ChefarztvertretungLeserfragen zu Wahlarzt und Stellvertretung
| Zum Beitrag „Wahlärztliche Leistungen und Stellvertretung“ im CB 02/2020, Seite 3 gab es einige Detailfragen von Chefärzten, die wir im Folgenden beantworten. |
Elektiver vs. Notfalleingriff
Einige Fragesteller haben bei Ihren Fragen zwischen elektiven und Notfalleingriffen unterschieden. Diesbezüglich ist festzustellen, dass die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen sowie die Möglichkeit der Vertretung nicht zwischen elektiven Eingriffen und Notfällen differenziert. Die Anforderungen an den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung sowie die Möglichkeiten und Grenzen der Stellvertretung sind bei elektiven Eingriffen und Notfällen grundsätzlich gleich.
Ferner liegt im Falle der Vertretung das Liquidationsrecht immer und unverändert beim Vertretenen, sofern dieser liquidationsberechtigt ist und die Liquidation dem Krankenhausträger nicht zusteht. Der Vertreter selbst wird nicht liquidationsberechtigt.
Die individuelle Stellvertretervereinbarung
Weitere Fragen gab es in Bezug auf die Vertretung bei wahlärztlichen Leistungen. Hier ist zwischen der vorhersehbaren und der unvorhersehbaren Abwesenheit des Chefarztes zu differenzieren – Details dazu in o. g. Beitrag.
Die Vertretung bei unvorhersehbarer Abwesenheit kann in der Wahlleistungsvereinbarung geregelt werden, die Vertretung bei vorhersehbarer Abwesenheit des Chefarztes nicht. Insoweit bedarf es dann einer gesonderten individuellen Stellvertretervereinbarung. Sie könnte auch für den Fall der unvorhersehbaren Abwesenheit des Chefarztes getroffen werden, für alle anderen Fälle wäre dann automatisch der in der Wahlleistungsvereinbarung benannte ständige Vertreter als Vertreter vereinbart.
In der individuellen Stellvertretervereinbarung kann nur ein ärztlicher Vertreter benannt werden. Fraglich ist, ob es sich stets um den in der Wahlleistungsvereinbarung aufgeführten ständigen ärztlichen Vertreter handeln muss. Zwar hat der BGH in seiner Entscheidung zur individuellen Stellvertretervereinbarung von „dem“ ständigen ärztlichen Vertreter im Singular gesprochen, hierbei allerdings lediglich den Wortlaut des § 4 Abs. 2 Satz 3 GOÄ aufgegriffen, ohne selbst Position zu beziehen. Im Rahmen der Vertragsfreiheit müsste es jedoch nach überwiegender Rechtsauffassung auch zulässig sein, mit dem Patienten die Leistungserbringung durch einen anderen Arzt als den Wahlarzt und dessen ständigen ärztlichen Vertreter zu vereinbaren.
Aber Vorsicht! Dies darf nicht dazu führen, dass ein Patient, der wahlärztliche Leistungen in Anspruch nimmt, am Ende wie ein Regelleistungspatient behandelt wird. Dies wäre der Fall, wenn ein Arzt als Vertreter des Wahlarztes benannt wird, der die Leistung ohnehin, also auch ohne Vereinbarung wahlärztlicher Leistungen, erbrächte. Auf einen solchen Umstand müsste im Rahmen der wirtschaftlichen Aufklärungspflicht umfassend hingewiesen werden.
Insofern gibt es keine formellen Qualifikationsanforderungen an den Vertreter, wenn der Auffassung gefolgt wird, dass nicht nur der ständige ärztliche Vertreter den Wahlarzt vertreten darf. Dieser Umstand darf auf der anderen Seite natürlich nicht zu einer gewissen Beliebigkeit in der Auswahl des Vertreters führen.
Merke | Den – materiellen – Facharztstand schuldet das Krankenhaus ohnehin, erst recht bei wahlärztlichen Leistungen. Letztendlich muss folglich die Erbringung wahlärztlicher Leistungen, also die Person und ihre Expertise, auch im Vertretungsfalle noch immer ein Herausstellungsmerkmal gegenüber Regelleistungen sein. |
Die individuelle Stellvertretervereinbarung bezieht sich dann auch auf die Durchführung von Visiten etc. durch den in der Stellvertretervereinbarung benannten Vertreter. Mit der oben genannten Auffassung, dass nicht nur der ständige ärztliche Vertreter in der Individualvereinbarung als Vertreter benannt werden kann, könnte dann der in der Vereinbarung benannte Vertreter Visiten etc. durchführen.
Merke | Die Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 3 GOÄ, nach der die dort benannten Leistungen ausschließlich durch den Wahlarzt oder dessen (vor Abschluss des Wahlarztvertrags dem Patienten benannten) ständigen ärztlichen Vertreter persönlich erbracht werden müssen, gilt nicht für die Stellvertretung, sondern ist eine Beschränkung der Möglichkeit der Delegation. Derartige Leistungen können ausschließlich auf den ständigen ärztlichen Vertreter – und nicht auf andere ärztliche und noch viel weniger nicht ärztliche Mitarbeiter – delegiert werden. Da der Vertreter jedoch für den Wahlarzt tätig wird, kann er auch die in § 4 Abs. 2 Satz 3 GOÄ genannten Leistungen – in Vertretung des Wahlarztes – übernehmen. |
Kann der ständige ärztliche Vertreter wochenweise wechseln?
Zur Frage nach dem wochenweisen Wechsel des ständigen ärztlichen Vertreters in der Wahlleistungsvereinbarung hat sich bislang weder Rechtsprechung noch Literatur gebildet. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass bei geplanter Abwesenheit des Chefarztes ohnehin eine individuelle Stellvertretervereinbarung zu schließen ist. Mit der hier vertretenen Ansicht, dass nicht nur der ständige ärztliche Vertreter als Vertreter im Rahmen der individuellen Stellvertretervereinbarung in Betracht kommt, sondern auch andere Ärzte als Stellvertreter vereinbart werden können, käme es auf den Wechsel in der Wahlleistungsvereinbarung, die dann lediglich die Stellvertretung bei unvorhersehbarer Abwesenheit des Wahlarztes regelte, nicht an.
AUSGABE: CB 5/2020, S. 6 · ID: 46459077