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§ 7 EStGAnforderungen an ein Gutachten

Abo-Inhalt11.08.20257889 Min. Lesedauer

Für den Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer eines Gebäudes gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG ist eine Zertifizierung des Gutachters als Sachverständiger für Immobilienbewertung nach DIN EN ISO/IEC 17024 nicht zwingend erforderlich. Die hinreichende Qualifizierung eines Sachverständigen im Hinblick auf ein erstelltes Gutachten zur Restnutzungsdauer eines Gebäudes kann sich auch ohne Zertifikat aus anderen Umständen ergeben.

Hintergrund

Nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG können anstelle der Absetzungen nach Satz 1 der Vorschrift die der tatsächlichen Nutzungsdauer eines Gebäudes entsprechenden AfA vorgenommen werden. Nutzungsdauer im gesetzlichen Sinne ist der Zeitraum, in dem ein Gebäude voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann (§ 11c Abs. 1 Satz 1 EStDV).

§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG räumt dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht ein („können“), ob er sich mit dem typisierten festen AfA-Satz nach Satz 1 der Vorschrift zufriedengibt oder eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer geltend macht. Entsprechend trägt er die Darlegungslast. Dabei kann er sich zur Darlegung einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer jeder sachverständigen Methode bedienen, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint.

Entscheidung

Die gewählte Methode muss über die maßgeblichen Determinanten der Nutzungsdauer – z. B. technischer Verschleiß, wirtschaftliche Entwertung, rechtliche Nutzungsbeschränkungen – Aufschluss geben. Gerade wegen des Umstands, dass für die Richtigkeit der zu schätzenden Nutzungsdauer nur eine größtmögliche Wahrscheinlichkeit sprechen muss, würde die Feststellungslast des Steuerpflichtigen überspannen, wenn der Schätzung eine bestimmte Gutachtenmethodik (z. B. Bausubstanzgutachten) oder ein bestimmtes Ermittlungsverfahren zwingend zugrunde liegen müsste. Entsprechend kann auch eine Gutachtenmethode, durch die die Restnutzungsdauer eines Gebäudes modellhaft wirtschaftlich bestimmt wird, als Nachweis für die Inanspruchnahme des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG genügen.

Zudem lassen sich die weitergehenden Anforderungen und Einschränkungen, die die Finanzverwaltung in Rz. 23 f. des BMF-Schreibens vom 22.2.2023 (BStBl I 23, 332) für den Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer durch Sachverständigengutachten aufstellt, dem Gesetz jedenfalls nicht vollständig entnehmen. Denn weder § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG noch § 11c Abs. 1 Satz 1 EStDV geben vor, auf welche Weise und anhand welcher Gutachtenmethode der Zeitraum, in dem ein Gebäude voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann, zu schätzen ist. Daher ist die Anweisung des BMF in Rz. 24 seines Schreibens, die „bloße Übernahme“ einer Restnutzungsdauer aus einem Verkehrswertgutachten reiche als Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer nicht aus, nicht tragfähig. Insbesondere die sachverständige Ermittlung der Restnutzungsdauer gemäß § 6 Abs. 6 ImmoWertV 2010 (inzwischen § 4 Abs. 3 ImmoWertV 2021, BGBl I 21, 2805) ist eine gutachterlich anerkannte Schätzungsmethode, die ohne eine gesetzliche Anordnung für steuerrechtliche Schätzungen nicht ausgeschlossen werden kann.

Entsprechend ist ein auf die Vorgaben der betreffenden Immobilienwertermittlungsverordnung gestütztes Sachverständigengutachten auch geeignet, Aufschluss über die für die tatsächliche Nutzungsdauer maßgeblichen Determinanten zu geben. § 4 Abs. 3 Satz 1 ImmoWertV 2021 ordnet eine wirtschaftliche Bestimmung der Restnutzungsdauer an, stellt somit nicht auf den technischen Verschleiß eines Gebäudes ab.

Überdies wäre es verfehlt zu fordern, dass sich ein Sachverständigengutachten zu sämtlichen für die Restnutzungsdauer maßgeblichen Determinanten verhalten müsste. Begründet der Steuerpflichtige die kürzere tatsächliche Nutzungsdauer mit einer wirtschaftlichen Abnutzung oder einer auf rechtlichen Gegebenheiten beruhenden früheren Entwertung, bedarf es keiner sachverständigen Feststellung zum technischen Verschleiß des Gebäudes, da die kürzere wirtschaftliche oder rechtliche Nutzungsdauer entweder nur bedingt oder zumeist gar nicht vom technischen Gebäudezustand abhängig ist.

Fundstelle
  • FG Münster 2.4.25, 14 K 654/23 E, iww.de/astw, Abruf-Nr. 249538

ID: 50507841

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