei wichtig, direkt im Kostenfestsetzungsverfahren einen solchen Vermerk über die Deliktsforderung der Prozesskosten im Beschluss mit aufnehmen zu lassen. Es müssen allerdings unterschiedliche Konstellationen beachtet werden.
2. In zugrunde liegender Entscheidung ist Deliktsforderung tenoriert
Keine Schwierigkeiten dürften in dem Fall bestehen, in dem bereits in der zugrunde liegenden Entscheidung (Urteil) eindeutig ersichtlich ist, dass die eingeklagte Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung resultiert.
Insbesondere in Strafverfahren bei sog. Adhäsionsverfahren dürfte dies eine große Rolle spielen. Hier werden nämlich regelmäßig zivilrechtliche Ansprüche aus einer Straftat im Strafverfahren mit abgeurteilt. In der Entscheidung heißt es dann regelmäßig:
Entscheidung |
„Der Angeklagte wird verurteilt, aus einem Anspruch aus vorsätzlich unerlaubter Handlung ... EUR an den Adhäsionskläger zu zahlen. Der Angeklagte trägt die Kosten des Adhäsionsverfahrens und die notwendigen Auslagen des Adhäsionsklägers“. |
Da Kostenrecht Folgerecht ist, kann der Rechtspfleger als Kostenfestsetzungsorgan diese Tatsachen bereits aus der Verfahrensakte ersehen und dies entsprechend im Kostenfestsetzungsbeschluss mit aufnehmen.
Antrag nicht vergessen Praxistipp | Obwohl sich die Deliktsforderung aus dem im Original befindlichen Urteil in der Verfahrensakte ergibt, sollte die obsiegende Partei in ihrem Kostenfestsetzungsantrag dennoch ausdrücklich unter Hinweis auf die Entscheidung des BGH (a. a. O.) beantragen, dass der Vermerk über die vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung im Beschluss klarstellend mit aufgenommen wird. |
Musterformulierung / Kostenfestsetzungs- und Klarstellungs-antrag wegen deliktischer Forderung |
An das AG/LG ... Kostenfestsetzungsantrag In dem Rechtsstreit Kläger ./. Beklagter Az. ... wird namens und in Vollmacht des Klägers beantragt,
Es wird weiterhin beantragt,
Gründe Das erkennende Gericht hat mit Entscheidung vom ... im Tenor unter Ziffer ... festgestellt, dass dem Zahlungsanspruch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung zugrunde liegt. Der BGH (VE 11, 101) hat entschieden, dass u. a. Ansprüche auf Erstattung von Prozesskosten dem Vollstreckungsprivileg des § 850f Abs. 2 ZPO unterliegen, wenn diese Ansprüche Folgen der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung sind. Der Antragsteller hat daher ein Rechtsschutzinteresse, dass die Deliktsforderung im Kostenfestsetzungsbeschluss mit aufgenommen wird. |
Bei einem gerichtlichen Vergleich ist die Situation allerdings anders zu beurteilen. Denn hat die Partei in einem solchen den Rechtsgrund der dadurch titulierten Forderung als vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung außer Streit gestellt, steht nur für den Feststellungsprozess bindend fest, dass die Forderung auf einer unerlaubten Handlung beruht (BGH VE 09, 171).
Folge: Das Kostenfestsetzungsorgan darf im Kostenfestsetzungsbeschluss keinen Vermerk über das Attribut der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung aufnehmen. Die obsiegende Partei muss dies vielmehr zunächst durch nachträglichen Prozess klären lassen.
3. Deliktsforderung ergibt sich aus Entscheidungsgründen
Ergibt sich der Anspruch aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung nicht aus dem Urteilstenor, sondern lediglich aus den Urteilsgründen, bedarf dies der Auslegung nur durch das Vollstreckungsgericht und nicht durch das Prozessgericht.
Folge: Das Kostenfestsetzungsorgan darf hier ebenfalls im Kostenfestsetzungsbeschluss keinen Vermerk über das Attribut der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung aufnehmen. Der Obsiegende muss dies ebenfalls nachträglich im Feststellungsprozess klären lassen.
4. Deliktsforderung ergibt sich aus später ergangener Feststellungsentscheidung
Bislang ungeklärt sind die Fälle, in denen die Kosten zunächst festgesetzt wurden, nachträglich aber auf Feststellung geklagt wurde, dass die Forderungen aus dem rechtskräftigen Ursprungsurteil und des dazugehörigen Kostenfestsetzungsbeschlusses aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung beruhen und dies durch rechtskräftiges Urteil festgestellt wurde. Ist der bereits ergangene Kostenfestsetzungsbeschluss abzuändern bzw. zu berichtigen?
Antwort: Nein. Der ursprüngliche Kostenfestsetzungsbeschluss ist korrekt ergangen.
Denn bei der Festsetzung der Kosten des Ursprungsprozesses handelt es sich nicht um Prozesskosten zur Verfolgung eines Anspruchs aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung. Solche Kosten sind lediglich die Kosten des sich anschließenden Feststellungsprozesses. Der hier ergehende Kostenfestsetzungsbeschluss kann wiederum den klarstellenden Vermerk über die Deliktsforderung beinhalten.
AUSGABE: RVGprof 1/2020, S. 14 · ID: 46218286