SozialversicherungspflichtBSG stellt klar: Versicherungspflicht von Lehrern und Dozenten ist immer einzelfallabhängig
| Ob Lehrende sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, ist von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängig. Es gibt keine gefestigte und langjährige Rechtsprechung, wonach eine lehrende Tätigkeit – insbesondere als Dozent an einer Volkshochschule – bei entsprechender Vereinbarung stets als selbstständig anzusehen wäre, so das BSG. |
Dozent und Volkshochschule hatten freie Mitarbeit vereinbart
Die klagende Volkshochschule bietet u. a. Kurse zur Vorbereitung auf die Erlangung eines Realschulabschlusses auf dem zweiten Bildungsweg an. Ein Dozent vereinbarte mit ihr, Unterricht im Rahmen solcher Kurse in Recht und Politik zu erteilen. Nach den Vertragsbedingungen war ein Weisungsrecht ausgeschlossen. Die Volkshochschule stellte die Unterrichtsräume und stimmte die Unterrichtseinheiten zeitlich mit dem Dozenten ab. Den Unterricht gestaltete der Dozent selbstständig. Er übermittelte regelmäßig eine Leistungseinschätzung für die einzelnen Schüler an die Fachbereichsleitung, die diese in einer Art Zwischenzeugnis von allen Lehrenden zusammenstellte.
BSG: Gefestigte und langjährige Rechtsprechung zu Dozenten gibt es nicht
Die DRV Bund stufte den Dozenten als versicherungspflichtig ein. Das wollte die Volkshochschule nicht hinnehmen und ging bis zum BSG. Vor dem BSG lautete die zentrale Frage, ob in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur sozialversicherungsrechtlichen Statusbeurteilung bei Lehrkräften durch das Herrenberg-Urteil des BSG vom 28.06.2022 (Az. B 12 R 3/20 R, Abruf-Nr. 235470) eine Neuausrichtung liegt, die auch für zurückliegende Zeiträume zu berücksichtigen ist.
Das BSG hat das verneint (BSG, Urteil vom 05.11.2024, Az. B 12 BA 3/23 R, Abruf-Nr. 244615): Die Volkshochschule kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Es besteht keine frühere gefestigte und langjährige Rechtsprechung, wonach eine lehrende Tätigkeit bei entsprechender Vereinbarung stets als selbstständig anzusehen wäre. Einem Vertrauensschutz steht schon der Einzelfallcharakter von Statusentscheidungen entgegen. Die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit wird nicht abstrakt für bestimmte Berufs- und Tätigkeitsbilder vorgenommen. Ein Vertrauensschutz ergibt sich auch nicht aus dem Indiz des Parteiwillens, freie Mitarbeit vereinbaren zu wollen.
Das BSG stellt zudem klar: Soweit sich in jüngeren BSG-Entscheidungen teilweise unterschiedliche Betrachtungsweisen und Bewertungen als in früherer Rechtsprechung – etwa zur Bedeutung äußerer Rahmenbedingungen – finden, handelt es sich um eine dynamische Fortentwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Typusbegriff der Beschäftigung und nicht um eine grundlegende Neuorientierung. Im Ergebnis unterlag der Dozent jedenfalls in der Zeit vom 07.08.2017 bis 22.06.2018 aufgrund von Beschäftigung der Versicherungspflicht. Hinsichtlich der späteren Zeiträume hat das BSG die Sache an das LSG zurückverwiesen; weitere Ermittlungen sind nötig.
Ausgabe: 12/2024, S. 246 · ID: 50230462
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