ArbeitgeberleistungenDas neue „49-Euro Ticket“ und die (lohn-)steuerlichen Spielregeln
| Seit dem 01.05.2023 gilt das von der Bundesregierung eingeführte 49-Euro- bzw. Deutschland-Ticket. Da die finanziellen Vorteile insbesondere für Pendler immens sind, ist nicht nur mit einer hohen Nachfrage, sondern auch mit vielen Pendlern zu rechnen, die erstmals das Auto zugunsten von „Öffis“ in der Garage stehen lassen. Doch selbst die geringen Ticketkosten müssen Arbeitnehmer nicht alleine stemmen. Arbeitgeber können steuer- und beitragsfreie Unterstützungen leisten. Grund genug, damit sich LGP ausgiebig den Vorteilen und Möglichkeiten widmet. |
Das 49-Euro-Ticket kurz erklärt
Mit dem Deutschland- bzw. 49-Euro-Ticket können alle Personen seit dem 01.05.2023 deutschlandweit für nur 49 Euro im Monat in allen Verkehrsmitteln im Nahverkehr in der zweiten Klasse reisen (ÖPNV und SPNV). Begünstigt sind bspw. Fahrten mit U- und S-Bahnen, Straßenbahnen, Trambahnen, Stadt- und Regionalbussen, aber auch Regionalzügen wie dem IRE, dem RE oder der RB. Das Ticket gilt allerdings nicht in Fernverkehrs-Zügen wie dem ICE, IC oder dem EC. Zudem ist das Ticket personengebunden und nicht übertragbar. Es handelt sich bei dem Ticket gewissermaßen um eine „Flatrate für den Regionalverkehr“, weil mit einem gültigen Ticket der Regionalverkehr unbegrenzt oft im Monat genutzt werden kann. Zudem ist das Ticket nicht an Landes- oder Tarifgrenzen gebunden, sodass auch bundeslandübergreifende Reisen vereinfacht werden.
Das Ticket kann nur als jährliches Abonnement erworben werden. Entweder mit monatlicher oder jährlicher Zahlungsweise. Das Abo kostet pro Monat 49 Euro und ist monatlich bis zum Zehnten eines Monats zum Ende des Kalendermonats kündbar. Erfolgt die Kündigung also z. B. bis zum 10.06., dann verliert das Ticket ab Juli seine Gültigkeit. Soweit eine Bahncard vorhanden ist, rabattiert sich der Ticketpreis nicht.
Zudem handelt es sich bei den 49 Euro lediglich um den Einführungspreis. Der Preis kann sich also künftig ändern. Da der Preis an die Inflation gebunden ist, dürfte 2024 die erste Preiserhöhung erfolgen.
Berufspendler mit deutlicher Ersparnis
Durch das 49-Euro-Ticket in Kombination mit der Entfernungspauschale profitieren insbesondere Berufspendler aufgrund der Vielzahl an Fahrten. Um die Ersparnis und auch die Möglichkeiten aufzuzeigen, dient folgendes Ausgangsbeispiel. Dieses wird im folgenden Beitrag nach und nach fortentwickelt:
Beispiel |
Pendler benutzt Pkw für 20 km und ... Arbeitnehmer A, Steuerklasse I, konfessions- und kinderlos, fährt im Jahr an 230 Tagen zur Arbeit. Die einfache Entfernung beträgt 20 Kilometer, und sein Bruttoarbeitslohn beläuft sich auf monatlich 3.000 Euro. A fragt sich, was ihn die Fahrten zur Arbeit derzeit im Jahr kosten. Für die Fahrten nutzt er momentan einen Pkw, der durchschnittlich 0,35 Euro je km kostet. |
Lösung: Zum Vergleich: |
Fortführung des Beispiels |
Alternativ nutzt Pendler 49-Euro Ticket und ... A nutzt das 49-Euro Ticket für die Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte. |
Lösung: Zum Vergleich: |
Wichtig | Anstelle der Entfernungspauschale können Arbeitnehmer gemäß § 9 Abs. 2 S. 2 EStG auch die tatsächlichen Aufwendungen für die Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte als Werbungskosten geltend machen, wenn diese zu einem höheren Abzug führen. Aufgrund der geringen Ticketpreise dürfte das aber der Ausnahmefall sein. Denn der Preis für zwölf Monatstickets von 588 Euro wird bereits bei 230 Arbeitstagen und einer einfachen Entfernung zur ersten Tätigkeitsstätte von neun Kilometern überschritten (230 Tage x 9 Kilometer x 0,30 Euro = 621 Euro).
Arbeitgeber können Arbeitnehmer unterstützen
Die geringen Ticketkosten können auch Arbeitgeber dazu animieren, ihren Arbeitnehmern beim Erwerb eines Deutschland-Tickets finanziell zu unterstützen. Denkbar sind drei Varianten:
- 1. Kostenzuschuss an den Arbeitnehmer
- 2. Überlassung eines verbilligten oder kostenlosen Jobtickets
- 3. Gehaltsumwandlung zugunsten eines Jobtickets
LGP erklärt, wie sich jede der drei Varianten auf die finanzielle Belastung des Arbeitnehmers und auf die den Arbeitgeber treffenden Kosten auswirkt.
1. Kostenzuschuss an den Arbeitnehmer
Entscheidet sich der Arbeitgeber dazu, an den Arbeitnehmer einen Zuschuss zu den Aufwendungen für das 49-Euro-Ticket zu leisten, dann ist der Zuschuss für den Arbeitnehmer gemäß § 3 Nr. 15 EStG steuer- und über § 1 Abs. 1 SvEV auch beitragsfrei in der Sozialversicherung. Zudem kann der Arbeitgeber den Zuschuss als Betriebsausgabe absetzen. Einzige Voraussetzung: Der Zuschuss muss zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden (§ 8 Abs. 4 EStG). Damit sind nur „echte“ Zuschüsse privilegiert. Eine Gehaltsumwandlung oder ein Gehaltsverzicht zugunsten eines Zuschusses würde keine Steuer- und Beitragsfreiheit auslösen. Der Zuschuss wäre dann steuer- und beitragspflichtig.
Wichtig | Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 15 EStG kann für alle Arbeitnehmer des Arbeitgebers genutzt werden. Begünstigt sind neben Voll- und Teilzeitkräften auch Führungskräfte, Azubis, Aushilfen, Ruheständler und Minijobber.
Leistet der Arbeitgeber einen nach § 3 Nr. 15 EStG steuerfreien Zuschuss, mindert dieser beim Arbeitnehmer die nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG abzugsfähige Entfernungspauschale. Deshalb sind die Zahlungen des Arbeitgebers in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für den Arbeitnehmer auszuweisen (§ 41b Abs. 1 Nr. 6 EStG, § 4 Abs. 2 Nr. 4 LStDV). Zudem muss der Arbeitgeber zum Nachweis der zweckentsprechenden Verwendung des Zuschusses vom Arbeitnehmer eine Kopie des Tickets zum Lohnkonto nehmen.
Fortführung des Beispiels |
Trotz Zuschuss zu 49-Euro-Ticket Steuerersparnis Arbeitnehmer A erhält von seinem Arbeitgeber einen monatlichen steuerfreien Zuschuss zu dem Deutschland-Ticket in Höhe von 49 Euro. |
Lösung: A ist aufgrund des Zuschusses nicht mit dem Ticket belastet. Er kann aber weiterhin die Entfernungspauschale absetzen. Diese reduziert sich von bisher 1.380 Euro um die Zuschüsse in Höhe von jährlich 588 Euro. Effektiv setzt A deshalb 792 Euro ab, sodass seine Steuerersparnis 238 Euro beträgt (30 Prozent). Der Arbeitgeber kann die Kosten für das Ticket als Betriebsausgabe absetzen. Zum Vergleich: |
Wichtig | Viele Arbeitgeber haben bereits vor der Einführung des 49-Euro-Tickets andere vom Arbeitnehmer abgeschlossene Tickets steuer- und beitragsfrei bezuschusst. Sie müssen nun den Zuschuss ggf. reduzieren, wenn die Aufwendungen des Arbeitnehmers ab Mai 2023 durch Umstellung auf ein 49-Euro-Ticket sinken. Denn die Zuschüsse sind nur insoweit steuer- und beitragsfrei, wie sie die Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten mit dem Nahverkehr nicht übersteigen. Nicht entsprechend für das 49-Euro-Ticket anwendbar ist die vom BMF mit Schreiben vom 30.05.2022 (Az. IV C 5 – S 2351/19/10002 :007, Abruf-Nr. 229455) eingeführte Vereinfachung für das von Juni bis August 2022 befristete „9-Euro-Ticket“, wonach es für § 3 Nr. 15 EStG im Jahr 2022 ausnahmsweise auf eine jahresbezogene Betrachtung ankam.
2. Überlassung eines verbilligten oder kostenlosen Jobtickets
Statt der Kostenerstattung kann der Arbeitgeber das 49-Euro-Ticket erwerben und es dem Arbeitnehmer als Jobticket verbilligt oder kostenlos überlassen. Da das 49-Euro-Ticket nur den Nahverkehr umfasst, ist die verbilligte oder kostenlose Überlassung des Tickets nach § 3 Nr. 15 EStG steuer- und über § 1 Abs. 1 SvEV beitragsfrei. Auch hier muss der Arbeitnehmer das Jobticket zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erhalten (§ 8 Abs. 4 EStG). Das Jobticket bleibt auch dann steuer- und beitragsfrei, wenn der Arbeitnehmer es ausschließlich für private Fahrten nutzt. Parallel kann der Arbeitgeber die Kosten des Jobtickets als Betriebsausgabe absetzen und muss keine Sozialabgaben darauf (Arbeitgeberanteile) abführen.
Praxistipp | Bei der verbilligten Überlassung sollten Arbeitgeber mindestens 25 Prozent des Ausgabepreises für das 49-Euro-Ticket übernehmen (also 12,25 Euro). Dann greift nämlich ein weiterer Vorteil: Der Ticketpreis von 49 Euro reduziert sich auf 46,55 Euro. Eine monatliche Ersparnis von fünf Prozent, welche vorbehaltlich einer Verlängerung aktuell noch bis zum 31.12.2024 gilt. |
Wichtig | Auch diese steuerfreien Leistungen mindern beim Arbeitnehmer die Entfernungspauschale. Deshalb hat der Arbeitgeber den steuerfreien Vorteil in der Lohnsteuerbescheinigung auszuweisen (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 LStDV).
Abwandlung des Beispiels |
Die verbilligte Überlassung des Jobticket ... Der Arbeitgeber schließt für A ein Deutschland-Ticket ab. Dabei übernimmt er 25 Prozent des Ausgabepreises von 49 Euro, also 12,25 Euro. Dadurch reduziert sich der Ticketpreis um fünf Prozent auf 46,55 Euro. Den verbleibenden Betrag von 34,30 Euro (46,55 ./. 12,25 Euro) hat A zu übernehmen. |
Lösung: Die 46,55 Euro (jährlich 558,60 Euro) sind beim Arbeitgeber als Betriebsausgabe abzugsfähig. Den von A gezahlten Eigenanteil von monatlich 34,30 Euro (jährlich 411,60 Euro) muss der Arbeitgeber als Betriebseinnahme erfassen. Der Vorteil von monatlich 12,25 Euro (jährlich 147 Euro) ist bei A steuer- und beitragsfrei. Er mindert die bei A abzugsfähige Entfernungspauschale von 1.380 Euro auf 1.233 Euro; die Steuerentlastung bei A beträgt 370 Euro (30 % x 1.233 Euro). ... zahlt sich für beide aus Zum Vergleich: |
Abwandlung des Beispiels |
Durch die kostenlose Überlassung des Jobtickets hat A eine große Ersparnis Der Arbeitgeber übernimmt die vollen Ticketkosten. |
Lösung: Die vom Arbeitgeber gezahlten und rabattierten 46,55 Euro (jährlich 558,60 Euro) sind bei diesem als Betriebsausgabe abzugsfähig. Der Vorteil von monatlich 46,55 Euro (jährlich 558,60 Euro) ist bei A steuer- und beitragsfrei. Er mindert die bei A abzugsfähige Entfernungspauschale von 1.380 Euro auf 821 Euro, sodass die Steuerentlastung bei A noch 246 Euro beträgt (30 Prozent von 821 Euro). Zum Vergleich: |
3. Gehaltsumwandlung zugunsten eines Jobtickets
Eine Gehaltsumwandlung oder ein Gehaltsverzicht zugunsten des Tickets sind nicht nach § 3 Nr. 15 EStG steuerfrei, es fehlt an der Zusätzlichkeit. Allerdings kann durch eine Gehaltsumwandlung dennoch ein Vorteil generiert werden, wenn der Arbeitgeber den Vorteil durch das Ticket nach § 40 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 EStG zu seinen Lasten der pauschalen Lohnsteuer von 25 Prozent unterwirft. Dann ist er zwar mit der pauschalen Lohnsteuer belastet (25 Prozent zzgl. Soli), er spart sich jedoch die Arbeitgeberanteile zu den Sozialversicherungen (ca. 21 Prozent). Unterm Strich kommt es dadurch nur zu einer minimalen Mehrbelastung. Der Arbeitnehmer spart ebenfalls die Arbeitnehmeranteile zu den Sozialversicherungen. Zudem unterliegt der Vorteil durch das Ticket aufgrund der Pauschalbesteuerung nicht mehr der individuellen Besteuerung. Weiterer Vorteil für den Arbeitnehmer: Aufgrund der pauschalen Versteuerung mit 25 Prozent reduziert sich auch nicht die beim Arbeitnehmer abzugsfähige Entfernungspauschale (vgl. § 40 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 EStG).
Abwandlung des Beispiels |
Der Arbeitgeber von A schlägt eine Gehaltsumwandlung vor. Der Bruttolohn soll um 49 Euro reduziert und im Gegenzug soll ein 49-Euro-Ticket überlassen werden. Der Vorteil durch das Ticket soll pauschal versteuert werden. |
Pauschalierung bei Gehaltsumwandlung kostet Arbeitgeber ... Ergebnis: Der jährliche Aufwand des Arbeitgebers beläuft sich also auf minimale 34 Euro, während der Arbeitnehmer jährlich 257 Euro spart. Effektiv kostet den Arbeitnehmer das 49-Euro-Ticket damit jährlich nur 331 Euro (12 x 49 Euro = 588 Euro; 558 Euro ./. 257 Euro = 331 Euro). Zudem kann der Arbeitnehmer weiter die Entfernungspauschale mit 1.380 Euro absetzen. Ersparnis: 414 Euro (30 Prozent). Die Ersparnis sind somit 83 Euro. |
Zum Vergleich: |
Gesamtvergleich der Beispiele | ||
Varianten | Kosten Arbeitnehmer | Kosten Arbeitgeber* |
Fahrt mit Pkw des ArbN | 2.806 Euro | 0 Euro |
49-Euro-Ticket vom Arbeitnehmer bezahlt | 174 Euro | 0 Euro |
49-Euro-Ticket vom Arbeitnehmer + 100 % Zuschuss Arbeitgeber | ./. 238 Euro | 588 Euro |
49-Euro-Ticket vom Arbeitgeber + 25 % Kostenübernahme | 42 Euro | 147 Euro |
49-Euro-Ticket vom Arbeitgeber + 100 % Kostenübernahme | ./. 246 Euro | 559 Euro |
Gehaltsumwandlung zugunsten 49-Euro-Ticket + Pauschalierung | ./. 83 Euro | 34 Euro |
* Der Arbeitgeber kann die Kosten als Betriebsausgabe absetzen. Bei einem Steuersatz von 30 Prozent (z. B. bei einer Kapitalgesellschaft) ist er effektiv nur mit 70 Prozent der Kosten belastet. |
Vorsteuerabzug des Arbeitgebers?
Sollte der Arbeitgeber das 49-Euro-Ticket erwerben und es Arbeitnehmern überlassen, dann stellt sich neben dem Betriebsausgabenabzug auch die Frage nach dem Vorsteuerabzug. Im Ticketpreis ist Umsatzsteuer enthalten, die grundsätzlich nach § 15 UStG zu einem Vorsteuerabzug berechtigen könnte. Allerdings scheidet für den Arbeitgeber ein Vorsteuerabzug aus, weil die vom Beförderungsunternehmen ausgeführte Leistung nicht vom Arbeitgeber, sondern vom Arbeitnehmer bezogen wird (siehe auch BMF, Schreiben vom 15.02.1994 und Abschnitt 15.5 Abs. 1 S. 1 und 2 UStAE).
Sollten die Arbeitnehmer Zuzahlungen an den Arbeitgeber leisten, so unterliegen diese nicht der Umsatzsteuer. Es handelt sich um einen durchlaufenden Posten i. S. v. § 10 Abs. 1 S. 5 UStG. Gleichermaßen erfolgt auch keine Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe aufgrund der kostenlosen bzw. verbilligten Überlassung an den Arbeitnehmer.
- LGP stellt Ihnen alle Gestaltungsmöglichkeit zum 49-Euro-Ticket auch in einem 15-minütigen Lehrvideo vor. Das Video finden Sie auf lgp.iww.de → Rubrik „Lehrvideos“.
AUSGABE: LGP 5/2023, S. 100 · ID: 49325726