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SozialversicherungsbeiträgeZu Unrecht gezahlte Beiträge: Wissenswertes zu Auf- bzw. Verrechnung und Erstattung

Abo-Inhalt29.04.20257 Min. Lesedauer

| Zu Unrecht gezahlte Sozialversicherungsbeiträge werden erstattet. So steht es auch im Sozialgesetzbuch. LGP erläutert deshalb, wann es zu einer Erstattung bzw. Auf- oder Verrechnung kommt und wer für die Erstattung zuständig ist. |

Das gilt für die Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge

Nach § 26 Abs. 2 SGB IV, § 351 Abs. 1 SGB III werden zu Unrecht gezahlte Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung erstattet. Zuständig für die Erstattung der zu Unrecht gezahlten Beiträge

  • zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ist die gesetzliche Krankenkasse;
  • zur gesetzlichen Rentenversicherung sind die Rentenversicherungsträger; das sind die Deutsche Rentenversicherung Bund, die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See sowie die regionalen Träger der Deutschen Rentenversicherung, z. B. die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg;
  • zur Arbeitslosenversicherung ist die Agentur für Arbeit, in deren Bezirk die Stelle, an der die Arbeitslosenversicherungsbeiträge entrichtet worden sind, ihren Sitz hat (§ 351 Abs. 2 Nr. 1 SGB III).

Allerdings können Rentenversicherungsträger und Bundesagentur für Arbeit mit den Einzugsstellen (gesetzlichen Krankenkassen) vereinbaren, dass die Einzugsstellen die Erstattung der Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung übernehmen. Hierzu haben der GKV-Spitzenverband, die Deutsche Rentenversicherung Bund sowie die Bundesagentur für Arbeit gemeinsame Grundsätze erarbeitet (Stand: 20.11.2019, Abruf-Nr. 247587).

So wird die Erstattung durchgeführt

Nach § 26 Abs. 2 SGB IV werden in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung zu Unrecht gezahlte Beiträge erstattet. Etwas anderes gilt nur, wenn für den Arbeitnehmer

  • aufgrund dieser Beiträge oder
  • für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht gezahlt worden sind,

Sozialleistungen erbracht wurden. Die zweite Alternative „... für den Zeitraum ...“ gilt nach einem Urteil des BSG vom 25.04.1991 (Az. 12/1 RA 65/89, Abruf-Nr. 244169) nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Sofern jedoch während des Bezugs von Leistungen keine Beitragspflicht bestanden hat, sind die während dieser Zeit zu Unrecht gezahlten Beiträge zu erstatten.

Kein Erstattungsanspruch bei Leistungsbezug

Vor der Erstattung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung und/oder zur gesetzlichen Rentenversicherung ist stets zu prüfen, ob die zu Unrecht gezahlten Abgaben im Zusammenhang mit erbrachten Leistungen an den Arbeitnehmer bzw. Beschäftigten stehen.

Eine Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen scheidet in allen Fällen aus, in denen in der irrtümlichen Annahme eines Versicherungsverhältnisses Abgaben gezahlt und Leistungen durch die Sozialkassen gewährt wurden. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob der einzelne Beitrag sich auf die rechtliche Grundlage der Sozialleistung ausgewirkt hat. Entsprechend ist die Erstattung der vor Beginn einer Sozialleistung gezahlten Abgaben bzw. der für den Versicherungsfall berücksichtigten Beiträge generell ausgeschlossen.

Beispiel

Zu Unrecht wurden Pflichtbeiträge für eine Pflegeperson vom 01.01.2024 bis 31.12.2024 gezahlt. Die verminderte Erwerbsfähigkeit ist am 10.09.2024 eingetreten. Der Rentenantrag datiert vom 24.01.2025. Die unbefristete Rente wegen Erwerbsminderung beginnt am 01.01.2025. Die Rechtsunwirksamkeit der Beitragszahlung wird erst nach Rentenbescheiderteilung erkannt.
Lösung: Die zu Unrecht für die Zeit bis zum 30.09.2024 gezahlten Beiträge wurden in der Rentenberechnung berücksichtigt. Daher ist der Erstattungsausschluss des § 26 Abs. 2 SGB IV auf die vor dem 01.10.2024 liegenden Beiträge begrenzt. Die nach dem 30.09.2024 liegenden Beiträge sind erstattungsfähig.

Dagegen sind die Teile von Sozialversicherungsbeiträgen (Beiträge in nicht voller Höhe), die z. B. aufgrund von Rechenfehlern bei der Ermittlung des Lohnes bzw. Gehalts zu Unrecht gezahlt worden sind, zu erstatten, wenn sie die Sozialleistungen nicht beeinflusst haben; sprich: die Leistungen wären auch ohne die Beitragsüberzahlung unverändert erbracht worden. Eine Beitragserstattung kommt also dann nicht in Betracht, wenn aufgrund der versehentlich zu hohen Beiträge auch höhere Sozialleistungen erbracht worden sind.

Beispiel

Eine Arbeitnehmerin hatte im Januar 2025 ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt von 5.700 Euro. Aus dem Betrag wurden die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung entrichtet. Bei der nächsten Lohnabrechnung erkennt der Sachbearbeiter, dass das monatliche Bruttoentgelt über der Beitragsbemessungsgrenze von 5.512,50 Euro lag. Ab dem 01.04.2025 erhielt die Beschäftigte Krankengeld. Aus den höheren Beiträgen wurde ein höheres Krankengeld gezahlt.
Lösung: Eine Beitragserstattung kommt nicht in Betracht.

Erstattungsanspruch des Beitragstragenden

Der Anspruch auf Beitragserstattung steht dem zu, der die Sozialversicherungsbeiträge getragen hat. Das sind bei Arbeitnehmerbeitragsanteilen die Arbeitnehmer und bei den Arbeitgeberbeitragsanteilen der Arbeitgeber.

Aufrechnung durch den Arbeitgeber

Zu viel gezahlte Sozialversicherungsbeiträge kann

  • die Einzugsstelle (gesetzlichen Krankenkasse) oder die Deutsche Rentenversicherung im Rahmen einer Betriebsprüfung verrechnen, wenn klar ist, dass der Arbeitnehmer die verrechneten Beiträge, soweit sie von ihm getragen wurden, zurückerhält;
  • der Arbeitgeber aufrechnen.

Konkret kann der Arbeitgeber Beiträge in voller Höhe oder Teile der Abgaben zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und/oder Arbeitslosenversicherung, die er zu viel gezahlt hat, in zwei Fällen aufrechnen:

Beispiel

Anlässlich einer Betriebsprüfung werden Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung beanstandet, weil diese zu Unrecht entrichtet wurden, weil keine Versicherungspflicht vorlag. Die beanstandeten Pflichtbeiträge verbleiben als freiwillige Beiträge im Versicherungskonto des Arbeitnehmers.
Lösung: Eine Aufrechnung ist nicht möglich.

Beispiel

Am 01.07.2025 wird festgestellt, dass Beiträge in der Zeit vom 01.01. bis 31.03.2022 an die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung zu viel entrichtet wurden.
Lösung: Eine Aufrechnung kommt nicht in Frage, weil die Beiträge, die zu viel entrichtet wurden, in einem Zeitraum liegen, der mehr als 24 Kalendermonate zurückliegt.
  • Fall 1: Sollen irrtümlich gezahlte Beiträge in voller Höhe aufgerechnet werden, darf der Zeitraum der Zahlung nicht länger als sechs Kalendermonate zurückliegen. Für die Aufrechnung muss der Beschäftigte dem Arbeitgeber eine schriftliche Erklärung abgeben. Diese muss enthalten, dass
    • keine Forderung eines Sozialleistungsträgers vorliegt und im Erstattungszeitraum auch keine Sozialleistungen gewährt wurden und
    • die gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung dem Rentenversicherungsträger nicht als freiwillige Beiträge verbleiben sollen bzw. der Beschäftigte für diese Zeit keine freiwilligen Beiträge nachzahlen will.
  • Fall 2: Soll nur ein Teil der zu Unrecht entrichteten Beiträge aufgerechnet werden, darf der Zeitraum, für den Sozialversicherungsbeiträge zu viel gezahlt wurden, nicht weiter als 24 Kalendermonate zurückliegen. Beruht die Beitragszahlung darauf, dass Abgaben irrtümlich von einem zu hohen Lohn oder Gehalt gezahlt worden sind, so ist eine Aufrechnung der Abgaben ausgeschlossen, wenn der überhöhte Betrag der Bemessung von Geldleistungen an den Versicherten (z. B. Bescheinigung des Arbeitgebers zur Berechnung des Krankengeldes/Übergangsgeldes oder Mutterschaftsgeldes) zugrunde gelegt wurde.

Eine Aufrechnung zu Unrecht gezahlter Beiträge scheidet aus, soweit für den Erstattungszeitraum oder für Teile des Erstattungszeitraums eine (Betriebs-)Prüfung beim Arbeitgeber stattgefunden hat oder wenn von einem Berechtigten Zinsen nach § 27 Abs. 1 SGB IV geltend gemacht werden.

Beispiel

In einem Betrieb fand am 31.03.2025 eine Betriebsprüfung der Deutschen Rentenversicherung statt. Der Prüfzeitraum erstreckte sich auf die Zeit vom 01.01.2021 bis 31.12.2024. Am 13.05.2025 prüft der Arbeitgeber, ob noch eine Aufrechnung für zu viel gezahlte Beträge für die Zeit vom 01.12. bis 31.12.2023 erfolgen kann.
Lösung: Eine Aufrechnung ist ausgeschlossen, weil der Erstattungszeitraum sich im Prüfzeitraum befindet.

Die Durchführung der Aufrechnung im Detail

Die zu viel gezahlten Sozialversicherungsbeiträge sind mit den Sozialabgaben für den laufenden Lohnabrechnungszeitraum aufzurechnen.

Beispiel

Bei einer Lohn- und Beitragsabrechnung einer Beschäftigten im Juni 2025 rechnet der Arbeitgeber die zu viel entrichteten Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung im April 2025 auf.

Erfolgt eine Aufrechnung, weil der Berechnung der Abgaben irrtümlich ein zu hoher Lohn oder ein zu hohes Gehalt zugrunde gelegt wurde, so ist der aufzurechnende Betrag dahingehend zu ermitteln, dass die zunächst unrichtig berechneten Beiträge um die Summe vermindert werden, der sich bei einer Neuberechnung aus dem maßgeblichen beitragspflichtigen Lohn bzw. Gehalt ergibt. Bei der Aufrechnung sind die für den Aufrechnungszeitraum jeweils maßgebenden Beitragsfaktoren zugrunde zu legen.

Alle sich aus Anlass der Aufrechnung ergebenden Berichtigungen und Stornierungen sind in den Entgeltunterlagen zu vermerken.

Bisher erstattete Meldungen sind zu stornieren. Ggf. sind neue Sozialversicherungsmeldungen abzugeben.

Was bei einer Erstattung gilt

Zu Unrecht gezahlte Beiträge, die z. B. wegen Zeitablaufs nicht verrechnet werden können, werden beim Vorliegen der Voraussetzungen auf Antrag erstattet. Die Erstattung kann auch in Form einer Gutschrift (Sollberichtigung) auf dem Beitragskonto erfolgen. Dem Arbeitgeber können auch die Arbeitnehmerbeitragsanteile ausgezahlt werden, wenn klar ist, dass dem Arbeitnehmer die zu viel gezahlten Abgaben erstattet werden.

ID: 50196627

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