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SchweizNeue Konsultationsvereinbarung zum leitenden Angestellten i. S. d. DBA-Schweiz lässt hoffen

Abo-Inhalt25.04.20235189 Min. LesedauerVon StB Dipl.-Fw. (FH) Florian Zepf, FB Internationales Steuerrecht, Zürich

| Anfang April haben sich die Delegationen des deutschen BMF sowie des schweizerischen SIF (Staatssekretariat für internationale Finanzfragen) auf eine neue Konsultationsvereinbarung zu Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz geeinigt (BMF 25.4.2023, IV B 2 - S 1301-CHE/21/10018 :001). Die Neuerungen entsprechen in weiten Teilen den Forderungen aus Beratung und Rechtsprechung und sind grundsätzlich zu begrüßen. „Im Abgang“ lassen die Neuerungen jedoch zu wünschen übrig. |

1. Wer ist leitender Angestellter?

Eine natürliche Person, die in einem Vertragsstaat ansässig ist, aber „leitend“ bei einer in dem anderen Vertragsstaat ansässigen Kapitalgesellschaft tätig ist, kann mit den Einkünften aus dieser Tätigkeit in dem Sitzstaat der Gesellschaft besteuert werden (Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz; vgl. zu weiteren Einzelheiten der Voraussetzungen Zepf, PIStB 20, 219 ff.). Korrespondierend hierzu werden sodann die entsprechenden Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit im Ansässigkeitsstaat der natürlichen Person von der Besteuerung freigestellt (Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d) und Abs. 2 Nr. 1 DBA-Schweiz).

Die entscheidende Frage ist, welche Personen/Angestellte als sog. leitende Angestellte qualifizieren. Neben den im DBA-Schweiz ausdrücklich angeführten

  • Vorstandsmitgliedern,
  • Direktoren,
  • Geschäftsführer sowie
  • Prokuristen

sind dies seit Geltung der Verständigungsvereinbarung vom 7.7.97 (IV C 6-S 1301 Schz-37/97) auch

  • stellvertretende Direktoren,
  • Vizedirektoren und
  • Generaldirektoren.

Darüber hinaus hat der BFH entschieden, dass auch der sog. Delegierte des Verwaltungsrats einer Schweizer Aktiengesellschaft unter die Sonderregelung des Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz fallen kann (BFH 14.3.11, I R 23/10, DB 11, 1618).

Mit vorbezeichneter Verständigungsvereinbarung aus dem Jahr 1997 wurde darüber hinaus festgelegt, dass die Sonderregelung grundsätzlich auch auf Personen angewandt werden konnte, die nicht im Handelsregister (HR) eingetragen waren. In diesen Fällen wurde seitens der Behörden jedoch verlangt, dass die Personen entweder Prokura oder weitergehende Vertretungsbefugnisse haben und zusätzlich eine entsprechende Bestätigung des Arbeitgebers vorgelegt werden musste.

2. DBA-widrige Zäsur: Verständigungsvereinbarung vom 30.9.08 (IV B 2 - S 1301-CHE/07/10015)

Der Verzicht auf eine Eintragung im Handelsregister führte nach Auffassung der Behörden in der Praxis zu Abgrenzungsschwierigkeiten des unter die Sonderregelung fallenden Personenkreises – insbesondere gegenüber nur begrenzt vertretungsberechtigten Handlungsbevollmächtigten und in Fällen pauschaler Erteilung eines auf den begrenzten persönlichen Zuständigkeitsbereich beschränkten Zeichnungsrechts.

Entgegen dem eindeutigen Wortlaut des DBA sollte die Sonderregelung daher in den nach dem 31.12.08 beginnenden Veranlagungszeiträumen auf Personen beschränkt werden, deren Prokura oder relevante Funktion im Handelsregister des jeweiligen Staates eingetragen war.

Die Folge hiervon war, dass sich die Gerichte mit dieser offensichtlich unrechtmäßigen, da den Wortlaut des DBA einschränkenden, Verwaltungsauffassung beschäftigen mussten. In den letzten Jahren wiesen die Richter in mehreren Entscheidungen die Verwaltungsauffassung in die Schranken und gaben stattdessen der Auffassung der Steuerpflichtigen Recht:

  • Bereits mit Urteil vom 21.3.19 (6 K 2185/17 E, PIStB 19, 186) entschied das FG Münster, ab welchem Zeitpunkt die Sonderregelung für leitende Angestellte greift: die Sonderregelung greift bereits ab Aufnahme der Tätigkeit und nicht erst ab tatsächlicher Eintragung ins Handelsregister, denn Letztgenannte ist auch insoweit nicht maßgebend.
  • Mit Urteil vom 30.9.20 bestätigte der BFH (I R 60/17, s. PIStB 21, 151) – wie vorgehend auch schon das FG Baden-Württemberg am 13.7.17 (3 K 2439/14) – sodann, dass die Eintragung der Prokura/Funktion im Handelsregister eben keine zwingende Voraussetzung für die Qualifizierung und Behandlung als leitender Angestellter i. S. d. Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz ist. Dies gelte auch unter Berücksichtigung des § 19 Abs. 2 S. 2 KonsVerCHEV, nach dessen Wortlaut Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz nur für diejenigen Personen anwendbar sein soll, „deren vom Anwendungsbereich der Vorschrift umfasste Funktion oder Prokura im Handelsregister eingetragen ist“.
  • In gewisser Weise überraschend war diesbezüglich lediglich, dass die Finanzverwaltung zumindest insoweit an ihrer Auffassung festhielt, dass sie dieses Urteil des BFH nicht allgemein anwenden wollte und eine Veröffentlichung im BStBl Teil II demgemäß unterblieb.
  • Beachten Sie | Mit seiner Entscheidung bekräftigte der BFH zum wiederholten Mal, dass die Deutsch-schweizerische Konsultationsvereinbarungsverordnung (KonsVerCHEV) als Rechtsverordnung wegen des Vorrangs des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht die Regelungen des DBA verdrängt, das als völkerrechtlicher Vertrag im Inland als transformiertes Gesetz vorgeht (Art. 59 Abs. 2 GG).

3. Rolle rückwärts mit neuer Konsultationsvereinbarung vom 6.4.23

Nach rund 15 Jahren abkommenswidrigen Zustands haben sich die Finanzbehörden auf eine neue Konsultationsvereinbarung vom 6.4.23 (BMF 25.4.23, IV B 2 - S 1301-CHE/21/10018 :001; Mitteilung ESTV 13.4.23, s. www.iww.de/s7991) verständigt, die nunmehr in allen offenen Fällen Anwendung finden soll:

Es wurde zwischen den Behörden Einvernehmen erzielt, dass die Sonderregelung des Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz auch auf Personen anzuwenden ist, die mit „Einzel-“ oder „Kollektivunterschrift“, jedoch ohne Bezeichnung ihrer Funktion im Schweizer Handelsregister eingetragen sind. Diese Form der Eintragung ist nach den Erfahrungen des Autors sehr weit verbreitet und das Einvernehmen der Behörden kann insoweit daher nur begrüßt werden.

Es wurde darüber hinaus sogar Einvernehmen dahin gehend erzielt, dass Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz auch auf Personen anzuwenden ist, die

  • nicht im Handelsregister eingetragen sind,
  • im Hinblick auf die mit der jeweiligen Position verbundene Leitungs- und Vertretungsbefugnis nach den Gesamtumständen des Einzelfalles jedoch mit den ausdrücklich in Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz genannten Personen vergleichbar sind.

Mit anderen Worten: Die Behörden geben ihre gesetzwidrige Auffassung auf und erkennen das Urteil des BFH (30.9.20, I R 60/17, PIStB 21, 151) an, dessen Ausführungen insoweit nahezu wortgleich wiederholt wurden.

Praxistipps |

Erfreulich und zu begrüßen ist, dass die Behörden im weiteren Text gewisse Umstände angeführt haben, die indiziell für eine Vergleichbarkeit sprechen, z. B. die Höhe des Arbeitslohns, Einordnung in eine der obersten Gehaltsstufen innerhalb des Unternehmens, Anzahl der weisungsgebundenen Personen etc.

Abschließend überrascht es jedoch, dass die Laufzeit dieser Konsultationsvereinbarung grundsätzlich bis zum 31.12.25 zeitlich beschränkt ist. Für eine Testphase mutet diese zeitliche Beschränkung sehr kurz an und so kann nur spekuliert werden, ob allenfalls die Revision des DBA innerhalb dieses Zeitraums erwartet werden kann. Planungs- und Rechtssicherheit besteht indes nur für kurze Zeit.

AUSGABE: PIStB 6/2023, S. 148 · ID: 49416132

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