DienstwagenFahrzeugpool: So wird der geldwerte Vorteil richtig versteuert
| Stehen Arbeitnehmern Dienstwagen auch für private Fahrten bzw. für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte zur Verfügung, unterliegt der geldwerte Vorteil der Besteuerung und den Sozialabgaben. Probleme gibt es in der Praxis vor allem dann, wenn die Arbeitnehmer laufend wechselnde Fahrzeuge verwenden – sich also an einem Fahrzeugpool bedienen. LGP zeigt daher anhand von Beispielen, wie sich bei einem Fahrzeugpool der geldwerte Vorteil ermittelt und welche Möglichkeiten die Arbeitnehmer haben. |
Geldwerter Vorteil ist steuer- und beitragspflichtig
Gemäß § 8 Abs. 2 S. 2 EStG unterliegt die Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs durch den Arbeitnehmer für private Zwecke als geldwerter Vorteil der Besteuerung. Zugleich fallen auch Sozialabgaben an. Zusätzlich unterliegt gemäß § 8 Abs. 2 S. 3 EStG auch die Nutzung des Fahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte als weiterer geldwerter Vorteil der Besteuerung und den Sozialabgaben. Steht dem Arbeitnehmer immer das identische Fahrzeug zur Verfügung, ist die Ermittlung des geldwerten Vorteils einfach: Es wird entweder auf Basis des Bruttolistenneupreises die Ein-Prozent-Regelung angewandt (bzw. für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte die 0,03-Prozent-Regelung), oder anhand eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs der geldwerte Vorteil individuell ermittelt.
Beispiel 1 |
Außendienstler A hat von seinem Arbeitgeber einen Dienstwagen erhalten. A nutzt diesen für berufliche und private Fahrten sowie für Fahrten zwischen seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte (einfache Entfernung 15 km). Der Bruttolistenpreis beträgt 30.000 Euro. Lösung: A hat für den überlassenen Dienstwagen monatlich einen geldwerten Vorteil in Höhe von 435 Euro zu versteuern und zu verbeitragen (30.000 Euro x 1 % = 300 Euro zzgl. 30.000 Euro x 0,03 % x 15 km = 135 Euro). |
Das Problem bei einem Fahrzeugpool
Eine individuelle Ermittlung des geldwerten Vorteils für einen Arbeitnehmer ist nur möglich, wenn der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer einen Dienstwagen dauerhaft zur Nutzung überlässt. Stehen dem Arbeitnehmer dagegen laufend wechselnde Fahrzeuge aus einem Fahrzugpool zur Verfügung, kann der geldwerte Vorteil nicht so einfach ermittelt werden. Denn der Arbeitgeber weiß nicht, welcher Arbeitnehmer an welchen Tagen welches Fahrzeug für Privatfahrten bzw. für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte verwendet hat. Daher ist eine abweichende fahrzeugbezogene Berechnung erforderlich, die das BMF im Schreiben vom 03.03.2022 (Az. IV C 5 – S 2334/21/10004, Rz. 14, Abruf-Nr. 228043) verankert hat.
Fahrzeugpool und Ein-Prozent-Regelung
Stehen Arbeitnehmern für Privatfahrten laufend wechselnde Fahrzeuge aus einem Fahrzeugpool zur Verfügung, so ist zunächst für alle Fahrzeuge der Bruttolistenneupreis zu ermitteln und mit einem Prozent anzusetzen. Der so als geldwerter Vorteil für sämtliche Fahrzeuge ermittelte Nutzungswert wird addiert und in einem zweiten Schritt auf die nutzungsberechtigten Arbeitnehmer verteilt. Es ergibt sich der individuelle steuer- und beitragspflichtige Arbeitslohn (vgl. auch BFH, 15.05.2002, Az. VI R 132/00, Abruf-Nr. 020755).
Unerheblich ist es dabei, ob die Anzahl der Fahrzeuge im Fahrzeugpool die Anzahl der nutzenden Arbeitnehmer übersteigt oder unterschreitet. Genauso macht es keinen Unterschied, ob ein Arbeitnehmer mehr oder weniger als andere Arbeitnehmer auf den Fahrzeugpool zugreift und ob ein Arbeitnehmer in Voll- und ein anderer Arbeitnehmer in Teilzeit beschäftigt wird.
Beispiel 2 |
Ein Arbeitgeber verfügt über einen Fahrzeugpool, der aus drei Fahrzeugen besteht. Die Bruttolistenpreise betragen 20.000 Euro, 30.000 Euro und 40.000 Euro. Alle Fahrzeuge können und werden von den fünf Arbeitnehmern auch für private Zwecke genutzt. Keinem Arbeitnehmer wurde ein Fahrzeug zur alleinigen Privatnutzung zugeordnet. Lösung: Für die Privatnutzung müssen insgesamt 900 Euro als geldwerter Vorteil erfasst werden (20.000 Euro x 1 %; 30.000 Euro x 1 % und 40.000 Euro x 1 %). Da die Nutzung durch fünf Arbeitnehmer erfolgt, muss jeder Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil von 180 Euro (1/5 x 900 Euro) versteuern und verbeitragen. |
Fahrzeugpool am besten in mehrere Unterpools untergliedern Praxistipp | Diese individuelle Durchschnittsberechnung bedingt notwendigerweise, dass der Arbeitgeber laufend die Ermittlung des geldwerten Vorteils anpassen muss. Denn sobald sich die Anzahl der nutzenden Arbeitnehmer verändert oder ein Fahrzeug aus dem Fahrzeugpool ausscheidet bzw. ein neues Fahrzeug zum Fahrzeugpool hinzu kommt, ergeben sich für die Ermittlung des geldwerten Vorteils Änderungen. Für die Praxis hat es sich daher bewährt, einen größeren Fahrzeugpool in mehrere Unterpools zu untergliedern und diese Unterpools jeweils nur wenigen Arbeitnehmern zuzuordnen. |
Fahrzeugpool und 0,03-Prozent-Regelung
Etwas anders erfolgt die Ermittlung des geldwerten Vorteils für die Nutzung des Fahrzeugpools für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Hier wird zwar zunächst ebenfalls für jedes Fahrzeug der Bruttolistenneupreis ermittelt und mit 0,03 Prozent angesetzt. Die Gesamtsumme wird jedoch sofort auf die Anzahl der nutzungsberechtigten Arbeitnehmer verteilt.
Erst im nächsten Schritt wird der Anteil mit der individuellen einfachen Entfernung des Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte multipliziert. Dadurch wird erreicht, dass für den Fall, dass weniger Fahrzeuge als Nutzungsberechtigte vorhanden sind, der Sachbezug für die Fahrten zum Betrieb nicht höher ausfällt als bei einer fiktiven Zurechnung je eines der gemeinschaftlich genutzten Firmenfahrzeuge bei genau einem Arbeitnehmer.
Beispiel 3 |
... und erster Tätigkeitsstätte je Nutzer ermittelt Die Arbeitnehmer aus Beispiel 2 verwenden die Fahrzeuge auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Die einfache Entfernung für die Arbeitnehmer beträgt fünf, zehn, 15, 25 und 40 Kilometer. Lösung: Der addierte und für jedes Fahrzeug mit 0,03 Prozent angesetzte Bruttolistenpreis beträgt 27 Euro (20.000 Euro x 0,03 Prozent; 30.000 Euro x 0,03 Prozent und 40.000 Euro x 0,03 Prozent). Da die Nutzung durch fünf Arbeitnehmer erfolgt, sind für jeden 5,40 Euro maßgebend (1/5 x 27 Euro). Damit errechnet sich folgender geldwerte Vorteil bei den fünf Arbeitnehmern: |
Fahrzeugpool bestehend aus wechselnden Mietwagen
Handelt es sich bei den Fahrzeugen um ständig wechselnde Mietwagen, ändert sich an der Ermittlung des geldwerten Vorteils nichts. Lediglich die Ermittlung der nun maßgebenden Bruttolistenpreise erschwert sich. Oft kann dieser in der Praxis jedoch bereits dem Mietvertrag entnommen oder durch eine Nachfrage beim Vermieter in Erfahrung gebracht werden. Sollten die Mietwagen regelmäßig innerhalb des Monats wechseln, weil sie nur kurzfristig angemietet wurden (z. B. Mietwagen 1 vom 01.04. bis zum 10.04., Mietwagen 2 vom 11.04. bis zum … usw.), sind die Bruttolistenpreise nur zeitanteilig zu berücksichtigen (Bruttolistenpreis Mietwagen 1 mit 10/30tel ansetzen).
Das gleiche gilt für Autohäuser, die ihren Arbeitnehmern laufend wechselnde Vorführwagen in einem Fahrzeugpool zur Verfügung stellen.
Einzelbewertung kann unbillige Ergebnisse reduzieren
Die Praxis zeigt, dass diese pauschale Ermittlung bei einem Fahrzeugpool oft zu unbilligen Ergebnissen führt. Nutzt ein Arbeitnehmer etwa überwiegend ein Fahrzeug mit einem gemessen am Fahrzeugpool unterdurchschnittlichen Bruttolistenpreis, muss er dennoch einen nach dem Durchschnittswert bemessenen geldwerten Vorteil versteuern und verbeitragen. Parallel wird derjenige Arbeitnehmer begünstigt, der überwiegend ein Fahrzeug mit einem überdurchschnittlich hohen Bruttolistenpreis nutzt. Zudem kann es zu einem unverhältnismäßig hohen geldwerten Vorteil kommen, wenn die Anzahl der nutzungsberechtigten Arbeitnehmer die Zahl der Fahrzeuge im Pool übersteigt und einzelne Arbeitnehmer die Fahrzeuge unterdurchschnittlich oft nutzen.
Wahlrecht zur Einzelbewertung mit 0,002 Prozent zulässig
Die Arbeitnehmer haben bei der Nutzung von Poolfahrzeugen abweichend von der obigen Ermittlung des geldwerten Vorteils für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitstätte die Wahl: Sie können im Rahmen der persönlichen Einkommensteuerveranlagung zu einer Einzelbewertung übergehen. Danach wird abweichend von dem mit einem Durchschnittswert ermittelten geldwerten Vorteil für die tatsächliche Anzahl von Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte der Nutzungsvorteil mit 0,002 Prozent des Bruttolistenpreises je Entfernungskilometer für genau das Fahrzeug bemessen, das der Arbeitnehmer verwendet hat (BMF, 03.03.2022, Rz. 13):
Beispiel 4 |
... am jeweils genutzten Fahrzeug bemessen Arbeitnehmer E aus Beispiel 3 macht geltend, dass er tatsächlich den Pkw mit dem Bruttolistenpreis von 20.000 Euro an 80 Tagen und den Pkw mit dem Bruttolistenpreis von 30.000 Euro an 35 Tagen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte verwendet hat. An den übrigen Tagen ist er mit einem privaten Fahrzeug gefahren. Lösung: Der geldwerte Vorteil belief sich bisher auf 2.592 Euro (12 Monate x 216 Euro). Er reduziert sich aufgrund der Einzelbewertung wie folgt auf 2.120 Euro: |
Voraussetzungen für Einzelbewertung nach 0,002-Prozent-Methode
Um die Einzelbewertung anwenden zu können, muss der Arbeitnehmer jeden einzelnen Kalendertag benennen, an dem er eine Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte durchgeführt hat. Zudem muss das jeweils genutzte Fahrzeug des Pools angegeben werden. Eine pauschale Aussage von z. B. 105 Fahrten im Jahr 2022 genügt nicht. Zudem kann der Arbeitnehmer nicht innerhalb eines Kalenderjahrs zwischen 0,03-Prozent-Regelung und 0,002-Prozent-Methode wechseln. Er muss sich immer für das gesamte Kalenderjahr entscheiden, welches Verfahren angewandt werden soll.
Praxistipp | Diese Einzelbewertung kann auch bereits im Rahmen der Lohnabrechnung vorgenommen werden. Der Arbeitgeber hat dann die Einzelaufzeichnungen des Arbeitnehmers als Beleg zum Lohnkonto zu nehmen (BMF, 03.03.2022, Rz. 13). Der Vorteil besteht dann darin, dass sich neben der Lohnsteuer auch die Sozialabgaben reduzieren. |
- Vereinbarung über die Nutzung von Poolfahrzeugen → Abruf-Nr. 47352032
AUSGABE: LGP 2/2023, S. 49 · ID: 48647083