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LabormedizinWie sind Laborkontrollen nach bariatrischen OPs bei GKV-Patienten abzurechnen?
| Frage: „Wir haben einige gesetzlich versicherte Patienten (GKV-Patienten), die nach einer Magen-Bypass-OP in unsere Praxis kommen und eine Laborkontrolle mit einer großen Anzahl von Laborparametern wünschen, wie z. B. Vitamin D, E, A, K, B1, B12, Zink, Leber- und Nierenwerte sowie viele mehr. In den Kliniken wird den Patienten mitgeteilt, dass die Laborkontrollen (einmal im Quartal) von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Ist das so? Gibt es eine Labor-Ausschlusskennung? Oder ist das eine Privatleistung?“ |
Inhaltsverzeichnis
- Die S3-Leitlinie der DGAV empfiehlt nach bariatrischen Eingriffen die Kontrolle zahlreicher Laborparameter ...
- ... aber der EBM sieht keine Abrechnung zulasten der GKV vor!
- Nach der GOÄ sind alle von der DGAV empfohlenen Kontrollen berechnungsfähig
- Steigende Fallzahl erfordert Abrechnung zulasten der GKV, wenigstens aber eine Ausnahmekennung
Antwort: Zurzeit sind die o. g. Untersuchungen nicht zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) berechnungsfähig. Doch in den letzten Jahren ist die Zahl bariatrischer Operationen deutlich gestiegen. Das Problem der Nachsorge und damit auch der Kosten ist daher von wachsendem Interesse – auch und vor allem bei Hausärzten. Dabei gibt es verschiedene Aspekte, unter denen das Problem beleuchtet werden muss.
Die S3-Leitlinie der DGAV empfiehlt nach bariatrischen Eingriffen die Kontrolle zahlreicher Laborparameter ...
Im Jahr 2018 hat die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) die S3-Leitlinie „Chirurgie der Adipositas und metabolischer Erkrankungen“ veröffentlicht (AWMF-Register Nr. 088-001) [1]. Nach dieser Leitlinie, die derzeit überarbeitet wird, sollen postoperative Laborkontrollen nach adipositaschirurgischen Eingriffen nach sechs und zwölf Monaten und dann in jährlichen Abständen erfolgen, und zwar individuell entsprechend des Operationsverfahrens und der Komorbiditäten. Dabei sollten mindestens folgende Parameter kontrolliert werden:
- Kleines Blutbild und Elektrolyte, Leber- und Nierenwerte, Blutzucker und HbA1c (nur bei Diabetikern), Vitamin B1, B12, Albumin, Kalzium, Folsäure, Ferritin,
- Bei allen Bypass-Verfahren: 25(OH) D3, Parathormon, Vitamin A,
- Bei distalen Bypässen: Zink, Kupfer, Selen, Magnesium.
Diese Empfehlung wurde mit einem Expertenkonsens von 70-90 Prozent Zustimmung ausgesprochen.
... aber der EBM sieht keine Abrechnung zulasten der GKV vor!
Zunächst muss festgehalten werden, dass es für die im Rahmen der Nachsorge durchgeführten Laboruntersuchungen keine Ausschlusskennnummer gibt, die es ermöglicht, dass diese Analysen nicht für die Bestimmung des arztpraxisspezifischen Fallwerts herangezogen werden. Somit schlagen alle untersuchten Parameter mit ihrem Kostenbetrag für den Fallwert zu Buche.
Grundsätzlich sind Vitaminspiegel-Bestimmungen zulasten der GKV nur bei begründetem Verdacht auf das Vorliegen eines Vitaminmangels erlaubt und abrechnungsfähig. Dieser Verdacht wird in der Regel durch das Vorliegen einer entsprechenden Symptomatik begründet und sollte durch einen entsprechenden Diagnose-Eintrag (ICD-Code!) in den Abrechnungsunterlagen dokumentiert werden.
Da aber Nachsorgeuntersuchungen nach durchgeführten medizinischen Maßnahmen, hier speziell nach bariatrischen Operationen, genau diese Mangelzustände aber verhindern sollen, ist dieses Argument zur Legalisierung der Abrechnung zulasten der GKV hier nicht tragfähig.
Nach der GOÄ sind alle von der DGAV empfohlenen Kontrollen berechnungsfähig
Die für die GKV aufgezeichneten Probleme bei der Finanzierung bzw. Honorierung von Laborkontrollen nach adipositaschirurgischen Eingriffen sind bei Abrechnung nach GOÄ nicht vorhanden. Hier können unproblematisch alle in der Leitlinie empfohlenen Laboruntersuchungen durchgeführt und problemlos abgerechnet werden.
Steigende Fallzahl erfordert Abrechnung zulasten der GKV, wenigstens aber eine Ausnahmekennung
Bei in Deutschland jährlich ca. 20.000 adipositaschirurgischen Eingriffen [2] wird die Zahl der erforderlichen Nachsorgetermine immer größer und kann nicht nur von entsprechenden Zentren bewältigt werden. In zunehmender Zahl werden demgemäß auch Hausärzte in diese Termine eingebunden werden, zumindest hinsichtlich der im Vorfeld durchzuführenden Laboruntersuchungen. Wenn es lediglich ein bis zwei Patienten in der Praxis sind, dürfte der Einfluss auf den arztpraxisspezifischen Fallwert zu vernachlässigen sein. Bildet sich jedoch ein Schwerpunkt aus, dürfte dies einen erheblichen Einfluss auf eine eventuelle Auszahlung des Wirtschaftlichkeitsbonus Labor (GOP 32001; vgl. AAA 01/2023, Seite 7 ff.) haben.
Zusammenfassend sollten nach Einschätzung des Verfassers die in der S3-Leitlinie empfohlenen Laborkontrollen in der Nachsorge zulasten der GKV durchgeführt werden können. Aus den genannten Gründen sollte aber möglichst zeitnah zumindest für die in der Leitlinie empfohlenen Laborparameter baldmöglichst eine befreiende Ausnahmekennnummer in den EBM eingeführt werden.
- [1] Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV): S3-Leitlinie „Chirurgie der Adipositas und metabolischer Erkrankungen“ (AWMF-Register Nr. 088-001), Februar 2018, abgelaufen, online unter iww.de/s10233).
- [2] Fink, Jodok; Seifert, Gabriel; Blüher, Matthias; Fichtner-Feigl, Stefan; Marjanovic, Goran: Adipositaschirurgie. Gewichtsverlust, metabolische Veränderungen, onkologische Effekte und Nachsorge. In: Dtsch Arztebl Int 2022; 119: 70-80; DOI: 10.3238/arztebl.m2021.0359
AUSGABE: AAA 4/2024, S. 8 · ID: 49686330