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KostenfestsetzungInsolvenzverfahren: Trotz Vertretung mehrerer Gläubiger gibt es keine Gebührenerhöhung

Abo-Inhalt02.01.20253 Min. Lesedauer

| Ein Rechtsanwalt, der für mehrere Schuldverschreibungsgläubiger, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Anleiheschuldners einen gemeinsamen Vertreter bestellt haben, in derselben Angelegenheit tätig wird, erhält in der Regel keine erhöhte Verfahrensgebühr gemäß Nr. 1008 VV RVG. |

1. Aktueller Praxisfall

Im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens stritten die Streithelfer (vertreten durch einen gemeinsamen Vertreter) mit dem Kläger über die Erstattung einer gemäß Nr. 1008 VV RVG erhöhten Verfahrensgebühr. Die Erhöhung wurde geltend gemacht, da die Streithelfer als Orderschuldverschreibungsgläubiger eine Vielzahl von Beteiligten repräsentieren. Die rechtliche Grundlage ihrer Vertretung bildete dabei § 19 Abs. 2 S. 1 SchVG. Die Gebührenerhöhung wurde vom Rechtspfleger noch abgelehnt, aber in den anschließenden Instanzen bis zum BGH bestätigt (BGH 17.10.24 IX ZB 10/23, Abruf-Nr. 244830).

2. Folgen für die anwaltliche Praxis

Der BGH hat die gesetzgeberische Intention unterstrichen, die Rechte von Anleihegläubigern durch kollektive Verfahren effizient und rechtssicher wahrzunehmen. Dies fördert eine einheitliche Verfahrensführung und entlastet insbesondere Insolvenzverfahren von zusätzlichen Kostenrisiken.

Der BGH hat in diesem Kontext die Grenzen des Mehrvertretungszuschlags gemäß Nr. 1008 VV RVG im Kontext kollektiver Gläubigervertretungen präzisiert. Die Vertretung von Schuldverschreibungsgläubigern durch einen gemeinsamen Vertreter gemäß SchVG begründet daher keinen Mehraufwand, der eine Mehrvertretungsgebühr rechtfertigen würde. Der zusätzliche Aufwand, der durch die Vielzahl von Gläubigern entsteht, wird durch die erhöhte Vergütung des gemeinsamen Vertreters gemäß § 19 Abs. 3 SchVG abgedeckt. Eine doppelte Belastung des Schuldners – durch die Vergütung des Vertreters und eine erhöhte Anwaltsgebühr – ist somit ausgeschlossen. Für die anwaltliche Praxis und die Kostenfestsetzung in Insolvenzszenarien bedeutet dies letztlich eine Reduktion potenzieller Vergütungsansprüche, was im Interesse der Kostenkontrolle und Verfahrenseffizienz liegt.

Im Einzelnen gilt für die anwaltliche Mandatsbearbeitung in solchen Fällen:

a) Grundsatz der Erhöhung bei Mehrfachvertretung nach Nr. 1008 VV RVG

Die Gebührenerhöhung gemäß Nr. 1008 VV RVG soll typischerweise den Mehraufwand und das erhöhte Haftungsrisiko kompensieren, das mit der Vertretung mehrerer Auftraggeber verbunden ist. Entscheidendes Kriterium ist, ob der Rechtsanwalt für mehrere Auftraggeber tätig wird. Es ist dabei unerheblich, ob der Auftrag durch eine Einzelperson im Namen einer Gruppe erteilt wurde.

b) Ausschluss der Erhöhung bei gemeinsamer Vertretung nach dem SchVG

Bei Schuldverschreibungsgläubigern, die durch einen gemeinsamen Vertreter agieren, ist jedoch keine Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV RVG gerechtfertigt. Die BGH-Richter begründen dies folgendermaßen: Das SchVG schafft eine gesetzlich angeordnete Kollektivstruktur, wodurch die Gläubiger als Einheit auftreten müssen. Dies reduziert den individuellen Abstimmungsaufwand der Prozessbevollmächtigten.

c) Keine individuellen Weisungsrechte

Weisungen an den Vertreter können nur durch Mehrheitsbeschluss erteilt werden. Das erleichtert die Arbeit des Rechtsanwalts, da er sich nicht mit einzelnen Gläubigern abstimmen muss.

d) Eingeschränkte Prozessfähigkeit

Die Prozessfähigkeit der Gläubiger wird durch die Bestellung des gemeinsamen Vertreters beschränkt. Die organisatorische und rechtliche Verantwortung wird auf den Vertreter übertragen.

e) Kein erhöhtes Haftungsrisiko

Aufgrund der kollektiv bindenden Wirkung der Gläubigerbeschlüsse (§ 4 SchVG) ergibt sich kein überproportionales Haftungsrisiko für den Rechtsanwalt.

Praxistipp | Rechtsanwälte, die Schuldverschreibungsgläubiger vertreten, können keine erhöhte Verfahrensgebühr gemäß Nr. 1008 VV RVG geltend machen, wenn ein gemeinsamer Vertreter nach § 19 SchVG bestellt wurde. Dadurch wird die Kostenlast für die Parteien in Verfahren mit massenhaften Gläubigerbeteiligungen reduziert.
Wenn Sie Gläubigergruppen anwaltlich vertreten, sollten Sie Ihre Honorarkalkulation anpassen und Ihre Mandanten über die Grenzen der Vergütungsordnung informieren. Es ist bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise wichtig, Ihren Mehraufwand durch interne Organisation zu minimieren, da dieser nicht durch einen Mehrvertretungszuschlag kompensiert wird.

AUSGABE: RVGprof 1/2025, S. 17 · ID: 50252490

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