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MandatsverhältnisDann ist eine formularmäßige anwaltliche Zeithonorarabrede für Verbraucher wirksam
| Rechtsanwälte müssen nach Ansicht des BGH bei Stundensatzvereinbarungen mit Verbrauchern keine Vorabinformationen über den Mandatsumfang geben und keine Zwischenrechnungen erstellen. Eine Kombination aus Stundensatz und RVG-Vergütungsrecht ist jedoch intransparent und unwirksam. |
Inhaltsverzeichnis
Sachverhalt
Der Kläger K verlangt von der Beklagten B Zahlung seiner Vergütung aus verschiedenen Mandaten. Dabei hatten die Parteien für jedes Mandat eine von K vorformulierte Vergütungsvereinbarung geschlossen, die jeweils lautete:
„Abweichend von den gesetzlichen Gebühren des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes erhält oben genannte Rechtsanwaltskanzlei für die Tätigkeit eines Rechtsanwalts eine Grundgebühr von 150 EUR und eine Vergütung von 190 EUR/h, für die Tätigkeit von Rechtsanwalt N von 245 EUR/h zzgl. Auslagenpauschale und gesetzlicher MwSt. Für Streitwerte über 250.000 EUR erhöht sich der Stundensatz um 10 EUR je angefangene weitere 50.000 EUR. […] Die Auslagenpauschale beträgt 5 % der Nettogebühren, mindestens 20 EUR. Die Notwendigkeit der Fertigung von Kopien steht im pflichtgemäßen Ermessen des Anwalts. Je kopierter Seite oder Scan fallen 0,50 EUR an. […]
[…] Endet eine Angelegenheit durch eine Einigung, steht dem Rechtsanwalt die Einigungsgebühr (VV 1000 RVG) neben der Stunden- und Grundgebühr zu. Wird ein Strafverfahren, ein Betreuungsverfahren oder ein sonstiges nachteiliges gerichtliches Verfahren nach Auftragserteilung eingestellt oder erfolgt ein Freispruch, erhält der Rechtsanwalt als Erfolgsgebühr einen zusätzlichen Betrag von 750 EUR. […] Entsteht Streit über die angefallene Arbeitszeit, kann der Rechtsanwalt anstelle des Zeithonorars oder hilfsweise nach seiner Wahl das Doppelte der gesetzlichen Vergütung, mindestens jedoch eine 2,5 Geschäftsgebühr zuzüglich Umsatzsteuer verlangen. […] Die vom Rechtsanwalt abgerechneten Zeiten gelten als anerkannt, wenn der Auftraggeber nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Wochen nach Zugang des Abrechnungsschreibens substantiiert widerspricht. […]“
K verlangt aufgrund dieser Vereinbarung von B noch die Zahlung einer restlichen Vergütung von 132.072,11 EUR nebst Zinsen. B erhebt Widerklage und verlangt, die von ihr gezahlte Vergütung von 5.455,91 EUR nebst Zinsen zu erstatten. Zudem macht sie im Wege der Hilfsaufrechnung und Hilfswiderklage Ansprüche auf Rückerstattung überzahlten Honorars i. H. v. insgesamt 52.062,94 EUR nebst Zinsen geltend.
Das LG hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung der B hat das OLG die Klage i. H. v. 92.575,71 EUR nebst Zinsen abgewiesen und dabei die Hilfsaufrechnung i. H. v. 3.421,68 EUR als durchgreifend erachtet. Im Übrigen hatte das Berufungsgericht die Berufung zurückgewiesen und das Urteil des LG aufrechterhalten. Beide Parteien haben hiergegen Revision erhoben. B verlangt nach wie vor die vollständige Abweisung der Klage und verfolgt ihre Widerklageanträge weiter. Der K begehrt mit seiner Revision die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der BGH hat das Urteil des OLG aufgehoben und die Sache an das OLG zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.
Entscheidungsgründe
Für unwirksame Honorarvereinbarungen hat der BGH erläutert, wie die Gebühren abgerechnet werden. Gleichzeitig hat er die Anforderungen an eine korrekte Stundensatzabrechnung präzisiert (BGH 12.9.24, IX ZR 65/23, Abruf-Nr. 243972).
1. Leitsätze
Der BGH hat folgende Leitsätze aufgestellt:
- 1. Eine formularmäßig getroffene anwaltliche Zeithonorarabrede ist auch im Rechtsverkehr mit Verbrauchern nicht allein deshalb unwirksam, weil der Rechtsanwalt weder dem Mandanten vor Vertragsschluss zur Abschätzung der Größenordnung der Gesamtvergütung geeignete Informationen erteilt noch sich dazu verpflichtet hat, ihm während des laufenden Mandats in angemessenen Zeitabständen Zwischenrechnungen zu erteilen oder Aufstellungen zu übermitteln, welche die bis dahin aufgewandte Bearbeitungszeit ausweisen.
- 2. Eine Klausel über die Erhöhung des Stundensatzes gekoppelt an den Gegenstandswert benachteiligt den Mandanten unangemessen, wenn dies zu Stundensätzen führt, die mit dem Grundsatz der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung nicht in Einklang zu bringen sind.Höherer Stundensatz darf nicht an Gegenstandswert gekoppelt sein
- 3. Eine Vereinbarung, wonach neben einer Stundensatzvergütung auch eine Einigungsgebühr oder eine zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG zu zahlen ist, ist im Rechtsverkehr mit Verbrauchern unwirksam.
- 4. Eine Vereinbarung, wonach zur Stundensatzvergütung zusätzlich 5 % des Nettohonorars als Auslagen zu zahlen sind, verstößt gegen § 307 Abs. 1 BGB.Stundensatz und Auslagenpauschale lassen sich nicht kombinieren
- 5. Eine unangemessene Benachteiligung des Mandanten kann sich aus dem Gesamtzusammenhang der einzelnen Klauseln eines Rechtsanwalts ergeben. Dies ist der Fall, wenn die mit einer Stundenhonorarklausel verknüpften Zusatzklauseln der Vergütungsvereinbarung dem Rechtsanwalt zusammen mit der Intransparenz der Stundenhonorarklausel einen missbräuchlichen Gestaltungsspielraum eröffnen und dazu führen, dass die Vergütungsabrede im Ganzen nicht wirksam ist. Dies kann sich aus dem Summierungseffekt der einzelnen Klauseln der Vergütungsvereinbarung ergeben.
- 6. Ist eine formularmäßig getroffene anwaltliche Vergütungsvereinbarung aus AGB-rechtlichen Gründen insgesamt unwirksam, richten sich die Honoraransprüche des Rechtsanwalts nach den Vorschriften des RVG.An Stelle unwirksamer Abrede tritt RVG-Vergütung
2. Zulässigkeit der Stundensatzvereinbarung
Die formularmäßige Vereinbarung eines Zeithonorars ist laut BGH nicht allein deshalb unwirksam, weil sie durch Allgemeine Geschäftsbedingungen erfolgt. Solange keine AGB-Vorschriften verletzt werden, bestehen keine rechtlichen Bedenken. Das Urteil des EuGH vom 12.1.23 (AGS 23, 69) ist auf deutsches Recht nicht übertragbar, da die §§ 305 ff. BGB ausreichende Regelungen zu AGB enthalten. Es ist nicht treuwidrig, wenn ein Anwalt keine Angaben zum Gesamtaufwand macht oder keine regelmäßigen Abrechnungen vornimmt. Dies benachteiligt den Mandanten – entgegen Treu und Glauben – nicht unangemessen.
3. Unwirksamkeit aus Zusammenhang aller Klauseln
Im zugrunde liegenden Fall ergibt sich eine unangemessene Benachteiligung i. S. d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB jedoch aus dem Gesamtzusammenhang der einzelnen Klauseln. Die hier mit der Stundenhonorarklausel verknüpften Zusatzklauseln der Vergütungsvereinbarung eröffnen dem K zusammen mit der Intransparenz der Stundenhonorarklausel einen missbräuchlichen Gestaltungsspielraum und führen dazu, dass die Vergütungsabrede im Ganzen unwirksam ist (§ 306 Abs. 3 BGB). Eine teilweise Aufrechterhaltung nach § 306 Abs. 1 BGB kommt nicht in Betracht.
a) Erhöhungsklausel
Die Erhöhungsklausel, wonach sich bei Streitwerten von über 250.000 EUR der Stundensatz um 10 EUR je angefangene weitere 50.000 EUR erhöhen soll, verschleiert die Höhe des Stundensatzes und ist damit intransparent. Sie führt zudem zu einer unangemessenen Benachteiligung des Mandanten. Sie kann zu Stundensätzen führen, die mit dem Grundsatz der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung nicht in Einklang zu bringen sind.
b) Prozentuale Auslagenpauschale
Auch die Bestimmung zur Auslagenpauschale ist unwirksam. Sie ist intransparent (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) und wegen der damit verbundenen unangemessenen Benachteiligung der Beklagten unwirksam (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Regelung, dass die Auslagenpauschale 5 % der Nettogebühren betrage, erhöht den vereinbarten Stundensatz pauschal um 5 %, ohne dass dies für den Verbraucher erkennbar ist. Sie verstärkt zudem den preistreibenden Effekt der vorgenannten Erhöhungsklausel.
c) Vereinbarung einer zusätzlichen Einigungs- und Befriedungsgebühr
Auch die Vereinbarung einer zusätzlichen Einigungsgebühr oder einer zusätzlichen Gebühr nach Nrn. 4141, 5115, 6216 VV RVG stellt eine unangemessene Benachteiligung dar und ist damit unwirksam.
Beachten Sie | Eine Einigungsgebühr (Nr. 1000 Nr. 1 VV RVG) sowie eine Befriedungsgebühr bezweckt im Rahmen des gesetzlichen Gebührensystems, die mit dem Abschluss einer Einigung einhergehende Mehrbelastungen abzudecken. Ein vergleichbarer Ausgleichsbedarf besteht im Rahmen der getroffenen Honorarvereinbarungen jedoch nicht, da der Anwalt für diesen Aufwand bereits durch die Zeitvergütung honoriert wird.
d) Streit- und Anerkenntnisklausel
Auch die Streit- und Anerkenntnisklausel ist unwirksam. Hierdurch verlagern sich die mit einem Zeithonorar verbundenen Risiken bei der Darlegung und beim Nachweis der geleisteten Stunden. Das benachteiligt den Mandanten unangemessen. Denn es ist gerade die Pflicht des Rechtsanwalts, über den Zeitaufwand nachvollziehbar und im Einzelnen abzurechnen, die während des abgerechneten Zeitintervalls getroffenen Maßnahmen konkret und in nachprüfbarer Weise darzulegen und diesen Zeitaufwand im Streitfall zu beweisen (vgl. BGH RVG prof. 10, 91).
e) Gesamtwürdigung: Unwirksamkeit der gesamten Vereinbarung
Die Unwirksamkeit der vorbezeichneten Klauseln führt bei einer Gesamtwürdigung zur Unwirksamkeit der Vergütungsvereinbarung im Ganzen (§ 306 Abs. 3 BGB). Die Bestimmungen der Vereinbarung sind entgegen Treu und Glauben in einer Weise aufeinander abgestimmt, die einseitig dem Vergütungsinteresse des K Rechnung trägt. Eine bloße Unwirksamkeit der einzelnen Klauseln nach § 306 Abs. 1 BGB und die damit verbundene Aufrechterhaltung allein der Stundenhonorarabrede würde den Inhalt des Klauselwerks grundlegend ändern und kommt daher nicht in Betracht.
4. Keine Unwirksamkeit des Anwaltsvertrags
Die Unwirksamkeit der Honorarvereinbarungen im Ganzen führt allerdings nicht zur Unwirksamkeit der Anwaltsverträge insgesamt. Vielmehr hat die Unwirksamkeit nur zur Folge, dass K für seine anwaltlichen Tätigkeiten jeweils die gesetzliche Vergütung nach den Vorschriften des RVG von B verlangen kann (§ 1 Abs. 1 S. 1 RVG, § 306 Abs. 2 BGB).
5. Aufhebung und Zurückverweisung
Da zu prüfen ist, welche gesetzliche Vergütung dem K zusteht, hat der BGH die Sache zurückverwiesen. Er kann die Höhe des Honorars des Klägers nach den gesetzlichen Gebühren nicht anhand der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen bestimmen. Diese Feststellungen muss das Berufungsgericht nachholen.
6. Vorsorglicher Hinweis auf Treu und Glauben
Der BGH betont, dass die Inhaltskontrolle von Formularklauseln dem Schutz des Vertragspartners und nicht des Verwenders dient. Der Verwender kann sich daher nicht auf die Unwirksamkeit eigener AGB berufen, um Vorteile zu erzielen (BGH NJW 16, 2878). Bei einer gesetzlichen Abrechnung darf K daher keine höhere Vergütung erhalten, als die in den Honorarvereinbarungen festgelegte. Das Berufungsgericht muss diese Vergütung ermitteln und mit der gesetzlichen Abrechnung vergleichen. Dabei muss es prüfen, ob Klauseln zur Stundensatzerhöhung auch isoliert betrachtet unwirksam sind.
Relevanz für die Praxis
Der BGH hat zentrale Klauseln einer anwaltlichen Vergütungsvereinbarung wegen Intransparenz und Unangemessenheit für unwirksam erklärt – mit weitreichenden Folgen für die Praxis.
1. Erhöhungsklausel
Dass die Erhöhungsklausel unwirksam ist, liegt auf der Hand. So würde sich z. B. bei einem Streitwert von 5 Mio. EUR bereits eine Erhöhung des Stundensatz um (95 x 10 EUR =) 950 EUR, also auf 1.140 EUR bzw. 1.195 EUR ergeben. Abgesehen von der unangemessenen Höhe wäre diese auch für den Mandanten bei Abschluss der Vereinbarung nicht ersichtlich.
2. Auslagen
Durch die Klausel zur pauschalen Auslagenerstattung wird verschleiert, dass faktisch der Stundensatz um 5 % angehoben wird. Zwar wäre der Stundensatz von 190 EUR + 5 % = 199,50 EUR und 245 EUR + 5% = 257,25 EUR für sich genommen noch nicht bedenklich. Die vorgenommene Verklausulierung verhindert aber, dass der Mandant erkennt, dass hier tatsächlich ein höherer Stundensatz vereinbart worden ist. Ähnlich hatte bereits das LG Köln entschieden (AGS 17, 164).
3. Einigungsgebühr
Soweit der BGH die Vereinbarung einer zusätzlichen Einigungsgebühr für unwirksam angesehen hat, ist dies bedenklich. Auch bei einer gesetzlichen Abrechnung nach RVG erhält der Anwalt für den „Erfolg“, also für den Abschluss einer Einigung, eine zusätzliche Einigungsgebühr. Wenn der BGH davon ausgeht, dass bei einer Zeitabrechnung kein Bedürfnis für eine solche zusätzliche Erfolgsgebühr besteht, ist dies falsch.
Beachten Sie | Auch bei gesetzlicher Abrechnung werden Vergleichsverhandlungen nicht durch die Einigungsgebühr abgegolten, sondern durch Verfahrens- und Terminsgebühren. Diese Gebühren fallen unabhängig davon an, ob die Einigung zustande kommt oder nicht. Die Einigungsgebühr ist daher letztlich nicht das Äquivalent für Verhandlungen, sondern für den Erfolg. Ist aber schon nach der gesetzlichen Regelung die Einigungsgebühr kein Äquivalent für die Vergleichsverhandlungen, kann bei Stundensatzvergütungen nicht argumentiert werden, die Vergleichsverhandlungen würden ja nach Stunden vergütet.
Die Auffassung des BGH läuft auch dem Sinn und Zweck der Nr. 1000 Nr. 1 VV RVG zuwider: Die Einigungsgebühr soll einen Anreiz dafür schaffen, die Gerichte gar nicht erst in Anspruch zu nehmen und in gerichtlichen Verfahren dem Gericht die Arbeit und den Aufwand einer Entscheidung zu ersparen. Lässt man daher die Einigungsgebühr neben einem Zeithonorar nicht zu, fällt dieser Anreiz weg und der vom Gesetzgeber gewollte Steuerungseffekt entfällt. Es wäre es für den Anwalt somit lukrativer, wenn er sich nicht einigt und aufgrund der weiteren Durchführung des Mandats weitere Zeiten abrechnen könnte.
4. Streit- und Anerkenntnisklausel
Es darf nicht vereinbart werden, dass die vom Rechtsanwalt abgerechneten Zeiten als anerkannt gelten, wenn nicht innerhalb von drei Wochen widersprochen wird. Zwar sind solche Klauseln möglich (§ 308 Nr. 5 BGB). Erforderlich ist aber, dass hierfür auch ein besonderes Interesse besteht, zeitig Klarheit zu gewinnen. Das ist hier nicht gegeben.
5. Gesamtschau
In der Gesamtschau hat der BGH die gesamte Vereinbarung zu Recht nach § 306 Abs. 3 BGB für unwirksam erklärt. Die Vielzahl der aufeinander abgestimmten (AGB-)Einzelverstöße lässt sich nicht mehr dadurch korrigieren, dass man nur die entsprechenden Klauseln nach § 306 Abs. 1 BGB für unwirksam erklärt. Vielmehr ist die Vergütungsvereinbarung insgesamt unwirksam (§ 306 Abs. 3 BGB).
6. Rechtsfolgen
Die Unwirksamkeit der Vergütungsvereinbarung führt zur Anwendung der gesetzlichen Vergütung, wobei sowohl für den Anwalt als auch für den Mandanten spezifische Konsequenzen entstehen.
a) Unwirksamkeit der Vereinbarung
Die Unwirksamkeit der Vergütungsvereinbarung lässt die Wirksamkeit des Anwaltsvertrags unberührt. Es liegt hier kein Fall des § 4b RVG vor, wonach die vereinbarte Vergütung wirksam bleibt, die geschuldete Vergütung aber auf die gesetzliche Vergütung begrenzt wird. Geschuldet ist jetzt vielmehr die originäre gesetzliche Vergütung.
b) Auswirkung für Anwalt
Der Anwalt muss – anders als in den Fällen des § 4b RVG – nun die gesetzliche Vergütung abrechnen. Die bisherige Abrechnung genügt nicht (OLG Düsseldorf AGS 09, 14). Lediglich in den Fällen des § 4b RVG genügt die bisherige Abrechnung, weil die vereinbarte Vergütung geschuldet bleibt. Sie wird nur auf das gesetzliche Maß reduziert. Hier ist aber nicht die vereinbarte Vergütung in reduzierter Höhe geschuldet, sondern die gesetzliche Vergütung, also ein Aliud.
Beachten Sie | Ist die Vergütung mangels einer ordnungsgemäßen Abrechnung nicht durchsetzbar, hat dies auch Auswirkungen auf eine Verzinsung. Sollte dem Anwalt noch ein restlicher Vergütungsanspruch zustehen, wäre dieser erst ab Zugang der Rechnung über die gesetzliche Vergütung zu verzinsen. Eine Verjährung kann dagegen nicht eintreten, da eine ordnungsgemäße Rechnung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nachgereicht werden kann (BGH AGS 98, 177).
Beachten Sie | Der BGH hat dem OLG zu Recht mit auf den Weg gegeben, dass es Treu und Glauben prüfen muss. Soweit die gesetzliche Vergütung höher als die Vergütung nach der Vereinbarung ausfallen sollte, wäre nach Treu und Glauben nur die geringere Vergütung geschuldet (vgl. OLG München NJW 12, 3454).
c) Auswirkung für Mandant
Soweit der Mandant bereits mehr gezahlt hat als nach der Neuberechnung geschuldet, kann er die Zuvielzahlung nach Bereicherungsrecht zurückverlangen. Eine Rückforderung kann allerdings nicht allein deshalb verlangt werden, weil (noch) keine ordnungsgemäße Abrechnung der gesetzlichen Vergütung vorliegt (BGH NJW 19, 1458). Vielmehr können nach der Saldotheorie nur diejenigen Beträge zurückverlangt werden, die die gesetzliche Vergütung übersteigen.
AUSGABE: RVGprof 1/2025, S. 7 · ID: 50255006