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MitunternehmerSteuerbegünstigung des § 13a ErbStG auf fiktiven Nießbrauch nach § 29 Abs. 2 ErbStG anwendbar

Abo-Inhalt24.09.202545 Min. LesedauerVon WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin

| Die schenkweise Einräumung einer Unterbeteiligung an einer KG, durch die der Beschenkte die Stellung eines Mitunternehmers erlangt, ist auch dann nach § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG i. d. F. bis 31.12.08 (ErbStG) begünstigt, wenn der Beschenkte nach einem Widerruf der Schenkung für den Zeitraum, für den ihm die Nutzungen des zugewendeten Vermögens zugestanden haben, nach § 29 Abs. 2 ErbStG wie ein Nießbraucher zu behandeln ist (BFH 19.3.25, II R 34/22). |

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionsbeklagte (K) ist Gesellschafter der A-KG, B-KG und C-KG. An diesen Beteiligungen räumte K im Jahr 2004 seiner Tochter T jeweils eine Unterbeteiligung von 30 % derart ein, dass T Mitunternehmerin wurde. K behielt sich in den Schenkungsverträgen ein Widerrufsrecht u. a. für den Fall vor, dass ihm nach Vertragsschluss ein weiterer oder mehrere weitere leibliche eheliche Abkömmlinge geboren werden oder Änderungen des ErbStG oder des BewG verabschiedet werden, die zu einer geringeren Belastung der Vermögensübertragung führen. Das FA gewährte die Steuerbegünstigung gemäß § 13a ErbStG.

Im Jahr 2009 erklärte K wegen des ErbStRG vom 24.12.08 (BStBl I 09, 140) gegenüber T den Widerruf der Schenkung von 95 % der Unterbeteiligung an der A-KG. Im Jahr 2011 erklärte K sodann den Widerruf der Schenkung der Unterbeteiligungen an der B-KG und an der C-KG. Im Jahr 2011 vereinbarte K mit T, dass die Rückübertragungen jeweils auf einen bestimmten Stichtag im Jahr 2011 vollzogen werden. Die Gewinnanteile, Zinsen und sonstigen Nutzungen, die bis zum Stichtag an der jeweiligen Unterbeteiligung entstanden sind, sollten bei der T verbleiben.

Das FA behandelte die bis zur Rückübertragung von T gezogenen Nutzungen gemäß § 29 Abs. 2 ErbStG als Nießbrauch der Anteile an der jeweiligen KG und versagte die Steuerbegünstigung des § 13a ErbStG. Durch den Widerruf der Schenkung sei die Mitunternehmerstellung der T rückwirkend entfallen. Das FG Baden-Württemberg (11.5.22, 7 K 1550/20, EFG 23,403) folgte dem K. Die Steuerbegünstigung des § 13a ErbStG sei auch zu gewähren, wenn der ehemals Beschenkte infolge des Widerrufs der Schenkung durch den Schenker nach § 29 Abs. 2 ErbStG wie ein Nießbraucher behandelt werde.

Entscheidungsgründe

Für die von T bis zum Widerruf der Schenkung gezogenen Nutzungen, die nach § 29 Abs. 2 ErbStG der Besteuerung zugrunde gelegt wurden, ist die Steuerbegünstigung des § 13a ErbStG zu gewähren (BFH 19.3.25, II R 34/22, Abruf-Nr. 249401).

Merke | Die Voraussetzungen der Steuerbegünstigung des § 13a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2, Abs. 4 Nr. 1 ErbStG lagen im Zeitpunkt der Ausführung der Schenkungen an T vor. § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG erfasst auch den Erwerb eines Anteils an einem Mitunternehmeranteil und damit auch eine Unterbeteiligung an einer Mitunternehmerschaft. Die Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung nach § 13a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2, Abs. 4 Nr. 1 ErbStG sind nicht infolge des Widerrufs der Schenkung durch K entfallen. Die Steuerbegünstigung ist auch auf die Besteuerung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 ErbStG anzuwenden. Da der Widerruf der Schenkungen durch K erst mit Wirkung zum jeweils gewählten Stichtag in 2011 erfolgte, entfiel ihre Mitunternehmerstellung durch den Widerruf nicht rückwirkend.

Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erlischt die Steuer mit Wirkung für die Vergangenheit, soweit ein Geschenk wegen eines Rückforderungsrechts herausgegeben werden muss. Es können nicht nur gesetzliche, sondern auch vertragliche Rückforderungsrechte bei Herausgabe des Geschenks zu einem Erlöschen der Steuer führen, sofern sie ihre Grundlage in dem ursprünglichen Vertragsschluss haben. § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist auch im Falle einer Schenkung unter benanntem Widerrufsvorbehalt – wie im Streitfall – anwendbar (z. B. Kepper in: Kapp/Ebeling, § 29 ErbStG Rz 31).

Muss die Schenkung aufgrund eines Rückforderungsrechts nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG herausgegeben werden, ist der Erwerber gemäß § 29 Abs. 2 ErbStG für den Zeitraum, für den ihm die Nutzungen des zugewendeten Vermögens zugestanden haben, wie ein Nießbraucher zu behandeln. Die ursprüngliche Steuer wird aber nicht erstattet, soweit dem Erwerber vor der Rückgabe Nutzungen zugestanden haben und diese ihm auch nach Herausgabe der Schenkung verbleiben.

Beachten Sie | Teilweise wird vertreten, § 29 Abs. 2 ErbStG begründe eine neue Steuerpflicht für den Nutzungsvorteil, die an die Stelle der ursprünglichen, nunmehr erloschenen Steuerpflicht trete, weil der ursprüngliche Zuwendungsgegenstand kraft Gesetzes durch einen neuen Zuwendungsgegenstand „fiktiver Nießbrauch“ ausgetauscht werde (Weinmann in: Moench/Weinmann, § 29 ErbStG Rn. 24; vgl. auch R E 29 S. 3 und 4 ErbStR 2019). Nach überwiegender Auffassung regelt § 29 Abs. 2 ErbStG dagegen keinen neuen Erwerbstatbestand in Gestalt eines fiktiven Nießbrauchs. Die Vorschrift stellt vielmehr klar, dass eine Erstattung der Steuer nicht in Betracht kommt, soweit dem Erwerber die Nutzungen des zugewendeten Vermögens zugestanden haben und er bereichert bleibt. Es werde somit nur eine Beschränkung der ursprünglich steuerpflichtigen Schenkung auf den verbleibenden Nutzungsvorteil sichergestellt.

Ergebnis: Der ursprüngliche Erwerb besteht damit nach herrschender Meinung in den Fällen des § 29 Abs. 2 ErbStG in gemindertem Umfang weiter (so z. B. Pahlke in: Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG, 8. Aufl., § 29 Rn. 101; FG Schleswig-Holstein 9.10.08, 3 K 111/06, EFG 09, 40). Der BFH schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an.

Ohnehin beabsichtigte der Gesetzgeber mit § 29 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 ErbStG keine neue „Gesamtaufrollung“ des Falles, sondern lediglich eine Kürzung der festgesetzten Steuer, soweit sich die ursprünglich zugrunde gelegte Bereicherung aufgrund der Herausgabe des Geschenks nachträglich verringert hat (vgl. BT-Drucks. VI/3418, S. 75 zum damaligen § 27 ErbStG).

Da T mit Wirkung für die Vergangenheit als Mitunternehmerin besteuert bleibt, verbleiben ihr nach § 29 Abs. 2 ErbStG auch die Nutzungen entsprechend einem mitunternehmerischen Nießbraucher, der die Verschonung nach den §§ 13a ff. ErbStG als Erwerber eines Mitunternehmeranteils beanspruchen kann (BFH 1.9.11, II R 67/09, BStBl II 13, 210, Rn. 64; 25.11.20, II R 36/18, BFH/NV 21, 933, Rn. 21; so auch Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 2.11.12, BStBl I 12, 1101).

Relevanz für die Praxis

Wird eine Grundstücksschenkung rückgängig gemacht, ist auch der Schenkungsteuerbescheid, der diese Grundstücksschenkung als Vorerwerb berücksichtigt, nach Aufhebung des Schenkungsteuerbescheids bezüglich der Grundstücksschenkung gemäß § 29 Abs. 2 ErbStG i. V. m. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO zu ändern, da sich der Wert des Vorerwerbs wegen der Fiktion des § 29 Abs. 2 ErbStG geändert hat (FG Schleswig-Holstein 9.10.08, 3 K 111/06, rkr.).

AUSGABE: ErbBstg 10/2025, S. 238 · ID: 50540773

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