Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe Dez. 2024 abgeschlossen.
FüllungstherapieAmalgamverbot ab dem 01.01.2025: Was ist Kassenleistung? Und gibt es noch Mehrkosten?
| Zum 01.01.2025 treten die Neuregelungen im Zusammenhang mit dem Amalgamverbot in Kraft (vgl. (AAZ 11/2024, Seite 1, Abruf-Nr. 50198183 und AAZ 08/2024, Seite 5 f.). Dieser Beitrag geht ausführlich auf die Fragen ein, welche Füllungsmaterialien welche Abrechnung auslösen und ob eine Mehrkostenvereinbarung überhaupt noch möglich ist. |
Die wichtigste Nachricht: Die Mehrkostenvereinbarung bleibt
Die wichtigste Nachricht vorweg: Die Mehrkostenvereinbarung bleibt zulässig. Für welche Füllungsvarianten Mehrkosten infrage kommen und wie diese korrekt berechnet werden, zeigen die Beispiele am Ende des Beitrags.
Wie schon berichtet, haben die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und der Spitzenverband der GKV Regelungen geschaffen, dass auch nach dem Inkrafttreten des Amalgamverbots zuzahlungsfreie Füllungen im Seitenzahnbereich möglich sind. Gleichzeitig wird der Sachleistungsanspruch des GKV-Patienten dem Grunde nach erhalten, wenn er höherwertige Versorgungen wählt. Die Krankenkasse übernimmt nach wie vor die Kosten in Höhe der Vertragsleistung, wie sie nun neu im BEMA definiert wurde.
Beschluss des Bewertungsausschusses
Der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 02.10.2024 tritt ab dem 01.01.2025 in Kraft und beinhaltet die folgenden wesentlichen Änderungen:
- Neubewertung der Füllungspositionen 13a bis dDiese Änderungen wurden beschlossen
- Wegfall der Füllungspositionen 13e bis h
- Im Frontzahnbereich sind adhäsiv befestigte Füllungsmaterialien das Mittel der Wahl.
- Im Seitenzahnbereich gehören selbstadhäsive Materialien zur vertragszahnärztlichen Versorgung, in Ausnahmefällen auch Bulkfill-Komposite.
- Für die Füllungen 13a bis d kommen alle anerkannten und erprobten plastischen Füllungsmaterialien gemäß ihrer medizinischen Indikation zur Anwendung.
Die Leistungsbeschreibung der BEMA-Nr. 13 wird wie folgt gefasst:
„Präparieren einer Kavität, Füllen mit plastischem Füllungsmaterial, einschließlich einer erforderlichen Unterfüllung, dem Anlegen einer Matrize oder der Benutzung anderer Hilfsmittel zur Formung der Füllung sowie dem Polieren“
F1 | a) einflächig | 33 |
F2 | b) zweiflächig | 41 |
F3 | c) dreiflächig | 53 |
F4 | d) mehr als dreiflächig oder Eckenaufbau im Frontzahnbereich unter Einbeziehung der Schneidekante | 63 |
Folgende Abrechnungsbestimmungen wurden vereinbart:
- „1. Mit der Abrechnung der Nr. 13 ist die Verwendung jedes ausreichenden, zweckmäßigen, erprobten und praxisüblichen plastischen Füllungsmaterials abgegolten. Im Frontzahnbereich sind adhäsiv befestigte Füllungen Gegenstand der vertragszahnärztlichen Versorgung. Im Seitenzahnbereich sind selbstadhäsive Materialien, im Ausnahmefall Bulkfill-Komposite Gegenstand der vertragszahnärztlichen Versorgung. Versicherte, die im Sinne von § 28 Abs. 2 SGB V eine darüber hinausgehende Versorgung wählen, haben die Mehrkosten selbst zu tragen; hierüber ist vor Beginn der Behandlung eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Zahnarzt und dem Versicherten zu treffen. Die bundesmantelvertraglichen Regelungen sind zu beachten. Folgende Restaurationen gehen über die vertragszahnärztliche Versorgung hinaus: Füllungen in Mehrfarbentechnik zur ästhetischen Optimierung, von Satz 3 nicht erfasste adhäsiv befestigte Füllungen im Seitenzahnbereich, Einlagefüllungen, Goldhämmerfüllungen.Selbstadhäsives Material, ggf. Bulkfill-Komposite im Seitenzahnbereich
- 2. Das Legen einer Einlagefüllung sowie die gegebenenfalls im Zusammenhang mit der Herstellung und Eingliederung erbrachte Anästhesie oder durchgeführten besonderen Maßnahmen sind nicht Bestandteil der vertragszahnärztlichen Versorgung; eine der Einlagefüllung vorausgegangene Behandlung des Zahnes ist nach der jeweiligen BEMA-Nummer abrechenbar.Einlagefüllungen sind nach wie vor nicht nach BEMA abrechenbar
- 3. Das Vorbereiten eines zerstörten Zahnes zur Aufnahme einer Krone ist nach Nr. 13a oder b abzurechnen.
- 4. Neben den Leistungen nach Nrn. 13a und b kann die Leistung nach Nr. 16 nicht abgerechnet werden.
- 5. Bei Füllungen nach Nr. 13 ist die Lage der Füllung in der Bemerkungsspalte anzugeben. Für die Bezeichnung der Füllungslage sind folgende Abkürzungen bzw. Ziffern zu verwenden:
- m = 1 = mesial
- o = 2 = okklusal/inzisal
- d = 3 = distal
- v = 4 = vestibulär (bukkal / zervikal bzw. labial)
- l = 5 = lingual bzw. palatinal“
Aufgrund dieser Änderungen mussten bei zwei weiteren BEMA-Leistungen die Abrechnungsbestimmungen angepasst werden:
- 1. In der Abrechnungsbestimmung zu BEMA-Nr. 27 wird der Satzteil „eine der Nrn. 13a bis h oder 14“ geändert in „eine Leistung nach Nrn. 13a bis d oder 14“.
- 2. Abrechnungsbestimmung Ziffer 2 zu BEMA-Nr. 18 wird wie folgt gefasst: „Neben einer Leistung nach Nr. 18a kann eine Leistung nach Nrn. 13a oder b für das Vorbereiten eines zerstörten Zahnes zur Aufnahme einer Krone abgerechnet werden.“
Was ist das zuzahlungsfreie Füllungsmaterial?
Da Quecksilber ab dem 01.01.2025 laut EU-Verordnung nicht mehr verwendet werden darf, muss ein anderes Füllungsmaterial die Berechnungsbasis für die sog. zuzahlungsfreie preisgünstigste plastische Füllung sein, wovon der Gesetzgeber in § 28 SGB V spricht. Der Sachleistungsanspruch innerhalb der GKV auf eine mehrkostenfreie Füllung bleibt grundsätzlich erhalten.
Da es, wie zu erwarten, keine One-fits-all-Lösung geben konnte, liegt es im Entscheidungsbereich jedes Vertragszahnarztes, im Einzelfall aufgrund seiner fachlichen Expertise zu entscheiden, welches konkrete Füllungsmaterial aus der Vielzahl aller erprobten und praxisüblichen plastischen Materialien aufgrund seiner Eigenschaften in der konkreten Patientensituation indiziert ist. Dabei muss er die Vorgaben der allgemeinen Behandlungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung beachten.
Die BEMA-Nrn. 13e–h sind entfallen. Damit läuft die bisherige Ausnahmeregelung, bezogen auf die bisherige Anwendbarkeit dieser Leistungen im Seitenzahnbereich bei Amalgamunverträglichkeit, ins Leere.
Merke | Wichtig ist somit zu unterscheiden, was die Begriffe „selbstadhäsiv“, „adhäsiv befestigt bzw. zu befestigen“ und „Bulkfill-Komposite“ bedeuten. Das wird auch in der Kommunikation mit den Patienten für eine eventuelle Mehrkostenvereinbarung eine wichtige Rolle spielen, denn es ist davon auszugehen, dass fachunkundigere Kreise (z. B. bestimmte Medien, evtl. auch Kostenträger) die Begriffe nicht exakt abgrenzen und Patienten dahin gehend „aufklären“, dass nun die „weiße Kunststofffüllung“ ohne Zuzahlung Kassenleistung sei. |
Im Frontzahnbereich sind die Regelungen unverändert: Dort sind nach wie vor adhäsiv befestigte Füllungen, also Kompositfüllungen, das Mittel der Wahl. Lediglich die Mehrfarbentechnik oder ggf. Einlagefüllungen überschreiten den Sachleistungsanspruch.
Für den Seitenzahnbereich gilt nun Folgendes:
Unter dem Begriff „selbstadhäsiv“ sind in diesem Sinne diejenigen Materialien gemeint, die im Gegensatz zu adhäsiv befestigten bzw. zu befestigenden Füllungsmaterialien kein spezielles, zusätzliches Adhäsiv in einem separaten Arbeitsschritt benötigen (Primer, Bonding usw.). In der aktuellen Diskussion zeigt sich, dass die Zahnärzteschaft sich diesbezüglich positionieren muss. Gehören bspw. hochvisköse Glasionomerzemente (GIZ), GIZ-Komposit-Hybrid-Materialien oder Alkasite zu dieser Gruppe, oder nicht?
Bulkfill-Komposit-Materialien sind dann die zuzahlungsfreie Vertragsleistung, wenn eine Füllung mit selbstadhäsiven Materialien lege artis nicht möglich ist. Das kann z. B. an der Ausdehnung und/oder Lage der Kavität liegen. Bei Bulkfill handelt es sich grundsätzlich um ein adhäsiv zu befestigendes Material. Ob dieses aufgrund der Formulierung „in Ausnahmefällen“ speziell für größere Kavitäten oder Defekte indiziert ist, bei denen wiederum in Richtung Aufbaufüllung und nachfolgende prothetische Versorgung abzugrenzen wäre, obliegt der individuellen Entscheidung im Einzelfall.
Praxistipp | Zum Themenkomplex „Amalgamalternativen“ hat die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde e. V. (DGZMK) aktuell eine Sonderseite mit einer FAQ-Liste veröffentlicht (online unter iww.de/s11961) |
Ist Amalgam noch zulässig?
Zwar darf Dentalamalgam grundsätzlich für die zahnärztliche Behandlung nicht mehr verwendet werden. Es gibt jedoch weiterhin die Ausnahme in Situationen, in denen der Zahnarzt eine solche Behandlung wegen der spezifischen medizinischen Erfordernisse im konkreten Einzelfall als zwingend notwendig erachtet. Das kann bspw. an einer allgemeinen Grunderkrankung oder Behinderung liegen, wenn eine absolute Trockenlegung im Rahmen einer dringenden Schmerzbehandlung nicht möglich ist.
Wichtig | Die Frage wird hier sein, ob wegen des mit der EU-Verordnung einhergehenden Vertriebsverbotes Dentalamalgam überhaupt noch eingekauft werden kann.
Wann ist die Mehrkostenvereinbarung möglich?
Die gesetzlichen Regelungen in § 28 SGB V zur Mehrkostenvereinbarung sind nicht verändert worden. Damit bleibt es dabei, dass die Krankenkasse die Kosten für die im BEMA festgelegten Füllungsvarianten übernimmt. Darüber hinaus haben die Patienten die Entscheidungsfreiheit für eine höherwertige Versorgung und behalten ihren Sachleistungsanspruch.
Die Mehrkostenvereinbarung ist somit ab 01.01.2025 für folgende Situationen vorstellbar:
- adhäsiv befestigte Kompositfüllungen im Frontzahnbereich mit Mehrfarbentechnik zur ästhetischen OptimierungIn diesen Fällen ist eine Mehrkostenvereinbarung möglich
- adhäsiv befestigte Kompositfüllungen im Seitenzahnbereich
- laborgefertigte Einlagefüllungen (aus Keramik, Edelmetall, Kunststoff)
- theoretisch: Goldhämmerfüllung
In dem Zuge sei noch einmal klargestellt, dass ein Vertragszahnarzt immer auch die zuzahlungsfreie Versorgung anbieten muss. Anderenfalls verstößt er gegen seine vertragszahnärztlichen Pflichten.
Es obliegt dem Zahnarzt, die Patienten sachgerecht zu informieren und aufzuklären, worin die Vorteile der genannten höherwertigen Versorgungen bestehen. Nach wie vor gilt: Nur wenn diese Aufklärung korrekt erfolgt war und eine schriftliche Mehrkostenvereinbarung (auf Papier!) vor Beginn der Behandlung getroffen wurde, besteht ein wirksamer, also im Streitfalle auch durchsetzbarer Zuzahlungsanspruch.
Bei der Mehrkostenvereinbarung ist nun nicht mehr zu überlegen, welche Sachleistung in Abzug zu bringen ist. Durch den Wegfall der BEMA-Nrn. 13 e–h wird auch bei einem 13-jährigen Patienten oder bei einer schwangeren Patientin oder einem Erwachsenen mit nachgewiesener Amalgamallergie im Seitenzahnbereich immer eine der BEMA-Nrn. 13a–d über die KZV abgerechnet.
Beispiele für die Abrechnung
Die Beispiele 1 und 2 beziehen sich auf den Frontzahnbereich; hier gelten die bekannten Regelungen unverändert fort.
1. Patientin 24 Jahre alt, schwanger; Eckenaufbau im Frontzahnbereich (Zahn 12) in Komposit; keine Mehrfarbentechnik gewünscht | ||
Leistung | BEMA/GOZ | Bemerkungen |
F4 – vierflächige Füllung bzw. Eckenaufbau im FZB | BEMA-Nr. 13d | Keine MKV gewünscht Sachleistung |
2. Patient 40 Jahre alt; einflächige Füllung vestibulär (Zahn 42) in Komposit, Mehrfarbentechnik gewünscht | ||
Leistung | BEMA/GOZ | Bemerkungen |
F1 – einflächige Füllung | Nr. 2060 GOZ abzgl. BEMA-Nr. 13a | MKV gewünscht zuzahlungspflichtig |
Die Beispiele 3 bis 6 beziehen sich auf den Seitenzahnbereich; hier sind die neuen Regelungen zu beachten.
3. Patientin, 50 Jahre alt; GIZ-Füllung okklusal an Zahn 16, selbstadhäsiv | |||
Leistung | Regelung bis zum 31.12.24 | Regelung ab dem 01.01.25 | Bemerkungen |
F1 – einflächige Füllung | BEMA-Nr. 13a | BEMA-Nr. 13a | Zuzahlungsverbot |
4. Schwangere Patientin, 30 Jahre alt; Kompositfüllung m-o-d an Zahn 25 | |||
Leistung | Regelung bis zum 31.12.24 | Regelung ab dem 01.01.25 | Bemerkungen |
F3 – dreiflächige Füllung | BEMA-Nr. 13g Zuzahlungsverbot | Nr. 2100 GOZ abzgl. BEMA-Nr. 13c | MKV gewünscht zuzahlungspflichtig |
5. Patient, 40 Jahre alt, Amalgamallergie; Kompositfüllung o-d an Zahn 36 | |||
Leistung | Regelung bis zum 31.12.24 | Regelung ab dem 01.01.25 | Bemerkungen |
F2 – zweiflächige Füllung | BEMA-Nr. 13f Zuzahlungsverbot | Nr. 2080 GOZ abzgl. BEMA-Nr. 13b | MKV gewünscht zuzahlungspflichtig |
6. Schwangere Patientin, 30 Jahre alt; Einlagefüllung Keramik m-o-d an Zahn 25 | |||
Leistung | Regelung bis zum 31.12.24 | Regelung ab dem 01.01.25 | Bemerkungen |
F3 – dreiflächige Füllung | Nr. 2170 GOZ abzgl. BEMA-Nr. 13g | Nr. 2170 GOZ abzgl. BEMA-Nr. 13c | MKV gewünscht zuzahlungspflichtig |
Beispiel Nr. 6 wäre sinngemäß für alle Einlagefüllungen bei Prämolaren/Molaren anzuwenden, wenn es eine der Kontraindikationen für Amalgam gibt (Schwangere, Kinder und Jugendliche, Niereninsuffizienz/Amalgamallergie).
Wichtig | Eine evtl. Amalgamfüllung wird, je nach Füllungsflächen, wie gehabt nach einer der BEMA-Nr. 13a–d abgerechnet.
AUSGABE: AAZ 12/2024, S. 6 · ID: 50240506