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HonorarrechtDrei Mal Honorartrouble mit Verbrauchern: Ohne Beratung gar kein oder weniger Honorar

Abo-Inhalt06.06.20249 Min. Lesedauer

| Wenn Sie mit „Verbrauchern“ Vertragsbeziehungen eingehen, sollten Sie sich unbedingt mit den §§ 312b, 312c im BGB und mit § 7 Abs. 2 HOAI auseinandersetzen. Sonst droht Ihnen der Verlust von Honoraransprüchen, im Zweifel Ihres gesamten Honorars. Das lehren drei Entscheidungen, die allesamt gegen den Planer ausgefallen sind. PBP macht Sie deshalb mit den Honorarfallen vertraut und hilft Ihnen, Honoraransprüche zu schützen. |

Problem 1: Fernabsatzvertrag (§ 312c BGB)

Problempunkt 1 ist – wie ein aktueller Fall vor dem LG Frankfurt lehrt – ein Fernabsatzvertrag nach § 312c BGB. Sein Wortlaut ist wie folgt:

§ 312c BGB / Fernabsatzvertrag

  • 1) Fernabsatzverträge sind Verträge, bei denen der Unternehmer oder eine in seinem Namen oder Auftrag handelnde Person und der Verbraucher für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt.
  • (2) Fernkommunikationsmittel im Sinne dieses Gesetzes sind alle Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags eingesetzt werden können, ohne dass die Vertragsparteien gleichzeitig körperlich anwesend sind, wie Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails, über den Mobilfunkdienst versendete Nachrichten (SMS) sowie Rundfunk und digitale Dienste nach § 1 Absatz 4 Nummer 1 des Digitale-Dienste-Gesetzes.

Knackpunkt bei Verbrauchervertrag: Über Widerrufsrecht aufklären

Der Knackpunkt bei einem Verbrauchervertrag (auch ein Fernabsatzvertrag ist ein solcher), der über § 312c BGB zustande gekommen ist, ist, dass Sie den Verbraucher nach § 355 BGB darüber belehren müssen, dass er den Vertrag binnen 14 Tagen widerrufen kann. Tun Sie das nicht, verlängert sich die Widerrufsfrist auf ein Jahr.

Der Fall vor dem LG Frankfurt a. M.

Vor dem LG Frankfurt ging es jetzt um einen solchen „Fernabsatzvertrag“ und die (fehlende) Widerrufsbelehrung: 2022 war die Bauherrin auf der Suche nach einer baulichen Begleitung für die Renovierung und Sanierung ihres Anwesens an Architekt A herangetreten. Dieser machte ihr nach ausführlichem E-Mailverkehr und Zoom-Gesprächen (April bis August 2022) ein Angebot über die Erstellung von Bestandsplänen und eines ersten Entwurfs zum Preis von 4.460 Euro netto. Dieses Angebot nahm die Bauherrin an.

Dabei erfolgten sowohl die gesamte vorvertragliche Kommunikation als auch der Vertragsschluss selbst ausschließlich per E-Mail, Telefon und Videokonferenz, weil sich die Bauherrin im fraglichen Zeitraum weit entfernt aufhielt. Der Archtitekt nahm das Objekt zwar in Augenschein; aber immer ohne Teilnahme der Bauherrin. Der erste gemeinsame Ortstermin bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit beider Parteien erfolgte vielmehr erst nach Vertragsschluss.

Nachdem der Architekt seine Pläne per E-Mail übermittelt hatte, beglich die Bauherrin den in Rechnung gestellten Bruttobetrag von 5.307,40 Euro. In der Folge arbeiteten die Parteien weiter rege am gemeinsamen Projekt. Die Bauherrin bestätigte die Leistungen zunächst und stellte anhand von Plänen/Zeichnungen weitere Rückfragen. Als der Architekt die weitere Zusammenarbeit für die weiteren Lph vom Abschluss einer Honorarvereinbarung nach HOAI abhängig machte, widerrief sie den Vertrag über die Erstellung der Bestandspläne und eines ersten Entwurfs und forderte den Architekten auf, die 5.307,40 Euro zurückzuzahlen. Sie berief sich auf ihr Widerrufsrecht, weil ihr schriftliche oder mündliche Informationen zu einem Widerrufsrecht hinsichtlich des Vertrags zu keinem Zeitpunkt vor Vertragsschluss erteilt worden seien. Es ging vor Gericht.

Die Entscheidung des LG Frankfurt a. M.

Das LG Frankfurt a. M. gab der Bauherrin Recht (LG Frankfurt a.M., Urteil vom 02.04.2024, Az. 2-31 O 78/23, Abruf-Nr. XXX) und begründete das mit den folgenden Leitsätzen:

  • 1. Ein Vertrag über Planungsleistungen ist als Fernabsatzvertrag zu qualifizieren, wenn die für den Vertragsschluss konstitutiven Willenserklärungen per E-Mail ausgetauscht werden. Dass nach Vertragsschluss ein gemeinsamer Ortstermin stattfindet, ist unschädlich.
  • 2. Will der Architekt die Annahme eines Fernabsatzvertrags verhindern, kann er mittels CAD oder Lichtbildern eine virtuelle Begehung durchführen, damit ein gemeinsamer „Ortstermin“ vor Vertragsschluss vorliegt.
  • 3. Das Vorliegen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems wird widerleglich vermutet, sodass der Unternehmer Gegenteiliges darzulegen und zu beweisen hat.
  • 4. Von einer Widerrufsbelehrung kann auch dann nicht abgesehen werden, wenn der Verbraucher als Anwalt rechtskundig ist. Eine Differenzierung nach der „Art“ des Verbrauchers ist dem Gesetz fremd.
  • 5. Bei einem Vertrag über Planungsleistungen handelt es sich nicht um einen Verbraucherbauvertrag, weshalb kein Wertersatz nach § 357e BGB – weder in direkter noch in analoger Anwendung – zu leisten ist.
  • 6. Die Voraussetzungen für die Annahme eines Verstoßes gegen Treu und Glauben sind im Verbraucherwiderrufsrecht überaus hoch. Für dessen Annahme müsste der Auftragnehmer darlegen, dass er die Widerrufsbelehrung des Verbrauchers nur fahrlässig unterlassen hat, die ausgeführten Leistungen mangelfrei sind und vom Verbraucher genutzt werden sowie dass der beanspruchte Wertersatz sowohl aus Sicht des Verbrauchers wie eines objektiven Dritten nicht unangemessen ist (hier verneint).

Problem 2: Vertrag nicht im Büro geschlossen (§ 312b BGB)

Problempunkt 2 sind Verträge, die außerhalb Ihrer Geschäftsräume geschlossen worden sind. § 312b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB lautet wie folgt:

§ 312b BGB / Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge

Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sind Verträge,
Dem Unternehmer stehen Personen gleich, die in seinem Namen oder Auftrag handeln.
  • 1. die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist,
  • 2. für die der Verbraucher unter den in Nummer 1 genannten Umständen ein Angebot abgegeben hat,
  • 3. die in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder durch Fernkommunikationsmittel geschlossen werden, bei denen der Verbraucher jedoch unmittelbar zuvor außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers persönlich und individuell angesprochen wurde, oder
  • 4. die auf einem Ausflug geschlossen werden, der von dem Unternehmer oder mit seiner Hilfe organisiert wurde, um beim Verbraucher für den Verkauf von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu werben und mit ihm entsprechende Verträge abzuschließen.
(2) (...)

Auch hier Widerrufsrecht

Unterfällt ein Vertrag dieser Regelung, hat der Verbraucher ebenfalls ein Widerrufsrecht. Darüber haben Sie ihn aufzuklären. Tun Sie das nicht, hat er zwölf Monate Zeit, aus dem Vertrag auszusteigen, ohne Sie für Ihre bis dahin erbrachten Leistungen honorieren zu müssen.

Der aktuelle Fall vor dem OLG Frankfurt

Vor dem OLG Frankfurt ging es um einen solchen Fall, der § 312b Abs. 1 Nr. 3 BGB unterfiel. Die Parteien hatten am 13.06.2022 per E-Mail einen Architektenvertrag für den An- und Umbau eines Einfamilienhauses zu einem Drei-Familienhaus geschlossen. Das Besondere an dem Fall war, dass der Bauherr zuvor einen anderen Architekten hatte. Mit dem hatte er sich überworfen. Zum Nachfolger kam der Kontakt über ein Internetportal zustande, über das dieser seine Leistungen anbot. Bauherr und Nachfolgearchitekt kommunizierten per E-Mail. Ergebnis war, dass Architekt 2 die Genehmigungsplanung von Architekt 1 überarbeiten und die Ausführungsplanung erstellen sollte. Eine Widerrufsbelehrung seitens des Architekten 2 war im Rahmen des Vertragsschlusses nicht erfolgt. Das Geschäftsverhältnis zu Architekt 1 hatte der Bauherr mit Widerruf vom 15.06.2022 beendet.

Architekt 2 bearbeitete dann – wie vereinbart – die Lph 1 bis 4 nach und rechnete nach Stunden ab. Der Bauherr zahlte drei Abschlagsrechnungen. Bei der vierten stellte er sich quer. Er widerrief den Vertrag, weil er über sein Widerrufsrecht nicht aufgeklärt worden sei und forderte auch die Abschlagszahlungen zurück.

Die Entscheidung des OLG Frankfurt a. M.

Das OLG Frankfurt a. M. hat dem Bauherrn Recht gegeben. Ihm stand aus §§ 312, 312g Abs. 1, 312c Abs. 1, 2 BGB ein Widerrufsrecht zu, da zwischen den Parteien ein außerhaln der Geschäftsräume geschlossener Vertrag geschlossen worden war (OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.01.2024, Az. 21 U 49/23, Abruf-Nr. 240328).

Zunächst war der persönliche Anwendungsbereich nach § 312 Abs. 1 BGB eröffnet, nach dem die Vorschriften der §§ 312 ff. BGB nur auf Verbraucherverträge anzuwenden sind. Der Bauherr war Verbraucher im Sinne des § 13 BGB, der Architekt Unternehmer im Sinne des § 14 BGB. Dem stand nicht entgegen, dass der Bauherr selbst als Rechtsanwalt tätig war und somit über rechtliche Kenntnisse verfügte. Denn auch eine als Rechtsanwalt berufstätige Person ist grundsätzlich Verbraucher im Sinne des § 13 BGB. Er hatte den Vertrag unstreitig nicht zu gewerblichen oder berufsbedingten Zwecken, sondern aus privaten Gründen geschlossen – so das OLG.

Die Konsequenz: Über Widerrufsrecht belehren

Dem Verbraucher steht bei AGV ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu. Die 14-tägige Widerrufsfrist beginnt grundsätzlich mit Vertragsschluss. Sie beginnt jedoch nicht zu laufen, bevor Sie den Verbraucher über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 Abs. 1 BGB sowie das Muster-Widerrufsformular informiert haben.

Dazu hat er Gesetzgeber ein Muster für die Widerrufsbelehrung eingeführt, das Sie unbedingt verwenden sollten. D. h.: Sie müssen das Musterformular zutreffend ausfüllen und dem Verbraucher vor Vertragsschluss in Textform übermitteln. Das Muster sieht wie folgt aus:

Musterschreiben / Widerrufsbelehrung bei AGV

Widerrufsbelehrung
Widerrufsrecht
Sie haben das Recht, binnen vierzehn Tagen ohne Angabe von Gründen diesen Vertrag zu widerrufen. Die Widerrufsfrist beträgt vierzehn Tage ab dem Tag. Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns mittels einer eindeutigen Erklärung (zum Beispiel einem mit der Post versandten Brief, einem Telefax oder einer E-Mail) über Ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren. Sie können dafür das beigefügte Muster-Widerrufsformular verwenden, das jedoch nicht vorgeschrieben ist. Zur Wahrung der Widerrufsfrist reicht es aus, dass Sie die Mitteilung über die Ausübung des Widerrufsrechts vor Ablauf der Widerrufsfrist absenden.
Folgen des Widerrufs
Wenn Sie diesen Vertrag widerrufen, haben wir Ihnen alle Zahlungen, die wir von Ihnen erhalten haben, unverzüglich und spätestens binnen vierzehn Tagen ab dem Tag zurückzuzahlen, an dem die Mitteilung über Ihren Widerruf dieses Vertrags bei uns eingegangen ist. Für diese Rückzahlung verwenden wir dasselbe Zahlungsmittel, das Sie bei der ursprünglichen Transaktion eingesetzt haben, es sei denn, mit Ihnen wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart; in keinem Fall werden Ihnen wegen dieser Rückzahlung Entgelte berechnet.

Falls Sie als Auftragnehmer die Widerrufsbelehrung vergessen oder diese fehlerhaft ist, verlängert sich die Widerrufsfrist Ihres Auftraggebers auf maximal zwölf Monate nach Ablauf der eigentlichen Widerrufsfrist. Das Widerrufsrecht erlischt damit spätestens nach zwölf Monaten und 14 Tagen.

Problem 3: Keine Belehrung nach § 7 Abs. 2 HOAI

Wer mit Verbrauchern einen Architekten- oder Ingenieurvertrag schließt, muss nicht nur vermeiden, dass diese ihr Widerrufsrecht nach § 355 BGB ausüben (und man umsonst gearbeitet hat). Es gilt auch, die (neue) Belehrungspflicht in § 7 Abs. 2 HOAI 2021 in den Fokus zu nehmen. Sonst kann man – auch wenn etwas anderes vereinbart ist – maximal das Honorar nach den Basishonorarsätzen der HOAI abrechnen. Das lehrt eine Entscheidung des OLG Köln. |

Die Neuregelung in der HOAI 2021

Seit 2021 gilt § 7 HOAI. Die Absätze 1 und 2 lauten:

§ 7 HOAI / Abweichen vom Basishonorarsatz

  • 1) „Das Honorar richtet sich nach der Vereinbarung, die die Vertragsparteien in Textform treffen. Sofern keine Vereinbarung über die Höhe des Honorars in Textform getroffen wurde, gilt für Grundleistungen der jeweilige Basishonorarsatz als vereinbart (...).s ist,
  • 2) Der Auftragnehmer hat den Auftraggeber, sofern dieser Verbraucher ist, vor Abgabe von dessen verbindlicher Vertragserklärung zur Honorarvereinbarung in Textform darauf hinzuweisen, dass ein höheres oder niedrigeres Honorar als die in den Honorartafeln dieser Verordnung enthaltenen Werte vereinbart werden kann. Erfolgt der Hinweis nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig, gilt für die zwischen den Vertragsparteien vereinbarten Grundleistungen anstelle eines höheren Honorars ein Honorar in Höhe des jeweiligen Basishonorarsatzes als vereinbart.

Der Fall vor dem OLG Köln

Genau so einen Fall der Nichtaufklärung musste das OLG entscheiden. Es hat klargestellt, dass die Belehrungspflicht auch greift, wenn ein Zeit- oder Pauschalhonorar vereinbart worden ist. Ohne Belehrung kann der Planer nur den Basishonorarsatz abrechnen (OLG Köln, Urteil vom 08.04.2024, Az. 11 U 215/22, Abruf-Nr. 241024).

Wichtig | Das OLG hat die Revision zum BGH zugelassen. Ob der Planer sie eingelegt hat, war bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt.

Fazit | Wenn Sie mit „Verbrauchern“ Vertragsbeziehungen eingehen, sollten Sie die Honorarfallen der §§ 312b, 312c BGB und § 7 Abs. 2 HOAI kennen. Je nachdem, wie Ihr Fall konkret ausgestaltet ist, gilt es, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. In den Fällen des § 312b und § 312c BGB ist das das Belehren über die Widerrufsrechte und -fristen. Bei HOAI 2021-Verträgen gilt die Belehrungspflicht, wenn Sie mehr als die Basishonorarsätze vereinbaren und abrechnen wollen.

ID: 49910652

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