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Mitarbeitermobilität/LohnabrechnungAusländische Grenzgänger: Das sind die Regelungen zur Grenzgängerregelung mit Frankreich

Top-BeitragAbo-Inhalt12.06.20247 Min. LesedauerVon Martina Kaul, Director, Steuerberaterin, WTS GmbH, Frankfurt am Main

| Gerade Arbeitnehmer, die im Ausland grenznah zu Deutschland wohnen, pendeln oft zur Arbeit nach Deutschland, ggf. mit einer zusätzlichen Vereinbarung über tageweise Home-Office-Tätigkeit im Ausland. Dadurch nimmt die Anzahl der ausländischen Grenzpendler bzw. -gänger tendenziell zu. LGP nimmt das zum Anlass, die steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Regelungen in einer Beitragsserie unter die Lupe zu nehmen. In dieser Ausgabe geht es um die für französische Grenzpendler attraktive Grenzgängerregelung mit Frankreich. |

Regelungen zur Grenzgängerregelung mit Frankreich

Grenzpendler sind Arbeitnehmer, die im Ausland wohnen, aber grundsätzlich arbeitstäglich nach Deutschland pendeln, um für ihren inländischen Arbeitgeber tätig zu werden. Einige Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), u. a. auch das Abkommen zwischen Deutschland und Frankreich, sehen Sonderregelungen für diesen Personenkreis vor. Ist eine derartige Sonderregelung im DBA verankert, wird allgemein nicht mehr von Grenzpendlern, sondern von Grenzgängern gesprochen.

Das DBA Deutschland und Frankreich sieht als Grundsatz die Besteuerung im Tätigkeitsstaat vor. Ein Arbeitnehmer, der in Frankreich wohnt und nach Deutschland zu seinem Arbeitgeber pendelt, wird demnach also grundsätzlich steuerpflichtig in Deutschland.

Eine Abweichung von diesem Tätigkeitsstaatsprinzip stellt die Grenzgängerregelung mit Frankreich in Art 13. Abs. 5 DBA D/F dar. Sind die Voraussetzungen dieser Grenzgängerregelung erfüllt, erfolgt die Besteuerung des französischen Grenzgängers nicht im Tätigkeitsstaat Deutschland, sondern im Ansässigkeitsstaat Frankreich.

Voraussetzungen für Anwendung der Grenzgängerregelung

Die Grenzgängerregelung ist insbesondere deshalb sehr attraktiv für französische Grenzpendler, weil die Besteuerung in Frankreich gegenüber der Besteuerung in Deutschland vergleichsweise niedrig ist. Der Arbeitnehmer wird also ein großes Interesse an der Anwendung der Grenzgängerregelung haben. Arbeitnehmer wie Arbeitgeber sollten sich deshalb mit den Voraussetzungen für die Anwendung der Grenzgängerregelung vertraut machen.

Arbeitnehmer muss innerhalb der Grenzzone wohnen und arbeiten

Die Grenzgängerregelung sieht zunächst eine räumliche Einschränkung vor. Grenzgänger ist demnach nur der Arbeitnehmer, der innerhalb der Grenzzone wohnt und arbeitet.

  • Der Wohnort in Frankreich muss in einer Gemeinde liegen, die maximal 20 km von der Grenze entfernt liegt. Der Wohnsitz selbst darf durchaus weiter entfernt sein. Entscheidend ist, dass die äußerste Grenze der Gemeinde, in der sich der Wohnsitz befindet nicht mehr als 20 km von der Grenze entfernt ist. Dies sind die Départements Haut-Rhin, Bas-Rhin oder Moselle.
  • Wichtig | Der Lebensmittelpunkt/Familienwohnsitz muss sich nicht in der Grenzzone befinden. Deshalb kann die Grenzgängerregelung auch genutzt werden, wenn der Arbeitnehmer ein kleines Apartment als Zweitwohnsitz in der Grenzzone anmietet, um von dort zu pendeln.
  • Der Tätigkeitsort in Deutschland muss sich in einer Entfernung von 30 km Luftlinie zur Grenze befinden (z. B. das Saarland, Teile von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz).

Arbeitstägliches Pendeln und die 45-Tage-Regelung

Grundsätzlich hat ein Grenzpendler arbeitstäglich zu pendeln, also nach Feierabend aus Deutschland an seinen Wohnsitz in Frankreich zurückzukehren, damit die Grenzgängerregelung greift. Kehrt ein Arbeitnehmer nicht täglich an seinen Wohnsitz zurück oder ist er an ganzen Arbeitstagen an Arbeitsorten außerhalb der Grenzzone beschäftigt, kann er gleichwohl seinen Grenzgängerstatus behalten:

  • Das setzt voraus, dass der Arbeitnehmer seine Tätigkeit während des gesamten Kalenderjahrs im Grenzgebiet ausübt und während dieses Zeitraums an maximal 45 Arbeitstagen
    • nicht an seinen Wohnsitz zurückkehrt bzw.
    • außerhalb des Grenzgebietes für seinen Arbeitgeber tätig ist (sog. Nicht-Rückkehr-Tage).
  • Sollte das Beschäftigungsverhältnis nicht das gesamte Kalenderjahr andauern (z. B. bei unterjähriger Tätigkeitsaufnahme), wird abweichend von den 45 Tagen auf 20 Prozent der insgesamt während des Beschäftigungszeitraums geleisteten Arbeitstage abgestellt.

Zu den für die Grenzgängereigenschaft unschädlichen Tagen gehören

  • Arbeitstage im Home-Office in der Grenzzone oder
  • kurzzeitige Tätigkeiten des Arbeitnehmers außerhalb der Grenzzone, wenn am gleichen Tag auch innerhalb der Grenzzone gearbeitet wird.

Somit kann eine eintägige Dienstreise nur dann zu schädlichen Tagen führen, wenn der Arbeitnehmer an dem Tag nicht innerhalb der Grenzzone tätig war. Sprich: Nur ganze Arbeitstage außerhalb der französischen und deutschen Grenzzone sind schädliche Tage.

Beispiel

Arbeitnehmer P wohnt in Straßbourg und ist für die X-GmbH in Saarbrücken tätig. P verlässt seinen Wohnsitz am Dienstagmorgen und fährt zu seinem gewöhnlichen Arbeitsort in Saarbrücken, um dort Unterlagen abzuholen und an einer
internen Besprechung teilzunehmen. Anschließend fährt er zu einem Kundentermin außerhalb des Grenzgebiets. Am Dienstagabend kehrt er noch einmal in sein Büro in Saarbrücken zurück, um über den Kundentermin zu berichten und fährt dann nach Hause nach Straßbourg.
Lösung: Der Dienstag ist kein schädlicher Tag im Sinne der 45-Tage-Grenze; denn P war nicht den ganzen Arbeitstag außerhalb des Grenzgebiets tätig, weil er auch innerhalb der Grenzzone gearbeitet hat (interne Besprechung, Bericht über Kundentermin in Saarbrücken).

Zu den Arbeitstagen, die für die Grenzgängereigenschaft schädlich sind, gehören mehrtägige Dienstreisetage außerhalb der Grenzzone. Bei mehrtätigen Dienstreisen sind sämtliche Reisetage als schädlich anzusehende Arbeitstage einzubeziehen. Ausnahme sind die einzelnen Tage, an denen nicht gearbeitet wird (z. B. Sonntag).

Abwandlung des Beispiels

P verlässt seinen Wohnsitz in Frankreich am Donnerstagmorgen und fährt in sein Büro nach Saarbrücken. Nach einem internen Meeting fährt er noch am gleichen Tag für mehrere Tage zu einer Messe außerhalb der Grenzzone. Erst am darauffolgenden Mittwoch kehrt er an seinen Wohnsitz in Straßbourg zurück. Auf Weisung des Arbeitgebers wird er auch am Samstag auf der Messe tätig.
Lösung: P hat sechs schädliche Nicht-Rückkehr-Tage (Donnerstag, Freitag, Samstag, Montag, Dienstag und Mittwoch). Denn bei mehrtägigen Dienstreisen sind sämtliche Reisetage einzubeziehen; Ausnahme hier ist der arbeitsfreie Sonntag. Ferner ist es unbeachtlich, dass P vor Antritt seiner mehrtägigen Dienstreise noch kurz in seinem Büro in Saarbrücken tätig war.

Erstreckt sich die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers über mehr als einen Tag (z. B. Schichtarbeit, Nachtdienst etc.), so ist kein Nicht-Rückkehrtag anzunehmen.

Rechtsfolgen bei Anwendung der Grenzgängerregelung

Sind die Voraussetzungen für die Anwendung der Grenzgängerregelung erfüllt und ist die Anwendung der Grenzgängerregelung beantragt, kann der deutsche Arbeitgeber vom Lohnsteuereinbehalt in Deutschland absehen. Dazu muss der Grenzgänger mit dem Formular 5011 eine Freistellungsbescheinigung beim zuständigen deutschen Finanzamt beantragt und das Finanzamt muss diese Freistellungsbescheinigung erteilt haben.

Der Grenzgänger wird sodann ausschließlich in seinem Ansässigkeitsstaat Frankreich steuerpflichtig. Die Abführung der Steuer in Frankreich im Rahmen einer französischen Einkommensteuererklärung ist dabei allein die Verpflichtung des Grenzgängers. Der deutsche Arbeitgeber ist nicht dazu verpflichtet, französische Lohnsteuer abzuführen.

Die Rechtsfolgen bei Verlust der Grenzgängereigenschaft

Verliert der Arbeitnehmer seinen Grenzgängerstatus, z. B. weil er mehr als 45 schädliche Nicht-Rückkehrtage hat, finden die allgemeinen Regelungen des DBA zwischen Deutschland und Frankreich Anwendung.

Anteilige Steuerpflicht in Deutschland für deutsche Arbeitstage

Demnach wird der Grenzgänger beschränkt steuerpflichtig in Deutschland mit dem anteiligen Gehalt für deutsche Arbeitstage. Der inländische Arbeitgeber muss darauf entsprechend deutsche Lohnsteuer berechnen und abführen. Dieser Lohnsteuereinbehalt hat grundsätzlich abgeltende Wirkung, d. h. der Arbeitnehmer ist nicht dazu verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung in Deutschland abzugeben (unterstellt, dass der Arbeitnehmer keine weiteren privaten Einkünfte aus deutschen Quellen erzielt, die zu einer Erklärungspflicht in Deutschland führen).

Praxistipp | Der Arbeitnehmer kann auf Antrag als fiktiv unbeschränkt einkommensteuerpflichtig betrachtet werden. In diesem Fall kann er vom Familiensplitting und dem Abzug von Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen profitieren, was einem lediglich beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmer verwehrt wird. Die Beantragung der fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht ist allerdings nicht in jedem Fall vorteilhaft, da in Frankreich steuerpflichtige Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehalts, also zur Ermittlung des persönlichen Steuersatzes herangezogen werden. Es wird daher empfohlen, bei Wegfall der Grenzgängereigenschaft im Zweifel eine Vergleichsberechnung durchzuführen, um festzustellen, ob im konkreten Fall die fiktiv unbeschränkte Steuerpflicht vorteilhaft ist oder eben nicht.

Besteuerungsrecht für Arbeitstage in Frankreich/Drittstaat bei Frankreich

Das Besteuerungsrecht für Arbeitstage in Frankreich oder Drittstaaten steht Frankreich als Ansässigkeitsstaat zu. In Frankreich hat der Arbeitnehmer eine Einkommensteuererklärung einzureichen.

Fazit | Die Grenzgängerregelung im DBA D/F stellt für französische Grenzgänger eine steuerlich attraktive Regelung dar. Sofern es aus geschäftlicher Sicht möglich ist, sollten Reisen außerhalb der Grenzzone bewusst so gesteuert werden, dass 45 Nicht-Rückkehrtage nicht überschritten werden.
Weiterführende Hinweise
  • Liste der deutschen Gemeinden in der Grenzregion → www.iww.de/s11041

AUSGABE: LGP 7/2024, S. 143 · ID: 49991926

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