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UmsatzsteuerSchutzmaskenpauschale für Apotheken unterliegt der Umsatzsteuer
| Die Schutzmaskenpauschale nach § 5 Abs. 1 der Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung in der Fassung vom 14.12.20 unterliegt der Umsatzsteuer. Die Apotheker haben die Schutzmaskenpauschale als Gegenleistung für die Abgabe bzw. die Bereitschaft zur Abgabe von Schutzmasken nach § 4 Abs. 1 SchutzmV an die anspruchsberechtigten Personen in der Phase 1 nach § 2 Abs. 1 SchutzmV im Rahmen eines steuerbaren und steuerpflichtigen Leistungsaustauschs erhalten (FG Niedersachsen 3.8.23, 5 K 136/22; 12.10.23, 5 K 45/22, Rev. BFH V R 24/23). |
Inhaltsverzeichnis
1. Hintergrund
Menschen aus bestimmten Risikogruppen hatten während der Hochphase der Coronapandemie Zugang zu vergünstigten FFP2-Schutzmasken. Zunächst konnten sie sich drei kostenlose FFP2-Schutzmasken in der Apotheke abholen (Phase 1). Später erhielten sie sechs Masken, für die sie einen Eigenanteil von 2 EUR zu leisten hatten (Phase 2). Das heißt, die Berechtigten erhielten Coupons für jeweils sechs Masken von ihren Krankenkassen oder ihrer privaten Krankenversicherung. Diese konnten sie ebenfalls in den Apotheken einlösen. Apotheker, die die Masken entsprechend abgaben, erhielten für jede Schutzmaske eine Erstattung, die anfänglich 6 EUR betrug, und zwar einschließlich Umsatzsteuer. Geregelt war dies in der Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung sowie der Ersten Verordnung zur Änderung der Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung. Die Eigenbeteiligung verblieb in der Apotheke und wurde auf den Erstattungsbetrag angerechnet. Die Abrechnung seitens der Apotheker erfolgte über ihre Rechenzentren mit dem Gesundheitsfonds beim Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS). Der Bund erstattete die Beträge an die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds. Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass die Apotheker insoweit steuerbare Leistungen erbracht haben, wobei das Entgelt in Form der Eigenbeteiligung teils vom Empfänger selbst und im Übrigen durch das BAS als Dritten gezahlt wurde.
2. Entscheidung
Das FG Niedersachsen hat sich in nunmehr zur Besteuerung der Leistungen der Phase 1 geäußert, wobei die Ausführungen sicherlich sinngemäß auch für die Leistungen der Phase 2 gelten. Das FG geht von einem umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch aus. Für den steuerbaren Leistungsaustausch ist es ausreichend, dass zwischen den Apotheken und der gesetzlichen Krankenversicherung ein Rechtsverhältnis nach Maßgabe der SchutzmV bestanden hat, in dessen Rahmen tatsächlich gegenseitige Leistungen ausgetauscht worden sind und die von den leistenden Apotheken empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Lieferung bzw. sonstige Leistung in Gestalt der Abgabe der Schutzmasken bzw. der Bereitschaft hierzu bildet.
Die Apotheken seien durch die SchutzmV in die Erfüllung des Anspruchs der besonders vulnerablen Personengruppen auf Schutzmasken gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung eingeschaltet worden. Die Krankenkassen stellen den gesetzlich Krankenversicherten nach dem Sachleistungsprinzip die Leistungen zur Verhütung von Krankheiten zur Verfügung, zu denen auch die Abgabe von Schutzmasken der auf der Grundlage der SchutzmV zählt. Das Sachleistungsprinzip der gesetzlichen Krankenversicherung sei auch für den auf nicht gesetzlich Versicherte ausgedehnten Anspruch übertragbar. Daher hätten die Apotheken in der „Phase 1“ im Rahmen des durch die SchutzmV begründeten Rechtsverhältnisses in Erfüllung der Ansprüche der besonders vulnerablen Personen Lieferungen von Schutzmasken an die gesetzliche Krankenversicherung erbracht. Hierfür sei den Apotheken die Schutzmaskenpauschale gezahlt worden. Die innere Verknüpfung der Schutzmaskenpauschale mit der Abgabe der Schutzmasken ergäbe sich aus der den Apotheken in Deutschland obliegenden, im öffentlichen Interesse gebotenen Verpflichtung zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln nach dem Apothekengesetz und der damit verbundenen Versorgung besonders vulnerabler Personengruppen mit Schutzmasken nach der SchutzmV zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie.
3. Relevanz für die Praxis
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hatte das FG die Revision zugelassen. Diese wurde unter dem Az. BFH V R 24/23 eingelegt.
Das FinMin Schleswig-Holstein hatte im Rahmen einer Kurzinformation vom 5.2.21 (DB 21, 488) zu der Frage Stellung bezogen, wie die einzelnen Zahlungen umsatzsteuerlich zu bewerten sind und wie die Abrechnungen erfolgen müssen. Danach gilt:
- Der Apotheker erbringt eine steuerbare Leistung, wobei das Entgelt in Form der Eigenbeteiligung teils vom Empfänger selbst (in Phase 2) und im Übrigen durch das BAS als Dritten gezahlt wird. Das Entgelt beträgt unter Anwendung des Regelsteuersatzes von 19 % (ab dem 1.1.21) und der Abgabe von sechs Masken 30,25 EUR (Bruttopreis 36 EUR abzgl. USt 5,75 EUR).Umsatzsteuerbare Leistung eines Unternehmers an Nichtunternehmer
- Da die Leistungserbringung „Lieferung von Schutzmasken“ von der Apotheke an einen Nichtunternehmer bzw. zu privaten Zwecken erfolgt, besteht keine Verpflichtung der Apotheke, eine Rechnung nach § 14 Abs. 2, § 14a UStG zu erteilen. Die Umsatzsteuer wird unabhängig von einer Rechnungserteilung geschuldet. Erteilt die Apotheke dennoch eine Rechnung, hat diese korrekterweise das Gesamtentgelt (einschließlich der Zuzahlung) und den darauf entfallenden Steuerbetrag auszuweisen.Umsatzsteuer unabhängig von Rechnungsstellung geschuldet
- Der Abrechnung der Rechenzentren an das BAS über die Zuzahlung liegt dagegen keine umsatzsteuerliche Leistungserbringung zugrunde. Bei derartigen Abrechnungen handelt es sich auch nicht um umsatzsteuerliche Rechnungen i. S. v. § 14 UStG. Wird in einer derartigen Abrechnung Umsatzsteuer für eine tatsächlich nicht erbrachte Leistung (z. B. „Lieferung von Schutzmasken Apotheke an das BAS“) offen ausgewiesen, wird die ausgewiesene Steuer nach § 14c Abs. 2 UStG geschuldet.
AUSGABE: PFB 5/2024, S. 118 · ID: 49823220