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SozialversicherungspflichtVertretung durch Poolärzte vor dem Aus? – BSG erteilt Selbstständigkeit eine Absage

Abo-Inhalt08.12.2023176 Min. LesedauerVon RAin, FAin MeR Dr. Christina Thissen, Münster, voss-medizinrecht.de

| Im März 2023 hatte das Sozialgericht (SG) Landshut die Tätigkeit eines Vertretungsarztes in Räumen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) im Rahmen des Notdienstes als selbstständige Tätigkeit eingestuft (CB 10/2023, Seite 9). Zur Sozialversicherungspflicht von Vertretungsärzten, die Notdienste im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung mit der KV/KZV übernehmen (sog. Poolärzte) hat nun das Bundessozialgericht anders entschieden (Urteil vom 24.10.2023, Az. B 12 R 9/21 R). Das Urteil wird sich nachhaltig auf die zentralisierte Notdienstvertretungsorganisation auswirken. |

Zahnarzt klagt erfolgreich auf Feststellung abhängiger Beschäftigung

Während sich der betroffene Vertreter im Verfahren vor dem SG Landshut erfolgreich gegen die Einstufung als sozialversicherungspflichtige Tätigkeit zu Wehr setzte, war die Ausgangslage im nun vom BSG aktuell entschiedenen Fall genau umgekehrt. Ein Poolzahnarzt der KZV Baden-Württemberg wurde im Rahmen seiner Vertretertätigkeit als selbstständig eingestuft. Der betroffene Zahnarzt klagte hiergegen erfolgreich auf Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses.

Die Vertretertätigkeit fand in Räumen der KZV statt. Nicht-(zahn-)ärztliches Personal und Material wurden vor Ort gestellt. Schichten durfte er lediglich mit anderen, am Notdienst teilnehmenden Zahnärzten tauschen und sich nicht extern vertreten lassen. Gegenüber den Patienten hat er nicht selbst abgerechnet, sondern wurde für seinen Einsatz auf Stundenbasis vergütet.

So begründete das BSG seine Entscheidung

Das BSG sah beim Kläger aufgrund der Gesamtumstände kein nennenswertes unternehmerisches Risiko und eine Einbindung in die Strukturen der KZV. Auch für Tätigkeiten im (zahn-)ärztlichen Notdienst bestimme sich der sozialversicherungsrechtliche Status nach den Gesamtumständen des Einzelfalls. Besonderheiten des Vertrags-(Zahn-)arztrechts rechtfertigten keine abweichende Entscheidung, sodass der Kläger bei der KZV sozialversicherungspflichtig beschäftigt sei.

Fazit | Die oben geschilderte Ausgestaltung des Notdienstes entspricht dem Standard im Poolvertretungsmodell. Somit betrifft das Urteil nicht nur den zahnärztlichen Notdienst in Baden-Württemberg, sondern jeden zentralisierten ärztlichen und zahnärztlichen Notdienst im ganzen Bundesgebiet. Es ist zu hoffen, dass der Gesetzgeber kurzfristig auf das BSG-Urteil reagiert und die Vertreter im kassen-(zahn-)ärztlichen Notdienst genau wie die Notärzte von der Sozialversicherungspflicht befreit. Andernfalls wird man in den KVen und KZVen sicherlich aus Kostengründen von der Poolvertretung Abstand nehmen müssen. Presseberichten zufolge haben die ersten KVen schon solche Schritte angekündigt.

AUSGABE: CB 1/2024, S. 16 · ID: 49806505

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