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VertragsrechtAktive Honorarsicherung: Rechtsprechung setzt neue Impulse

Abo-Inhalt11.07.202525 Min. Lesedauer

| In diesen – volatilen – Zeiten stehen Sie auch vor der Herausforderung, Ihre Honoraransprüche gegen das Insolvenzrisiko von Auftraggebern abzusichern. Besonders wichtig ist das für Generalplaner, die umfangreiche Verpflichtungen gegenüber Subplanern haben und deren Forderungen aufgrund der getrennten Vertragsverhältnisse vollständig erfüllen müssen. PBP zeigt auf Basis der neuesten Rechtsprechung, wie Sie in Ihrem Architektur- und Ingenieurbüro Ausfallrisiken auf Auftraggeberseite minimieren. |

1. Mit Zahlungsfristen Liquidität sichern

Seit 2021 gelten neue Regeln für Honoraransprüche, die sich auf die Fälligkeit Ihrer Honorare und die Möglichkeit, Abschlagszahlungen zu erhalten, auswirken. Für die Fälligkeit der Honorare für Leistungen, die von der HOAI 2021 erfasst sind, gilt § 650g Abs. 4 BGB. Für das Recht, Abschlagszahlungen zu verlangen, gelten § 15 Abs. 2 HOAI und § 632a BGB („Abschlagszahlungen“) in gleichem Maße. § 15 Abs. 2 HOAI sieht zwei Fälle von Abschlagszahlungen vor.

Zum einen solche zu schriftlich vereinbarten Zeitpunkten. Dass eine Zahlung verlangt werden kann, wenn die Parteien dies vereinbart haben, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Soweit § 15 Abs. 2 für diese Vereinbarung jetzt die Schriftform verlangt, dient dies der Beweisfunktion und ist keine anspruchsbegründende Voraussetzung.

§ 15 Abs. 2 HOAI gewährt zudem einen eigenständigen Anspruch auf Abschlagsleistungen, zu denen Ihr Auftraggeber unabhängig von einer vertraglichen Vereinbarung und den Voraussetzungen nach § 632a BGB verpflichtet ist. Danach können Sie Abschlagszahlungen für nachgewiesene Grundleistungen in angemessenen zeitlichen Abständen verlangen. Dieser Anspruch ist selbstständig einklagbar und unterliegt vollumfänglich einer eigenen Verjährung. Diese hat aber keinen Einfluss auf den Bestand bzw. die Durchsetzbarkeit des Honoraranspruchs nach Erstellung der Schlussrechnung.73 Die Bedeutung der Verjährung von Abschlagsforderungen hat nur insoweit eigenständige Bedeutung, als dass die darauf entfallenden Zinsansprüche infolge der Verjährung nicht durchsetzbar sind (Steeger, Fahrenbruch, Praxiskommentar zur HOAI zu § 15).

Praxistipp | Weder HOAI noch BGB enthalten Aussagen zum Abrechnungsturnus. PBP empfiehlt, monatliche Abschlagsrechnungen nach § 632a BGB zu vereinbaren. Bei ausbleibenden Zahlungen kommen dann u. a. Verzugszinsen, im Einzelfall Leistungsverweigerungsrechte und Kündigungsmöglichkeiten in Betracht. Bei drohender Zahlungsunfähigkeit des Auftraggebers bietet die Unsicherheitseinrede nach § 321 BGB zudem eine Möglichkeit, die Leistung zurückzuhalten, wenn die Gefahr besteht, die Gegenleistung nicht zu erhalten.

2. Mit Bauhandwerkersicherung in § 650f BGB agieren

Die Bauhandwerkersicherung nach § 650f BGB hat sich neben der Bauunternehmersicherungshypothek (§ 650e BGB) als effektives Instrument zur Absicherung gegen Insolvenzrisiken auf Auftraggeberseite etabliert. Für öffentliche Auftraggeber muss individuell geprüft werden, ob und inwieweit sie insolvenzrechtlich geschützt sind, da dies die Anwendbarkeit der Bauhandwerkersicherung beeinflusst (§ 650f Abs. 6 BGB).

Regelungen zu § 650f BGB in AGB prüfen

Es kommt in der Praxis regelmäßig vor, dass Regelungen zu Sicherheiten nach § 650f BGB (aus strategischen Gründen) in Architekten-/Ingenieurverträgen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vorformuliert werden, um die Durchsetzung Ihrer Honoraransprüche zu erschweren.

Praxistipp | Regelt etwa eine vom Auftraggeber gestellte AGB-Klausel, dass der Auftragnehmer (AN = Sie) nach dem Verlangen einer Bauhandwerkersicherung gemäß § 650f BGB „keine Abschlagszahlungen vor Abnahme mehr geltend machen kann“, dürfte Sie dies unangemessen benachteiligen. Denn die Bauhandwerkersicherung deckt zwar den Vergütungsanspruch des AN ab, unterstützt jedoch die laufende Liquidität des AN nicht unmittelbar, da sie typischerweise erst bei Nichtzahlung relevant wird. Daher dürfte eine solche Klausel unwirksam und somit unanwendbar sein (§ 307 Abs. 1 BGB).

Ein Blick in die jüngste Rechtsprechung zu § 650f BGB

Ein Blick in die jüngste Rechtsprechung zur Bauhandwerkersicherung lehrt, dass sie jetzt auch von den planenden Berufen genutzt wird. Es wurden viele Planerfälle ausgeurteilt (zuletzt vom BGH und vom LG Frankfurt a. M.). PBP macht Sie mit den wichtigsten Aussagen vertraut.

  • 1. Anspruch besteht nach Kündigung des Vertrags fort: Die vorzeitige Beendigung eines Planungsvertrags lässt Ihr Sicherungsbedürfnis bezüglich der vereinbarten und nicht gezahlten Vergütung nicht entfallen. Das gilt auch, wenn Sie den Vertrag gekündigt haben, weil Ihr Auftraggeber Ihrem berechtigten Verlangen nach Stellung einer Bauhandwerkersicherung nicht nachgekommen ist (BGH, Urteil vom 18.01.2024, Az. VII ZR 34/23, Abruf-Nr. 240418).
  • 2. Darlegung der geforderten Höhe der Sicherheit: Wenn Sie den Vertrag nach § 650f Abs. 5 BGB kündigen, reicht in der Regel Ihr schlüssiger Vortrag zur Höhe der Vergütung aus, um die Höhe einer geforderten Sicherheit zu bemessen.

3. Auch Zeithonorar ist absicherbar: Zur schlüssigen Darlegung eines nach Zeitaufwand abzurechnenden Vergütungsanspruchs bedarf es grundsätzlich nur der Angabe der für die Vertragsleistung aufgewendeten Stunden. Es kommt nicht auf die im Vertrag angegebene voraussichtliche Gesamthöhe an. Das Sicherheitsverlangen ist nicht schon deshalb unwirksam, dass die tatsächlich abgerechneten Stunden etwa doppelt so hoch sind wie die zunächst geschätzten. Das hat das LG Frankfurt aktuell bei einem Innenarchitekten entschieden (LG Frankfurt a. M., Urteil vom 31.10.2024, Az. 2-32 O 13/24, Abruf-Nr. 249026).

  • 4. Sicherheit gibt es auch für Nachträge: Bei der Bemessung der Höhe des Sicherheitsverlangens ist zu berücksichtigen, dass Ihr Anspruch auf Bereitstellung einer Bauhandwerkersicherung sich auch auf strittige Zusatzaufträge und Nachträge erstreckt. Dafür müssen Sie Bauftragung und Höhe des Vergütungsanspruchs, einschließlich der Nachträge, schlüssig darlegen (BGH, Urteil vom 20.10.2022, Az. VII ZR 154/21, Abruf-Nr. 232734).
  • 5. Auftraggeber darf nicht mit strittigen Gegenforderungen aufrechnen: Aufrechenbare Gegenforderungen Ihres Auftraggebers bleiben bei der Berechnung der Sicherheit unberücksichtigt, es sei denn, sie sind unstreitig oder rechtskräftig festgestellt.
  • 6. Übliche Avalprovision reicht für vorläufige Vollstreckbarkeit einer Bauhandwerkersicherung aus: Anders als bisher weitläufig angenommen hat das OLG Frankfurt entschieden, dass die Stellung einer Bankbürgschaft nur von einer Sicherheit in Höhe der üblichen Avalprovision abhängig gemacht werden darf (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 16.02.2024, Az. 21 U 65/23). Achten Sie deshalb darauf, dass bei der Festlegung von Sicherheitsleistungen im Kontext von § 650f BGB die jeweils aktuellen Marktbedingungen für Avalprovisionen berücksichtigt werden. Es empfiehlt sich, entsprechende Belege und Nachweise über die Höhe üblicher Avalprovisionen zu sammeln und im Verfahren vorzulegen.
  • 7. Wann beginnt die Verjährung: Die dreijährige Verjährungsfrist des Anspruchs auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung nach § 650f BGB 2018 beginnt taggenau mit dem Verlangen des Unternehmers nach Sicherheit. Das hat der BGH entschieden. Im konkreten Fall war das für den Architekten ungünstig; denn so war sein Anspruch auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung verjährt. Er hatte sie ein paar Tage zu spät eingeklagt. Im konkreten Fall hatte ein Architekturbüro für seine offenen Honoraransprüche einen Anspruch auf Sicherheit nach § 650f BGB in Höhe von gut 4,3 Mio. Euro geltend gemacht. Vor dem LG hatte das Büro verloren, weil der Anspruch verjährt sei. Die Verjährung beginne nicht gemäß § 199 Abs. 1 BGB zum Schluss des Jahres, in dem der Anspruch im verjährungsrechtlichen Sinne entstanden sei (sog. „Ultimo-Verjährung“). Der Verjährungsbeginn sei vielmehr taggenau ab dem ersten Sicherungsverlangen zu berechnen, so das LG München. Der BGH bestätigte die Auffassung des LG (BGH, Urteil vom 21.11.2024, Az. VII ZR 245/23, Abruf-Nr 245420).

3. Bauhandwerkersicherungshypothek in § 650e BGB nutzen

Das dritte Sicherungsinstrument ist die Bauhandwerkersicherungshypothek in § 650e BGB. Sie bietet Ihnen die Möglichkeit, Ihren Honoraranspruch im Grundbuch sichern zu lassen. Dem Wortlaut nach richtet sich § 650e BGB zwar nur an Bauunternehmer. Im Bauvertragsrechtsreformgesetz (BauVertrRRG) hat der Gesetzgeber aber einen eigenständigen Untertitel für Architekten und Ingenieure geschaffen und über die Verweisungsnorm (§ 650q BGB) klargestellt, dass § 650e BGB auch für die planenden Berufe gilt.

Neu: Es reicht die Leistungserbringung

Wegweisend für die Nutzung von § 650e BGB ist dabei eine Entscheidung des KG Berlin: Der Anspruch eines Architekten auf Einräumung einer Sicherungshypothek für seinen Honoraranspruch (§§ 650e, 650q Abs. 1 BGB) setzt nicht voraus, dass mit den Bauarbeiten begonnen worden ist oder die Umsetzung der Planung zu einer Wertsteigerung des Baugrundstücks geführt hat. Es reicht, dass Sie Planungsleistungen erbracht haben Diese erfreuliche Auffassung vertreten jetzt schon zwei Obergerichte (OLG Hamburg, Beschluss vom 03.12.2024, Az. 10 W 24/24, Abruf-Nr. 246744; KG Berlin, Urteil vom 14.02.2023, Az. 21 W 28/22, Abruf-Nr. 234090).

Darum ist die Bauhandwerkersicherungshypothek ein gutes Druckmittel

Die Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek – auch schon einer entsprechenden Vormerkung – gibt Ihnen ein wirksames Druckmittel gegen Ihren Auftraggeber an die Hand.

  • Die Eintragung verhindert wirtschaftlich den geplanten Verkauf der im Bau befindlichen oder errichteten Häuser. Sie behindert Ihren Auftraggeber auch bei einer evtl. erforderlichen Nachfinanzierung.
  • Hypothek und Vormerkung sichern Ihnen die Rangstelle. Bei einer Zwangsversteigerung wird Ihre Forderung bei der Feststellung des geringsten Gebots und der Verteilung des Versteigerungserlöses berücksichtigt.
  • Sie können Ihre Rechte aus der Hypothek unabhängig vom Insolvenzverfahren geltend machen (und z. B. die Zwangsversteigerung des Grundstücks betreiben).

Der Fall vor dem OLG Hamburg

Im konkreten FalI war ein Architekt u. a. mit der Erwirkung einer Abrissgenehmigung für den Bestand und einer Baugenehmigung für einen Neubau beauftragt worden, der die vermietbare Fläche im Vergleich zum Istzustand um mehr als 40 Prozent erhöhen sollte. Die Genehmigungen wurden erteilt. Der Auftraggeber selbst wollte allerdings gar nicht bauen. Die Planung diente insbesondere der Vorbereitung des Verkaufs des Grundstücks.

Der Architekt beantragte eine einstweilige Verfügung zur Eintragung einer Vormerkung einer Sicherungshypothek gemäß § 650e BGB. Das LG Hamburg lehnte den Anspruch mit der Begründung ab, dass es einer im/am Grundstück verkörperten Wertsteigerung bedürfe und diese regelmäßig den Baubeginn erfordere. Gegen die ablehnende Entscheidung legte der Architekt sofortige Beschwerde ein.

Mit Erfolg! Das OLG Hamburg hat den Anspruch auf die Sicherungshypothek bejaht. Die Auffassung, dass sich die Planungsleistung bereits in Form einer Wertsteigerung im Bauwerk verkörpert haben müsse und dies regelmäßig den Baubeginn voraussetze, gelte in der Neufassung des § 650e BGB ab 2018 nicht mehr. Konsequenterweise hat das OLG Hamburg - und das ist erfreulich – auch seine frühere entgegenstehende und noch zur alten Rechtslage ergangene Rechtsprechung (Beschluss vom 18.03.2009, Az. 14 W 241/09) aufgegeben.

Unter Bezug auf die Gesetzesmaterialien hat das OLG festgestellt, dass der Gesetzgeber im neuen Baurecht hinsichtlich der Sicherungsansprüche nicht an eine Wertsteigerung, sondern ausschließlich an die geleistete Werkleistung anknüpft (§ 650e S. 2 BGB).

Fazit | In einer Ära finanzieller Volatilität müssen auch Sie innovative und rechtlich fundierte Strategien entwickeln, um Ihre Honoraransprüche gegen das Insolvenzrisiko von Auftraggebern abzusichern. Insbesondere die konsequente Nutzung von Abschlagszahlungen, die Einbindung klar definierter Zahlungsfristen in Verträge und die Kenntnis über gesetzliche Sicherungsinstrumente sind unerlässlich, um finanzielle Risiken zu minimieren und die Liquidität zu schützen.

ID: 49905288

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