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Einkommen- und GewerbesteuerGewerbesteuer-Anrechnung: Wem steht die Anrechnung im Erbfall zu?
| Hat eine Gesellschaft ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr, ist für die Berechnung der Steuerermäßigung nach § 35 EStG nicht auf das Ende des gewerbesteuerrechtlichen Erhebungszeitraums abzustellen, sondern auf das Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahrs (BFH 10.4.25, IV R 21/22, Abruf-Nr. 248394). |
Berechnung der Steuerermäßigung bei abweichendem Wirtschaftsjahr
Bei Mitunternehmerschaften sind der Gewerbesteuer-Messbetrag und die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer gesondert und einheitlich festzustellen. Zudem ist der auf den einzelnen Mitunternehmer entfallende Anteil festzustellen. Der BFH hatte nunmehr zu klären, wem die Gewerbesteuer-Anrechnung bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr einer Personengesellschaft zuzurechnen ist, wenn der Mitunternehmer nach Ende des Wirtschaftsjahres – aber vor dem Kalenderjahreswechsel – verstirbt. Der Entscheidungsfall verhielt sich folgendermaßen:
- Das Wirtschaftsjahr der Personengesellschaft lief im Streitjahr 2018 vom 1.7. bis zum 30.6. des Folgejahres.
- Der bisherige Mitunternehmer C verstarb im August 2018.
- Erben waren die Ehefrau (1/2) und die Tochter (1/2).
- Die Gewerbesteuer-Anrechnung nach § 35 EStG wurde den Erben – und nicht dem Erblasser – gewährt.
Nach Auffassung der Finanzverwaltung sei auf den Gewinnverteilungsschlüssel der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Entstehung der Gewerbesteuer abzustellen. Die Gewerbesteuer entstehe mit Ablauf des Kalenderjahres (§ 14 S. 2 GewStG). Dieser gewerbesteuerliche Entstehungszeitpunkt solle auch bei abweichendem Wirtschaftsjahr gelten. Der BFH schloss sich dieser restriktiven Auffassung aber nicht an (BFH 10.4.25, IV R 21/22). Bei einem kalenderjahrungleichen Wirtschaftsjahr erfolge vielmehr die Verteilung des Steuerermäßigungsbetrags nach § 35 EStG auf diejenigen Gesellschafter, die zum Ende des vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres an der Personengesellschaft beteiligt seien (Rz. 23).
Beachten Sie | Zu dieser Rechtsfrage lag bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor. Die BFH-Entscheidung gilt in allen noch offenen Fällen. Das BMF-Schreiben vom 3.11.16 (BStBl I 16, 1187) bestimmt in Rz. 28, dass der festgestellte Gewerbesteuermessbetrag auf die Gesellschafter aufzuteilen ist, die zum Ende des gewerbesteuerlichen Erhebungszeitraums beteiligt sind. Das BMF-Schreiben bedarf der Anpassung. Die Praxisfolgen aus der neuen BFH-Rechtsprechung sind im jeweiligen Einzelfall zu prüfen. Im Entscheidungsfall war die Anrechnung bei dem Erblasser günstiger, weil die Erben nur geringe Einkünfte erzielten und die Gewerbesteuer-Anrechnung ins Leere lief. Ein Anrechnungswahlrecht besteht jedoch nicht.
AUSGABE: ErbBstg 10/2025, S. 237 · ID: 50540832
